Make it count - Gefühlsbeben (German Edition)
ich komme gleich.”
Sie nickt und rennt so schnell über die Straße zum Volvo, dass ich fast schmunzeln muss. So schlimm war der Zwischenfall nun auch wieder nicht, aber Claire fühlt sich bestimmt aus vielen verschiedenen Gründen unwohl. Ich warte, bis ich sehe, dass sie im Inneren Platz genommen hat und die Türknöpfe nach unten gedrückt hat. Dann sehe ich mich suchend die Straße entlang um. Einige Meter weiter erkenne ich ihn schließlich. Er sitzt auf einer Parkbank und versucht, mit einem Taschentuch das Blut aus dem Gesicht zu wischen, als ich neben ihm stehen bleibe. Er sieht nicht zu mir hoch, aber er weiß auch so, wer ich bin.
„Trevor und du, ihr scheint da ja einen ganz besonderen Moment geteilt zu haben.”
Jared nickt und starrt weiter vor sich auf den Asphalt.
„Nimm es mir nicht übel, Lynn …”
Er hebt den Blick und sieht mich aus leicht glasigen Augen an, die gar nicht mehr so verführerisch glitzern wie in meiner Erinnerung. Eine Erinnerung, die mich in meinen Träumen überfällt, häufiger als mir lieb ist.
„... aber das ist privat.”
„Eure Schlägerei war aber ziemlich öffentlich.”
Seine Mundwinkel zucken kurz nach oben und werden zu einem Grinsen, aber dann wird er wieder ernst und mir wird klar: er wird nicht darüber sprechen. Betont lautstark atme ich aus.
„Wenn du trotzdem jemanden zum Reden brauchst …”
War das vor ein paar Stunden noch sein Angebot an mich, gebe ich es nun bereitwillig zurück. Jared versucht zu lächeln, aber die Wunde an der Lippe weiß das zu verhindern. Langsam schüttelt er den Kopf.
„Danke fürs Angebot.”
Natürlich nicht. Jared Parker ist ein tougher Typ, der sich wegen eines dummen Spruches auf ein Faustduell einlässt, aber niemals über seine Gefühle sprechen würde. Wieder eine Gemeinsamkeit, die ich bei uns entdecke. Genervt greife ich nach dem Taschentuch in seiner Hand und komme einen kleinen Schritt näher. Wenn er hier nur so sitzt, wird das nicht besser.
„Du solltest das ordentlich auswaschen. Das hinterlässt eine hässliche Narbe.”
Ich gehe neben ihm in die Hocke und tupfe vorsichtig und möglichst zärtlich über seine aufgeplatzte Augenbraue, bedacht darauf, ihm nicht wehzutun. Dennoch zuckt sein Auge kurz, dann beißt er die Zähne zusammen. Vermutlich kein besonders angenehmes Gefühl, wie ich mir vorstelle.
„Tut mir leid …”
Er schließt kurz die Augen, und ich tupfe so viel Blut wie möglich von seiner Wange, bemerke wie verdammt gut er riecht und verliere mich fast in diesem Duft. Diese Mischung aus Aftershave, Schweiß und Wut … diese Mischung, die sich wie ein Tornado zusammenzieht und mich überfallen will. Mit der anderen Hand greife ich nach seinem Kinn und drehe seinen Kopf so, damit ich es leichter habe, seine Wunde zu behandeln. Noch immer hält er die Augen geschlossen und ich spüre ein Lächeln auf meinen Lippen, während ich ihn betrachte. Er sieht nicht nur gut aus, seine Haut fühlt sich auch noch unverschämt gut an. Am Kinn, wo sich Bartstoppeln tummeln, fahre ich sanft mit meinem Daumen über die Haut und vergesse kurz meine eigentliche Aufgabe. Die Wunde scheint sich langsam zu beruhigen, aber ich wünsche mir, ich könnte noch eine kleine Weile hier neben ihm knien, ihn betrachten und berühren. Ohne Vorwarnung öffnet er die Augen und sein Blick trifft mich überraschend. Ich muss schlucken und hoffe sehr, er kann meine Gedanken nicht lesen. Ein sanftes, fast liebevolles Lächeln umspielt seine Lippen, als ich sein Kinn loslasse und das Taschentuch zerknülle.
„Das dürfte reichen.”
Er nickt, ohne den Blick von mir zu nehmen. Wäre es wirklich schlimm, wenn ich ihn jetzt und hier küsse?
„Danke.”
Seine Stimme klingt weich und zart, er kommt mir dadurch viel näher, als er glaubt. Mir wird etwas schwindelig und ich stehe wieder auf, will flüchten, wie immer in einer solchen Situation, aber Jared ist schneller und greift nach meiner Hand. Stromschläge sind nichts im Vergleich zu dem, was seine Berührung in mir auslöst.
„Das mit Trevor … das war …”
Er sucht nach Worten, die ihm entweder nicht einfallen oder nicht über die Lippen kommen wollen. Kurz weicht er meinem Blick aus, als würde es ihm leichter fallen, mir dabei nicht in die Augen sehen zu müssen.
„Diese Kette … die bedeutet mir sehr viel.“
Seine Stimme klingt schlagartig angespannt. Wieder merke ich, dass ich gar nichts über ihn weiß. Nur, dass ich ihn unbedingt in den Arm nehmen
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