Make Me Gluecklich
fragte ich mich insgeheim, sagte aber nichts. Ich würde die Frau noch brauchen.
Mit Mühe erläuterte mir Brooke, dass sie geglaubt habe, wir wären um elf verabredet gewesen. Und das mit dem Bus, das könne sie sich gar nicht erklären, wirklich und wahrhaftig; ihr Schwager Raf sei sonst die Zuverlässigkeit in Person, er habe drei solcher Lieferwagen, Taxis und andere Transporte, und mache solche Aufträge immer zur absoluten Zufriedenheit . . .
Ich sagte, das mit dem Bus habe ja noch einen MomentZeit. Wichtig wäre, dass ich unseren Leuten jetzt mal den Ablaufplan der nächsten Tage und insbesondere die dates des heutigen Abends ansagen könnte, dann wären ja vermutlich alle erstmal zufrieden.
Brooke nickte eifrig und drückte auf den Power -Knopf des Computers. Ich sagte kein Wort, weil ich bis zur letzten Hundertstel-Sekunde nicht glauben konnte, dass sie das tun würde.
Der Bildschirm erlosch mit einem bösartigen Seufzen. Der Rechner brummte einmal wild auf und verstummte dann ebenfalls.
»Aber ich hatte doch schon . . .«, sagte ich.
»Oh«, erwiderte Brooke.
»Na ja«, sagte ich. Der Schirm war leuchtend blau und betriebsbereit gewesen, und Brooke saß direkt davor.
»So was«, sagte Brooke und lächelte entschuldigend. Sie drückte wieder, und das Brummen begann von vorn.
»Na ja«, wandte ich ein, »Sie haben ja sicher einen Ausdruck der Liste gemacht. Geben Sie ihn mir einfach, und ich kopiere ihn schon mal für . . .«
Ich stockte mitten im Satz, als ich ihren Blick sah.
»Ich, äh . . .« stammelte sie. »Leider konnte ich . . . es ging nicht!«
»Es ging nicht?«
»Nein. Ja. Ich . . . wissen Sie, wir haben kein besonders gutes Verhältnis zueinander.« Sie sah mich mit großen Augen an. An ihrem rechten Lid bildete das Mascara einen mitleiderregenden schwarzen Klumpen.
»Verhältnis?«, fragte ich verwirrt. »Mit wem?«
»Oh, natürlich.« Sie lachte nervös auf. »Mit dem Computer, entschuldigen Sie. Der Computer und ich, wir haben gewisse . . . Verständigungsschwierigkeiten. Er macht nicht immer das, was ich sage. Besonders die Maus. Ich benutze sie gar nicht mehr.« Sie blickte das kleine graue Etwas traurig an.
Ich holte tief Luft. Nein, das konnte meine Mutter nicht wissen, was für ein schräges Exemplar hier ihr Büro hütete . . . Eliane Tessner hatte normalerweise kein besonderes Faible für Wesen von einem anderen Stern.
»Na ja«, sagte ich jetzt zum dritten Mal. »Dann helfe ich Ihnen eben. Haben Sie die Datei vor sich?«
Brooke spähte mit zusammengekniffenen Augen auf den Schirm. »Irgendwo muss sie . . . ja, hier ungefähr . . . ich bin sicher – Ja! Da ist sie.« Und sie strahlte mich an.
Beinahe fühlte ich mich versucht, ihr zu gratulieren. »Gut, wunderbar. Zeigen Sie.« Ich war hinter sie getreten und sah ihr jetzt über die Schulter.
Auf dem Schirm befand sich eine Tabelle, die an eine Excel-Datei erinnerte. Dates Oct 12th-16th lautete der Dateiname, Denise West . Das »–erweg« hatte Brooke weggelassen, aber das war ja leicht zu ergänzen. Hauptsache, die . . .
Ich kniff die Augen zusammen. Hatte ich Sehstörungen?
Da stand nichts. Die Liste war leer.
Jede Zeile, jede Zelle, jede Spalte unterhalb der Überschrift war von strahlender Jungfräulichkeit. Kein einziger Buchstabe und keine einzige Zahl verunzierte die Tabelle.
Brooke stieß kleine, hektische Atemzüge aus. »Wieso? Ich versteh nicht . . .« Sie drückte auf allen möglichen Tasten herum, aber es tauchte kein Buchstabe auf, nirgends. »Oh!«, jammerte sie leise.
Ich unterdrückte das Gefühl von Panik, das in mir aufstieg. »Immer mit der Ruhe!«, sagte ich. »Das ist einfach ein altes Backup.«
Brookes Stirn war ein Meer von tiefen Falten. Sie tippte zaghaft auf der Tastatur herum, konnte aber die richtige Datei nicht finden.
Ich warf unwillkürlich einen Blick auf die Uhr. Die anderen saßen jetzt schon über zwanzig Minuten im Salonherum. Die Stimmung dort war sicher nicht mehr die beste.
»Komm schon!«, flehte Brooke leise und tippte wieder. Nichts.
Verzweiflung überschwemmte mich. Ich ließ den Kopf sinken und fühlte mich plötzlich unsagbar allein. Das hier war nicht mehr witzig – oder cool. Ich war Tausende Meilen von meinem Liebsten entfernt, nachdem uns ein Riesenstreit entfremdet hatte. Keine meiner Freundinnen stand parat, um mir zu helfen oder mich seelisch aufzubauen. Noch nicht mal mein kleiner, gemütlicher Buchladen war da, in dem ich mich hätte verkriechen
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