Mainfall
sie.
»Wann?«
»Vorhin, vielleicht vor einer Stunde.«
Seltsam, dachte ich, man fährt doch nicht auf einen Campingplatz, ohne dort zu übernachten.
»Vielleicht sind sie mit ihrem Lieferwagen nur beim Supermarkt«, sagte ich leise. »Sei jedenfalls vorsichtig!«
Isabell stellte sofort die wildesten Spekulationen an.
»Wir müssen Kommissar Rotfux informieren.«
24
Am nächsten Morgen hörte ich noch im Halbschlaf Stimmen. Zuerst erkannte ich nicht, wer es war. Wie aus weiter Ferne sprachen sie.
»Er hat großes Glück gehabt, wenige Minuten später und da wäre nichts mehr zu machen gewesen«, sagte eine kräftige Männerstimme.
»Ja, es ist fast wie ein Wunder«, hörte ich die Stimme von Isabell.
»Kann ich ihm ein paar Fragen stellen?«, fragte eine dritte, mir bekannte Stimmte.
Der Kommissar kann doch nicht hier sein, dachte ich. Ich versuchte, langsam die Augen zu öffnen. Schwer wie Blei schienen meine Augenlider und erst nach und nach wurde das verschwommene Bild, das ich sah, klarer. Ein groß gewachsener Arzt im weißen Kittel stand an meinem Bett und musterte mich durch seine Nickelbrille.
»Na, wieder munter?«, wollte er freundlich wissen.
»Ich bin Professor Ducrot«, stellte er sich vor. »Sie haben großes Glück gehabt. Um ein Haar hätten wir uns nicht mehr unterhalten können.«
Hinter dem Professor stand Kommissar Rotfux. Er trat unruhig von einem Bein aufs andere und konnte es anscheinend kaum noch erwarten, mich zu befragen.
»Wie geht es Ihnen, Herr König?«, forschte der Professor weiter. »Meinen Sie, Sie könnten dem Kommissar ein paar Fragen beantworten?«
»Ich denke schon«, sagte ich leise, »es geht mir bereits wieder besser.«
Ich sah, wie sich Rotfux jetzt nach vorn schob. Er trug wie üblich einen gelben Pulli und hielt einen Notizblock in der Hand.
Er lächelte. »Frau Brenner hat mich benachrichtigt. Also legen Sie mal los. Wie ist es passiert?«
Ich sagte ihm alles, was ich wusste.
»Und Sie sind sich sicher, dass es einer dieser beiden schwarzhaarigen Typen mit dem Lieferwagen war?«
»Hundertprozentig natürlich nicht«, sagte ich, »aber im letzten Augenblick, bevor er mich unter Wasser drückte, glaube ich, ihn erkannt zu haben.«
Rotfux sah mich ziemlich ernst an.
»Es tut mir leid, Herr … äh, Herr König«, sagte er, »wenn Sie wieder auf den Beinen sind, kann ich Sie nicht weiter in die Ferien fahren lassen. Das wäre zu gefährlich. Wenn es wirklich diese Erpresserbande ist, die hinter allem steckt, sind Sie in großer Gefahr. Ich lasse Sie in der Klinik abholen und nach Hause bringen, wo wir besser auf Sie aufpassen können.«
»Aber unser schöner Urlaub …«, stammelte ich.
Die Worte von Rotfux waren wie Schläge in mein Gesicht. Ich fühlte mich eingesperrt, meiner Freiheit beraubt und ich begann mich darüber zu ärgern, dass Isabell den Kommissar überhaupt benachrichtigt hatte.
»Was hilft uns aller Urlaub, wenn du in Gefahr bist«, sagte sie, wie um sich zu entschuldigen.
Rotfux nickte zustimmend.
»Wir hoffen ja, diese Bande zu stellen, dann haben Sie Ruhe«, erklärte er.
Der Professor war die ganze Zeit still gewesen.
»Ich sage es Ihnen, wie es ist«, fügte er nun an. »Ich denke, in zwei Tagen sind Sie wieder völlig hergestellt. Wir machen noch einige Untersuchungen, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist. Dann muss ich Sie dem Kommissar übergeben.«
Er verabschiedete sich und ging aus dem Zimmer. Rotfux hingegen trat wieder von einem Bein auf das andere, als ob er noch etwas auf dem Herzen hatte.
»Wir haben festgestellt, dass Sie mit dieser Natalie aus Hamburg in Venedig waren«, sagte er dann. »Sie ist wieder aufgetaucht und hat uns alles erzählt.«
Hätte ich nicht im Bett gelegen, wäre ich am liebsten im Boden versunken. Isabell sah mich vorwurfsvoll an und Rotfux schien auf eine Antwort von mir zu warten. Ich sagte jedoch nichts, denn was hätte ich dazu auch sagen sollen?
»Nun, stimmt das, Herr … äh, Herr König?«, fragte Rotfux nach. Er sah mich durchdringend an und ich hatte das Gefühl, jetzt nicht schwindeln zu können.
»Ja, ich wollte etwas über mich herausfinden«, sagte ich kleinlaut. »Natalie hatte mir erzählt, dass wir früher schon einmal in Venedig gewesen waren und sie wollte mir die Stadt zeigen – ist das denn verboten?«
Isabell stand am Fußende meines Bettes und hielt sich dort fest. Sie schien Halt zu brauchen angesichts dieser Neuigkeiten.
»Verboten, verboten«,
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