Maison Aglaia
das darfst Du!" brummte Peter .
"Hm, dachte ich’s mir doch beinah," murmelte Dieter salbungsvoll. Und mit klagender Stimme fügte er hinzu: "Ich erleide wieder mal das Schicksal des verkannten Genies! Wessen, ich schütze den Genitiv, merkst Du’s, beschuldigest Du mich?"
"So? Wer hat Dich denn nun wieder verkannt?" fragte Peter neugierig geworden, da er Dieters Eskapaden nur zu gut kannte, aber noch nach Jahren amüsant fand, auch wenn er das seinem Freund gegenüber nur selten zugab. Dieter kannte seinen langjährigen Kollegen aber auch so gut genug, um das einzukalkulieren.
"Na ja, äh, da waren so ein paar Typen, die sich über einen Royal Flash nicht recht einigen konnten. Und da ..."
"... hast Du Ihnen Deine bescheidenen Pokerkenntnisse großherzig zur Verfügung gestellt?" unterbrach Peter ihn spöttisch.
"So ist es, genauso genommen, so war es, Du hast es mal wieder mit bewundernswürdiger Treffsicherheit erraten. Wie machst Du das nur immer?" meinte Dieter kopfschüttelnd wie ein Guru nach der Lektüre seines Steuerbescheides.
"Da sich bei Dir meist alles nur auf eine Möglichkeit reduziert, keine große Kunst!" lachte Peter.
"Pfui, pfui, was Du denkst ist von Übel!" deklamierte Dieter einen Goethe-Verschnitt. "Und ich wollte Dich extra hier treffen. Hier und heute! Dich, mon vieux copain Pierre!"
"Wieso solltest Du ausgerechnet mich ausgerechnet heute ausgerechnet hier treffen?" wollte Peter misstrauisch wissen.
"Junge, Junge, das war ne satte Deutsch fünf wegen Wiederholung!"
"Vergiss es, beantworte lieber meine Frage!"
"Na, ist doch einfach, Herr Kommissar. Ich hörte aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen ein Raunen, dass ihr Euren Miet-Schuppen heute eröffnet und das auch Gäste aus der Weltstadt mit Herz, sprich Bayerns Hauptdorf München, mit dem Zug kommen sollten. Der Rest war einfach."
"Das also soll ein Alibi sein?"
"Mir reicht’s für einfachere Fälle."
Dieter war ein gewiefter Journalist, der schon viel schwierigere Fälle recherchiert hatte. Da war diese Aufgabe für ihn natürlich nur ein Klacks gewesen. Trotzdem blieb Peter neugierig...
"Wie bist Du drauf gekommen?"
Dieter schüttelte missbilligend den Kopf, als habe ihm ein Fernsehquizmaster seine berühmte 'idiotischste Frage des Abends' gestellt.
"Mit Hilfe der Telekom und... " es folgte eine Kunstpause, "... einer zarten Frauenstimme. Wirklich, es war sehr romantisch." Dieter seufzte, als müsste er in einem billigen Remake Rudolfo Schmalzino übertreffen.
"Im Klartext heißt das ...?" hakte Peter nach.
"Well, my dear Watson, ich habe eben Dein züchtig Weib mal angerufen," gab er grinsend zu. „Vorige Woche, genauso genommen.“
"Und sie hat mir nichts davon gesagt?" schimpfte Peter nun. "Hinter meinem Rücken werden hier Komplotte geschmiedet."
"Ach ja, die Frauen, kann man ihnen trauen?" flötete Dieter süffisant. "Sicher fürchtete sie, die Freude über mein Kommen könnte Dich überwältigen."
"Ha!" Peter wechselte abrupt das Thema. "Und was soll das nun werden...?"
"...fragte der tobende Vater seine schwangere Auster... Na, was schon, ich werde in Eurer dürftigen Hütte logieren. Das lass ich mir doch nicht nehmen, Euer erster zahlender Gast zu sein. Merket auf, Monsieur Pierre, der erste Zahlende!" Dabei warf er sich in die Brust wie ein Matador vor Beginn der großen Coridda.
"Sapperlott, das ist natürlich sehr nett von Euch, Don Dietero, aber könnten wir jetzt wenigstens..." wollte Peter vorsichtig widersprechen. Nach der exaltierten Redeweise seines Freundes, vermutete er in Dieters Blut mindestens 1,3 bis 1,8 Promille. Doch der "erste Zahlende" war nicht willens, sich bremsen zu lassen.
"Klappe, ick zahle, also schaffe icke ooch an. Du sollst noch die gehörige Achtung vor einem deutschen Touristen bekommen. Also, Garçon, bevor Du meinen Koffer zum Wagen trägst, werden wir zur Feier des Tages noch mal dem Freund Dionysos opfern!"
"Nee, ich glaube, Du hast schon genug. Außerdem muss ich meine Gäste abholen," wagte Peter zu protestieren.
Dieter winkte ab und zählte ihm an den Fingern seiner rechten Hand - die Linke umklammerte das Weinglas - vor: "Erstens habe ich als Gast Anspruch auf besten Service. Zweitens kommt der Express erst um 13.22 Uhr an, also haben wir noch überreichliche 16 Minuten Zeit. Drittens, da ich mit der planmäßigen Verspätung rechne, bleiben uns sogar noch mindestens 29 Minuten."
Gegen diese Argumentation fühlte sich Peter machtlos. Er fügte sich
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