Mainfall
Freibad lag.
»Da können wir noch baden«, freuten sich hinten Paul und Corinna. Wir meldeten uns an der Rezeption des Campingplatzes an und fuhren langsam über das Gelände, auf dem zwischen noch jungen Pappeln die Wohnwagen der anderen Camper standen.
»Da sind ja die Verrückten mit dem Lieferwagen«, äußerte Isabell, als wir uns dem Waschhaus näherten. Sie bog in einen Weg nach links ab.
»Bei denen müssen wir nicht unbedingt stehen«, sagte sie und hielt ein Stück weiter ganz am Rande des Platzes an.
»Hier haben wir unsere Ruhe, hoffe ich«, sagte sie mit Blick auf die Maisfelder, die sich hinter dem Campingplatzgelände über die Ebene zogen. Wir hängten den Wohnwagen von der Anhängerkupplung des Passats ab, Isabell fuhr das Auto ein Stück auf die Seite, dann schoben wir den Anhänger zusammen mit zwei Niederländern unter eine Pappel. Isabell zeigte mir, wie man ihn mithilfe der Wasserwaage waagerecht stellte.
»Wenn wir etwas kochen, sollte die Pfanne gerade stehen, damit das Fett nicht in eine Richtung wegläuft«, kommentierte sie.
Corinna und der kleine Paul hatten schon Oskar an der Leine und erkundeten mit ihm den Campingplatz. Isabell holte aus dem Kofferraum des Passats ein Sonnensegel, das wir auf drei Aluminiumstangen vor dem Wohnwagen aufspannten.
»So, jetzt wird’s gemütlich«, freute sie sich, während sie zusammen mit mir einige Klappstühle und einen Campingtisch aus dem Kofferraum des Passats lud. Sie konnte anpacken, das sah man. Gleich nachdem wir angekommen waren, hatte sie eine kurze Bermuda und ein leichtes Trägershirt angezogen und jetzt sank sie zufrieden in einen der Campingstühle.
»Zieh dir doch eine Badehose an«, sagte sie mit Blick auf meine Jeans. »Es ist noch ziemlich warm.«
Ich fühlte mich unsicher, was mir verdeutlichte, dass dies mein erster Campingurlaub war. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals vor einem solchen Wohnwagen gesessen zu haben, womöglich noch in einer Badehose, während die Nachbarn gerade ihr Abendessen zubereiteten. Die Sonne lag gelb auf den Maisfeldern. Überall auf dem Campingplatz tat sich etwas. Auf dem Weg vor uns spielten zwei Mädchen Federball. Schräg gegenüber schnitt sich eine dunkelhaarige Französin mit Lockenwicklern auf dem Kopf die Fingernägel. Ein Stück weiter legte ein dickbäuchiger Deutscher ein paar Steaks auf seinen Holzkohlegrill. Isabell schien das alles nicht zu stören. Es war, als ob sie es gar nicht sah. Sie saß in ihrem Stuhl, schaute verträumt in die Gegend, schloss dann die Augen und ließ die Abendsonne auf ihr Gesicht scheinen. Ich wagte es nicht, sie zu stören.
Kurz darauf kamen Corinna und Paul mit Oskar wieder.
»Wir waren beim Schwimmbad«, jubelten sie. »Es hat noch bis 19 Uhr auf. Kommst du mit, Onkel Johann?«
Sie nannten mich Onkel, seit Ulrich gestorben war und ich ein wenig die Vaterrolle für sie übernommen hatte. Ihren großen, bittenden Augen konnte ich nicht widerstehen. Also ging ich in den Wohnwagen, zog meine Badehose an, nahm ein Handtuch und machte mich mit ihnen auf den Weg.
»Kannst du auf Oskar aufpassen?«, bat ich Isabell, die lächelte und mit dem Kopf nickte und offensichtlich sehr glücklich war, dass ich mit den Kindern noch ins Schwimmbad ging. Wir passierten das Sanitärgebäude des Campingplatzes und mir fiel wieder dieser graue Lieferwagen auf, der uns so verrückt überholt hatte. Die beiden schwarzhaarigen jungen Männer sahen mich seltsam an, als ob sie wussten, wie dumm sie sich benommen hatten. Sie lagen auf ihren Luftmatratzen vor dem Auto, der eine rauchte eine Zigarette, der andere las in einem Taschenbuch.
»Kommt«, zog ich Paul und Corinna weiter, welche die beiden anstarrten, als ob sie hier soeben das achte Weltwunder entdeckt hatten. Der Weg zum Schwimmbad führte über einen ausgetrockneten Pfad, der sich durch ein kleines Waldstück schlängelte und schließlich nach etwa zehn Minuten beim Parkplatz des Schwimmbades endete.
»Hier geht’s rein«, sagte stolz der kleine Paul, der sich freute, dass er schon Bescheid wusste und mich führen konnte. Wenig später saßen wir am Beckenrand und ließen unsere Beine ins Wasser baumeln. Ich musste zugeben, dass mir das sehr angenehm war nach der Hitze des Tages. Ich fühlte die Kühle, die mir die Beine hochstieg, fühlte den feuchten Hintern in meiner Badehose, rutschte langsam über den Beckenrand ins Wasser und war schon untergetaucht. Herrlich, dachte ich. Als ich wieder auftauchte, sah
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