Make it count - Gefühlsbeben (German Edition)
verglaste Büro und ich sehe wieder zu Jared, der mich lächelnd ansieht.
„Sicher?”
„Ja. Simon ist nicht dieses Auto. Simon ist überall.”
Ich lege meine Arme um Jared und ziehe ihn in eine Umarmung, denn genau hier fühle ich mich sicher. Vor einigen Tagen hätte ich das nie zugeben können – oder wollen. Als ob es ein Zeichen von Schwäche wäre, sich anzulehnen. Wie kann etwas, das sich so gut anfühlt, eine Schwäche sein? Jared küsst meine Stirn und hält mich einfach fest. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis der Schmerz aus meiner Brust verschwindet, bis ich nicht mehr davon träume. So was passiert nicht über Nacht, dessen bin ich mir bewusst. Dennoch fühlt es sich wie eine Befreiung an, den ersten Schritt getan zu haben. Jared ist sich nicht im Klaren, wie gut es sich anfühlt, jemanden zu haben, der einen versteht. Bei dem man sich nicht mehr verstellen muss. Ich wusste vorgestern selber nicht, wie gut ein Verbündeter sein kann. Gerade als ich meinen Kopf hebe, um ihn zu küssen, klingelt Jareds Handy. Nur ein Klingeln, nichts Besonderes. Es passiert täglich, bei manchen Menschen stündlich. Jared scheint dieser Anruf so zu überraschen und zu lähmen, wie ein Schlag in die Magengrube. Seine Augen weiten sich für den Bruchteil einer Sekunde. Würde ich Jared nicht ständig studieren und versuchen, mir jede noch so kleine Eigenart einzuprägen, es wäre mir vermutlich gar nicht auffallen. Ein Lächeln zuckt über seine Lippen, als er nach dem Telefon greift und mir einen flüchtigen Kuss gibt, der – so kurz er auch sein mag –, sofort eine Erinnerungswelle an gestern Nacht auslöst.
„Ryan soll nicht mit dir flirten, okay?”
Damit entschuldigt er sich mit dem Handy am Ohr nach draußen. Ein kurzer Moment, keine große Sache. Ein Anruf, nichts weiter. Das angenehm brennende Gefühl, das ich bei Jareds Anblick empfinde, verwandelt sich gerade in eine Kühle, die sich wie die Realität anfühlt. Oceanside, Simon, unsere gemeinsame Nacht, selbst der Streit mit meinem Vater – all das fühlt sich weit weg an.
„Ta-dah!”
Ryan hält mir den Schlüssel entgegen und ich bemerke ein Tattoo an seinem Handgelenk, das mir bisher nicht aufgefallen ist. Kein Wunder, mit Jared im Raum fällt es mir schwer, mich auf etwas anderes zu konzentrieren.
„Ich empfehle übrigens ab und zu mal einen Ölwechsel.”
„Ich werde mich daran halten.”
Durch das geöffnete Tor der Werkstatt erkenne ich Jared, der noch immer telefoniert und an seinem Mustang lehnt. Ryan grinst mich an, als er meinen Blick bemerkt.
„Also du und Parker, ja?”
So genau haben wir das noch immer nicht besprochen.
„Ich denke schon.”
„Er ist ein feiner Kerl.”
Das muss er nicht unbedingt betonen, aber ich nicke wissend. In den letzten 72 Stunden hat dieser Mann mehr für mich getan, als meine Eltern in den letzten zwei Jahren. Obwohl ich mich noch immer frage, wieso er sich ausgerechnet für mich interessiert? Habe ich nicht alles versucht, um Männer abzuschrecken?
Ryan räuspert sich und meine Gedanken werden wieder unterbrochen. Wo sind nur meine Manieren, auf die meine Eltern so großen Wert legen? Ich drehe mich mit einem verschämten Lächeln zu Ryan und sehe ihn entschuldigend an.
„Also Ryan, woher kennt ihr beiden euch?”
Ryan sieht kurz zu Jared nach draußen, dann wieder zu mir.
„Nun, sagen wir es so, als Jared neu in Boston war, hat er Geld auf mich gesetzt.”
Ich verstehe nicht und Ryan weiß, dass er in Rätseln spricht.
„Ich fahre Autorennen.”
„Legale?”
„Manchmal.”
„Verstehe.”
„Man tut was man kann, um zu überleben, oder?”
Wie recht er damit doch hat. Wie gut ich das kenne. Außerdem geht es mich nichts an.
„Wir haben uns angefreundet, er hat mir einige Male aus der Patsche geholfen.”
Das scheint Jared wohl so an sich zu haben: Leuten zu helfen, wenn diese in Schwierigkeiten stecken. Ob es für ihn auch bald eine Art Batman-Zeichen gibt, das Menschen in Not in den Himmel leuchten, damit er weiß, wann er gebraucht wird?
„Und ich habe ihm im Gegenzug bei seinem Kram geholfen.”
Ryan fängt an, Werkzeuge zu sortieren, die mir alle bekannt vorkommen, die ich aber nicht benennen kann. Für mich sehen diese Dinger alle wie Schraubenzieher aus.
„Bei seinem Kram?”
Ryan nickt und wischt einige Ölflecken von den Geräten.
„Die Sache mit Jason war gerade zu Beginn nicht ganz so einfach für Jared.”
Ich verspüre ein kurzes Ziehen. Ryan
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