Make Me Gluecklich
abgesehen von wildem und göttlichem Sex, längerfristig versprach. Allmählich rückte sie mit der Wahrheit heraus. Sie wusste, dass er eine feste Freundin hatte, war aber trotzdem heftig in ihn verliebt. Ich schwor sie darauf ein, cool zu bleiben. Wenn man sich für jeden Morgenthal dieser Welt zum Affen machen würde, käme man nie aus dem Käfig heraus . . .
Um Viertel nach neun war Sven immer noch nicht aufgetaucht. Leandra und ich redeten über Silke, über Marie und Martin, über Björn und Amelie und Caroline.
Um zwanzig nach neun wurde uns langsam kalt. Ich überlegte, Leandra vorzuschlagen, den Kitschfilm, den sie mir als Geschenk mitgebracht hatte, bei mir zu Hause anzuschauen und Typen wie Sven einfach zu vergessen.
Um halb zehn wählte ich kurz entschlossen Svens Handynummer. Wenn er sich in der Kantine festgequatscht hatte, würde er ja wohl drangehen und könnte zwei Minuten später hier draußen sein.
Er ging aber nicht dran. Was eigentlich nur bedeuten konnte, dass er noch bei der Arbeit war. Ich beschloss, mein Glück beim Pförtner zu versuchen.
»Guten Abend! Ich warte hier auf Sven Wagner; er sollte eigentlich um neun fertig sein . . . Wissen Sie vielleicht, ob die heute länger drehen?«
Der Dicke hinter der Panzerglasscheibe verzog keine Miene, während er mich musterte. O Gott, sollte der Tag so enden, wie er angefangen hatte – mit angeödeten Angestellten im öffentlichen Dienst, die sich auf jeden stürzten, an dem sie ihre schlechte Laune auslassen konnten?
»Gute Frau . . .«
Da! Ich hatte es ja gewusst . . .
». . . ich kenne nicht jeden Einzelnen mit Namen, der hier arbeitet. Auch wenn ich hier schon dreißig Jahre sitze. Aber wenn Sie mir sagen, wo der Herr Sven Wagner denn arbeitet, kann ich vielleicht was für Sie rauskriegen.« Und er sah mich leicht spöttisch an.
Aus irgendwelchen Gründen hielt ich diesen Ton jetzt überhaupt nicht aus. Ich hatte das Gefühl, als liefe mir die Zeit davon und als träfe ich immer wieder auf Leute, die sich redlich bemühten, mir ein Bein zu stellen. »Ich vermute, das ist Ihr Job, oder?! Den Leuten mitzuteilen, wo die Mitarbeiter gerade sind. Oder werden Sie dafür bezahlt, hier herumzusitzen?!«
Hinter mir hörte ich Leandra unterdrückt stöhnen. Sietrat blitzschnell neben mich und wandte sich an den Pförtner, bevor dieser reagieren konnte.
»Wir sind ein bisschen unter Druck, Entschuldigung. Es ist relativ wichtig – es wäre nett, wenn Sie nachschauen könnten, wo Herr Wagner gerade ist. Er ist Kameramann bei der Abendschau. Ich glaube, Studio 5.« Sie lächelte ihn reizend an.
Der Dicke zögerte einen Moment, und nachdem er offensichtlich beschlossen hatte, mich ab jetzt vollkommen zu ignorieren, kam er in die Gänge. Er blätterte in einem Heft, das in den Ausmaßen an das Berliner Telefonbuch herankam.
»Für Sie schau ich mal nach . . . hier – Team drei ist das, glaub ich . . . aber die sind heute gar nicht da!« Er sah von seinen Unterlagen auf.
»Wieso denn?«, motzte ich. »Er ist doch immer . . .«
Der Pförtner sah Leandra an, als wäre ich überhaupt nicht vorhanden. »Team drei ist heute in Potsdam, die Talkshow, wissen Sie. Da streiken doch welche in Brandenburg, ich glaube, die Kabelhilfen.«
Wie bitte? Das durfte doch nicht wahr sein! Jetzt streikten sie schon innerhalb einer Firma nach Lust und Laune! Oder waren jetzt auch schon Kabelhilfen gewerkschaftlich organisiert?
»Verdammt . . .«, entfuhr es mir.
Jetzt schaute mich der Mann hinter der Scheibe doch wieder an. Gleich würde er den Wachdienst holen und uns vom Gelände scheuchen lassen.
Stattdessen griff er mit einem kleinen Seufzer zum Telefon. »Na, warten Sie, ich frag nochmal nach.«
Was sollte das noch bringen? Ich sah Leandra verzweifelt an. Ich hatte mich schon darauf eingestellt, Sven gleich in die Arme zu sinken . . .
»Ach nee . . . ach so . . . ja, danke.« Der Pförtner wandte sich wieder an uns. »Na, da hab ich mich geirrt, tut mirleid. Team drei war zwar in Potsdam, aber das war nachmittags. Die haben schon seit einer Weile Schluss. Tut mir leid.« Er zuckte die Schultern und schaute mich mitleidig an. Ich musste ja furchtbar aussehen, wenn er sich trotz meines pampigen Tons solche Mühe gab.
»Danke«, sagte ich. Und mein Dank kam wirklich von Herzen. »Es tut mir auch leid, bitte entschuldigen Sie. Ich war nur . . . es ist so, dass er – ich meine Sven . . .« Ich brach ab.
»Schon gut, Mädchen«, sagte der Dicke väterlich.
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