Make Me Gluecklich
das Einzige, was mir einfällt, ist, Max . . . Mr. Brannigan zu Hause anzurufen und ihn nach Brookes Nummer zu fragen. Er hat sie bestimmt . . .«
Katherine hatte eine Affäre mit ihrem Chef, zumindest das war wohl sicher. Dabei hatte sie doch einen Freund, nach dem Foto draußen im Flur zu urteilen. Na ja, es sollte mir egal sein, wie sich die Kuppler hier untereinander vergnügten . . .
Die hübsche Miss Miller war bereits halb zur Tür hinaus. »Ich bin gleich wieder da!«, trällerte sie.
Hoffentlich mit guten Nachrichten, dachte ich.
Mutig wandte ich mich wieder dem bockenden Computer zu und startete ihn erneut. Während er warmlief, zog ich aus meiner Handtasche die vorläufige Liste mit Denises dates , die ich von meiner Mutter bekommen hatte. Sie war in den entscheidenden Punkten unvollständig: Don, 36, in seiner knapp bemessenen Freizeit Klavierspieler, hauptberuflich Kaufmann, Übereinstimmung 85 Prozent. Timothy, 35, harmoniesüchtiger Segelfan und Architekt mit mittlerem Einkommen, Übereinstimmung 71 Prozent. Solche Sachen standen da, aber die entscheidenden Fakten fehlten: Nachnamen, Telefonnummern, Termine! Die hätte mir Brooke in die Hand drücken sollen, und wenn ich sie nicht bald irgendwo auftrieb, würde mich Frau Leutberger grillen. Und die Westerwegs wären auch nicht sonderlich erfreut.
RRrrriinnng! Das Bürotelefon klingelte so laut und vernehmlich, dass ich erschrocken zusammenzuckte und mir die Hand an der Platte des grauen Schreibtischs anstieß.Verflucht und zugenäht! Keine Ahnung, wie man diese Uralt-Maschine bediente, die der Kommandozentrale eines U-Boots aus dem Zweiten Weltkrieg ähnelte!
In Ermangelung einer besseren Idee hob ich einfach den Hörer ab. »Matches Worldwide?« Beinahe war ich stolz auf meine Schlagfertigkeit.
»Ist das eine Frage? Es klingt zumindest so, als wären Sie sich nicht ganz sicher! Guten Tag, ich bin Max. Miss Tessner?« Eine Männerstimme unbestimmbaren Alters, versetzt mit einem nicht unerheblichen Anteil Spott.
Ich war augenblicklich genervt, ließ mir aber nichts anmerken. »Richtig. Nora Tessner. Nett, dass Sie anrufen, Mr. äh . . . Brannigan. Ich müsste dringend Brooke erreichen, weil . . .«
»Ich bin informiert, Miss Tessner. Und habe Brooke gleich angerufen. Sie war bereits unterwegs und müsste jeden Augenblick . . .«
»Gott sei Dank! Äh, ich meine, vielen Dank, Mr. Brannigan! Sie wissen ja nicht, wie sehr ich . . . oh.«
Eine Frau stand in der Tür, allerdings nicht die schöne Katherine und auch sonst keine, die mir irgendwo schon einmal begegnet wäre.
Sie lehnte mit schüchternem Lächeln am Türrahmen, als würde sie dringend dessen Unterstützung brauchen. So würde Amy Winehouse mit 55 aussehen – nein, sagen wir, mit 60: spindeldürrr, kräftig geschminkt, die schwarzen Haare zu einer schrägen Turmfrisur aufgeschraubt. Ihre bleiche Haut wirkte staubtrocken und hatte übertünchte Risse wie ein antikes Gefäß. In ihren klauenartigen, sehr sorgfältig manikürten Händen knetete sie eine altmodische Aktentasche, und das Kostüm, das sie trug, sah aus wie eine Chanel-Kopie aus den siebziger Jahren.
Es war ein ziemlich unvergesslicher Anblick. »Kann ich Ihnen helfen?«, war das Einzige, was mir dazu einfiel. War das die erste Kundin des Morgens?
Die Frau öffnete unsicher den Mund, sagte aber nichts. Stattdessen ertönte eine Stimme an meinem Ohr, und ich erschrak ein bisschen, weil ich Mr. Brannigan fast vergessen hatte.
»Amy Winehouses Mutter? Dann ist Brooke ja da. Seien Sie nett zu ihr.« Und er legte auf.
Sie war es – Brooke, meine ich. Nicht Amy Winehouses Mutter, auch wenn sie so aussah. Wie sich herausstellte, hieß Brooke mit Nachnamen Leibovitz, wohnte in Queens und war tatsächlich die Sekretärin meiner Mutter. Ich fragte mich, ob Eliane sie jemals leibhaftig gesehen hatte oder sie nur auf telefonischen Kontakt hin eingestellt hatte. Die Frau sah so exzentrisch aus, dass ich sie meiner spießigen Mutter gar nicht zugetraut hätte.
Brooke war zudem ernsthaft schüchtern. Es dauerte ewig, bis ich aus ihr herausgebracht hatte, warum sie zu spät kam, was es mit dem Kleinbus auf sich hatte und vor allem, wie es nun weitergehen würde. Sie brauche immer ein paar Minuten, erklärte sie mir mit brüchiger Stimme, bis sie genug Vertrauen gefasst habe, um mit jemandem zu sprechen.
Was zum Teufel machte sie denn dann in einem Job, in dem es darum ging, permanent mit neuen Leuten zu kommunizieren,
Weitere Kostenlose Bücher