Make it count - Gefühlsbeben (German Edition)
Mühe weicht er der Attacke aus, bevor Myers ihn von sich schubst und einen Tritt in Jareds Magengrube platziert. Dieser rappelt sich erstaunlich schnell wieder auf und es folgt eine Reihe von Schlägen, die Trevor auf der Nase und Jared am Kinn trifft. Dann schaffen es die anderen Männer endlich, sie voneinander zu trennen. So was habe ich oft gesehen. Auch hier schon. Aber nie war Jared beteiligt, nie habe ich diese aggressive Seite an ihm erlebt.
Matt, der Besitzer der Bar, packt Jared am Arm und drückt ihn gegen die Wand.
„Komm wieder runter, Junge! Er ist es nicht wert!“
Schwer atmend starrt Jared an Matt vorbei zu Trevor, der sich ein Taschentuch reichen lässt und die Blutung seiner Nase stillen will. Ich erkenne Claire an der Bar, wie sie verängstigt die beiden Bierflaschen in der Hand hält und zu mir sieht. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, sie nach Hause zu bringen, bevor wirklich etwas passiert. Jared scheint sich noch immer nicht beruhigen zu wollen. Er versucht nach wie vor, sich von den Männern, die ihn zurückhalten, zu befreien, aber sie haben ihn fest im Griff.
„Hey! Willst du wegen dem Idioten deinen Job verlieren?“
Matt brüllt ihm die möglichen Konsequenzen seines Verhaltens ins Gesicht, und nur langsam beruhigt sich Jared. Er blutet an der Augenbraue, am Hinterkopf und an der Lippe, spuckt etwas Blut auf den Boden und schüttelt den Kopf.
„Dann komm wieder zu dir, verdammt noch mal!“
Trevor lässt sich von seinen Freunden zur Bar führen. Es wirkt so, als wollten sie Sicherheitsabstand zwischen die beiden Männer bringen, denn keiner hier hat Lust auf eine Massenschlägerei. Und genau das würde es werden, wenn jetzt nicht Ruhe einkehrt. Ich zeige Claire an, dass ich gleich bei ihr bin und wir dann heimfahren, bevor ich mit wenigen Schritten bei Jared bin, der sich inzwischen etwas beruhigt hat. Er zieht sein T-Shirt nach oben und wischt sich damit das Blut von der Schläfe. Mein Blick fällt auf seinen Körper, den ich zum ersten Mal so sehe. Auf seinen flachen, trainierten Bauch, die ausgeprägten Muskeln, die Schweißperlen auf seiner Haut, die heftige Atmung. Erst als er das T-Shirt wieder nach unten rutschen lässt, kann ich erneut klare Gedanken fassen.
„Was sollte das gerade?“
Er sieht mich nicht an, stattdessen greift er in seine Hosentasche und zieht den Geldschein hervor, den er mir noch schuldet.
„Dein Gewinn.“
„Ich scheiß auf den Gewinn! Was sollte das?“
Er drückt mir wütend den Dollarschein in die Hand; dabei bemerke ich, wie seine Hand zittert. Ein Gefühl überfällt mich, ohne dass ich es kommen sehe. Es erwischt mich wie eine Welle und reißt mich mit. Sanft lege ich meine Hand um seine, halte sie fest.
„Was ist da passiert, Jared?“
Noch immer starrt er vor uns auf den Boden, bewegt sich keinen Zentimeter. Ich kann spüren, welcher Sturm in seinem Inneren tobt. Sein Körper ist wie aus Stein, jede Faser davon ist angespannt, als wäre er gar nicht mehr hier. Meine Hand wandert über seinen Unterarm, an der Narbe entlang, bis zu seinem Ellenbogen. Ich ziehe ihn etwas zu mir heran, bis nur noch wenige Zentimeter uns trennen.
„Rede mit mir ...“
Seine Augen sind dunkel, sein Blick ist verletzt und glasig. Ich will ihn in den Arm nehmen, unterdrücke diesen Impuls aber mit aller Macht – aus Angst, er würde mich von sich schubsen.
„Gute Nacht, Lynn.“
„Jared, ich ...“
Aber er bleibt nicht stehen, geht an mir vorbei, würdigt niemanden eines Blickes und verlässt schließlich die Bar. Sein Verhalten sollte mich abschrecken. Dieser plötzliche Vulkan an Emotionen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Ich will wissen, was es damit auf sich hat. Ich will für ihn da sein. Ein Gefühl, das ich nie mehr zulassen wollte.
„Können wir bitte nach Hause?“
Claire wirkt wie ein verschüchtertes Reh neben mir. Diese Bar ist wahrlich kein Ort für sie, ich hätte auf mein Bauchgefühl hören sollen. Die Geschichte hier wird sich schnell und weit verbreiten. Schon morgen werde ich verschiedene absurde Versionen auf den Fluren der Uni zu hören bekommen. Dieser Abend ist vorbei. Das Geld gehört mir, der Sieg war geschenkt und die Schlägerei ungeplant. Als wir nach draußen ins Freie treten, hält Claire sich an meiner Hand fest, als würde sie ungeahnte Todesängste durchstehen müssen. Jareds Mustang steht noch immer auf dem Parkplatz, wo er immer steht. Ich nicke zu meinem Wagen und gebe Claire die Schlüssel.
„Steig ein,
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