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Make Me Gluecklich

Make Me Gluecklich

Titel: Make Me Gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane André
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meinem Pass, und noch bevor ich die entsprechende Zeile gefunden hatte, spürte ich, wie ich rot wurde. Ich konnte buchstäblich sehen, wie sich die Leute hinter mir hämisch angrinsten.
    Und das war’s dann. Die Alte hatte recht – und ich noch fünf Jahre Zeit.
    »Oh«, sagte ich. »So was.«
    Und ich stakste hoch erhobenen Hauptes aus dem Wartesaal hinaus, ohne noch einen Blick zurückzuwerfen.
     
    Im Laden gab ich mir Mühe, Schuberts Großzügigkeit gerecht zu werden. Ich befolgte alle seine Anweisungen, lächelte freundlich und staubte zwischendurch sogar das Regal mit den alten Philosophen ab, wo immer zu wenig Durchgangsverkehr war.
    Leider konnte ich nicht verhindern, dass mein Handy verdammt oft klingelte. Angesichts der bevorstehenden Reise musste ich drangehen und konnte es nicht einfach abstellen!
    Die Anrufer waren in korrekter Reihenfolge: meine Mutter, Marie, meine Mutter, meine Krankenversicherung, Leandra, meine Mutter. Und um eins, exakt fünf Minuten vor meiner Mittagspause, dann noch einmal meine Mutter, die sich endgültig abmeldete, um in den Flieger nach Afrika zu steigen. Von Sven nicht ein Piep – nicht einmal so ein kurzes Läuten, das einem zu erkennen gibt, dass irgendjemand die Verbindung gleich wieder gekappt hat, weil er sich doch nicht traut.
    Mein Chef hatte wieder seine alte Griesgrämigkeit im Gesicht stehen, als ich um eins mit einem entschuldigenden Schulterzucken in Richtung »September« verschwand. Wahrscheinlich bereute er es zutiefst, dass er mir noch drei freie Tage dazugegeben hatte. Am besten, ich erwähnte New York mit keinem Wort mehr und verschwand heute Abend mit einem herzlichen Lächeln, aber blitzschnell, damit er nicht auf dumme Gedanken kam.
    Aber je weiter dann der Nachmittag fortschritt, desto trübseliger wurde mein Lächeln. Sven war nicht nur gemein, er war oberfies. Er wusste doch ganz genau, dass ich morgen Mittag schon unterwegs auf die andere Seite dieses Planeten war – wann wollte er denn da noch anrufen?! Ich hatte ihm doch den Tag des Abflugs genannt, laut unddeutlich . . . oder etwa nicht? Sollte ich das irgendwie versäumt haben? Oder verwechselt? Oder hatte ich vielleicht genuschelt? Wusste er gar nicht, wie dringend es war? Vielleicht schmiedete er gerade Pläne, mich am Freitagabend mit Rosen und einem wunderschön kitschigen Liebesfilm zu Hause zu überraschen – nicht ahnend, dass ich schon längst weg war! Nicht auszudenken!
    Ob ich doch vielleicht . . . ganz kurz nur, ganz geschäftsmäßig: »Der LKW ist auf den Namen Tessner gebucht; ich dachte nur, du solltest das wissen . . .« So in der Art. Dann würde er ja was sagen müssen, irgendwie Stellung beziehen.
    Er hatte ja alles ganz toll im Nebel gelassen – ob wir nun eigentlich zusammenziehen würden, ob er am Samstag schon mal den Anfang machte . . . ich wusste ja wirklich gar nichts. Marie hatte mir bei unserem Telefonat in der Mittagspause gesagt, dass Sven den Termin bisher noch nicht abgesagt hatte. Aber das musste nichts heißen – vielleicht wollte er unsere Freunde ja auch alle versammeln und ihnen dann – »en bloc« sozusagen – verkünden, dass es aus sei mit uns. Dann brauchte er nicht mit jedem einzeln zu sprechen – er hatte es nicht so damit, sich über Persönliches auszulassen. Danach würde er ihnen zwei Flaschen Prosecco spendieren, aus traurigem Anlass, und sich heimlich beglückwünschen, dass er eine Menge weiterer Flaschen eingespart hatte.
    Ich seufzte tief und unglücklich. Mein Chef, der gerade die neuen Krimis auspackte, warf mir einen unwilligen Blick zu. Es waren Kunden im Laden, sagte dieser Blick, und da wurde nicht geseufzt.
    Ich biss mir auf die Lippen und lächelte, um die »Anleitung zum Unglücklichsein« abzukassieren.
     
    Ich hielt es aus bis exakt 18 Uhr 15. In dem Moment schlug nämlich meine Wohnungstür hinter mir zu, und ich warf mich erschöpft auf mein Sofa, neben mein vernachlässigtes Festnetztelefon. Ich platzierte ›Be Madonna‹, das ich mir ausgeliehen hatte, direkt vor mir auf den Tisch.
    Und dann rief ich in Svens WG an. Ich wusste, dass die Wahrscheinlichkeit groß war, um die Zeit einen seiner Mitbewohner zu erwischen. (So würde ich nie Madonna werden; die hätte ihrem Lover vermutlich etwas gehustet und sich den Nächsten genommen. Aber ich musste das Buch ja auch erst einmal lesen.)
    Tatsächlich hob nach nur zwanzigmal Läuten jemand ab.
    »Jou.«
    Nein, das war kein Name, sondern die angesagte Begrüßungsfloskel

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