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Mainfall

Mainfall

Titel: Mainfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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wieder«, sagte sie. »Der Kommissar findet bestimmt heraus, wer dahintersteckt.«
    Ich spürte ihren warmen Körper an dem meinen, ich merkte, wie sie sich an mich drängte, und um ein Haar wäre ich schwach geworden an diesem Samstagabend in Aschaffenburg. Ich fühlte mich eingesperrt, eingesperrt in diesem Haus, hinter dem Rollladen, der unten bleiben musste, als König an das Schloss gekettet, in dem ich morgen Audienz halten würde. Mir fehlten das Meer und die Freiheit, mir fehlten das Rauschen der Wellen, das Salz in der Luft und der Wind in den Haaren.
    Unruhig wälzte ich mich in meinem Bett hin und her. Die Wäsche duftete frisch, aber es war der Geruch des Kerkers. Lieber hätte ich auf Sand geschlafen, auf dem Sand meiner Insel, die in meinem Herzen wohnte und von der ich immer stärker fühlte, dass es sie wirklich gab. Doch wie sollte ich sie finden? Rotfux würde mich bestimmt nicht mehr reisen lassen. Ich stand unter Beobachtung, ich war eingesperrt, jeden meiner Schritte würde er bewachen, es sei denn, kam mir eine Idee, es sei denn, ich würde mit Isabell und den Kindern in die Ferien fahren, zum Beispiel nach Südfrankreich, um die Insel zu suchen. Meine Gedanken drehten sich im Kreis, bis ich irgendwann erschöpft einschlief. Wie auf sanften Händen trugen mich meine Träume durch die Nacht.
     
    Am nächsten Morgen riss mich unbarmherzig der Wecker aus dem Schlaf. Ich rieb mir die Augen. Sonntag, Audienz im Schloss. Ich erinnerte mich daran, dass ich wieder in Aschaffenburg war und dass die Pflicht rief. Schnell stand ich auf, um wenigstens noch mit Isabell und den Kindern frühstücken zu können.
    »Und, gut geschlafen?«, begrüßte sie mich.
    »Es geht so. Ich habe wirres Zeug geträumt.
    »Oh, ich hatte einen wunderbaren Traum«, erzählte Isabell. »Ich habe von dir geträumt. Es war wunderschön.«
    Ihre dunklen Augen leuchteten, als sie das sagte, aber Einzelheiten erzählte sie nicht, wahrscheinlich wegen der Kinder.
    »Wie lange dauert es eigentlich noch bis zu den Ferien?«, fragte ich Paul und Corinna.
    »Noch zwei Wochen«, sagten sie wie im Chor.
    »Gut, dass du das ansprichst«, mischte sich Isabell ein. »Wir wollten dich schon lange fragen, ob du mit uns in die Ferien kommst.«
    »Ich weiß nicht«, zögerte ich. »Ich kann wahrscheinlich gar nicht weg. Muss Audienz halten im Schloss. Ein König hat seine Pflichten.«
    »Aber ein König braucht doch auch mal Ferien«, protestierte der kleine Paul.
    »Und wo soll’s hingehen?«, fragte ich.
    »Das wollten wir mit dir besprechen«, sagte Isabell. »Wir haben einen Wohnwagen und können eigentlich Urlaub machen, wo wir wollen.«
    »Einen Wohnwagen? Und ihr dachtet, ich könnte einfach mitkommen? Aber …«, setzte ich an, doch dann besann ich mich eines Besseren.
    »Wir haben Einzelbetten in einer extra Schlafkabine«, sagte Isabell und schien meine Gedanken gelesen zu haben. »Das ist also kein Problem.«
    Ich hatte keine Ahnung, ob ich jemals in meinem Leben mit einem Wohnwagen unterwegs gewesen war. So richtig vorstellen konnte ich es mir jedenfalls nicht.
    »Ich weiß nicht, ob das passt«, sagte ich. »Ich glaube, ich war noch nie mit einem Wohnwagen in den Ferien.«
    »Wir zeigen dir alles«, rief Paul ganz begeistert. »Es wird dir bestimmt gefallen.«
    Corinna nickte und Isabell lächelte mich an, während sie ein Stück Toastbrot mit Marmelade in den Mund schob.
    »Du darfst auch bestimmen, wohin wir fahren«, sagte sie.
    Ich konnte mich trotzdem nicht entschließen. Für mich kam das alles viel zu plötzlich. Ich wollte zu meiner Insel nach Südfrankreich, aber mit Wohnwagen und einer Familie im Schlepptau schien mir das eher zu beschwerlich.
    »Vielen Dank für euer tolles Angebot«, sagte ich deshalb. »Aber gebt mir etwas Zeit. Ich muss jetzt erst Audienz im Schloss halten, dann will ich gern darüber nachdenken.«
     
    Nach der Audienz, bei der ich die Geschichte vom vergesslichen König erzählt hatte, verließ ich zusammen mit Isabell das Schloss. Zwei Polizisten in Zivil folgten uns unauffällig. Jetzt wurde ich also rund um die Uhr bewacht. Ein schreckliches Gefühl war das.
    »Wollen wir noch ein Eis essen?«, fragte Isabell.
    »Gern«, sagte ich.
    Bei unserer Eisdiele in der Steingasse bekamen wir einen Tisch im Schatten. Glück gehabt, freute ich mich, denn es war der letzte freie Tisch gewesen. Die beiden Polizisten taten mir leid, denn sie mussten sich in einiger Entfernung in der Steingasse aufhalten und

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