Make Me Gluecklich
können, um aufzutanken.
Und hier ging so viel schief. Ich musste plötzlich so viel machen, organisieren, entscheiden und trug die Verantwortung für alles. Nicht, dass ich das nicht gekonnt hätte, aber es war anstrengend, so ganz ohne Rückhalt. Von wegen: ein paar lockere Tage im » big apple« . Hier saß plötzlich so ein mitleiderregendes Wesen wie Brooke vor mir (doppelt so alt wie ich!), machte alles falsch und wartete darauf, was ich dazu sagte. Verdammt nochmal.
»Gibt es Schwierigkeiten?« Die Stimme der Leutberger – laut, nah und voller Schadenfreude.
Ich sah erschrocken auf und starrte genau in das rote Auge der Kamera. Sie hatten sich angeschlichen und hielten diesen Moment der Niederlage natürlich fest! Sie filmten ohne Absprache, ohne vorherige Warnung. Und das wollte öffentlich-rechtliches Fernsehen sein? Paparazzi!
Doch ich fing mich innerhalb einer Sekunde. Dass ich wütend wurde, darauf wartete die Leutberger ja womöglich nur. Ich musste um jeden Preis verhindern, dass sie sich über uns lustig machte.
»Ja tatsächlich, es gibt Schwierigkeiten!« Ich zog eine kleine Grimasse, die hoffentlich lustig rüberkam. »Diese Computer ! Andauernd stürzen die Dinger ab! Aber daskriegen wir schon hin! Übrigens – darf ich vorstellen: Brooke . . . äh Leibovitz, die Sekretärin und Organisatorin unseres New Yorker Büros – Frau Leutbergerr, Peter . . . äh und Esther vom deutschen Fernsehen!« Ich hoffte, dass die Strahlkraft meiner Zähne über meine dunklen Augenringe hinwegtäuschen würde. Aber die Stellen, an denen das Team direkt erwähnt wurde vor der Kamera, die würden sie sowieso rausschneiden, das wusste ich von Sven. Der Zuschauer sollte die Existenz von Kameramännern und dergleichen möglichst vergessen, wenn er den Film sah.
Brooke war inzwischen vor Aufregung ganz weiß im Gesicht und brachte kaum einen klaren Satz heraus. Ich versicherte den Anwesenden, dass Brooke sich nur ein bisschen eingewöhnen müsste und dass ich demnächst mit der Liste käme – es könne sich nur noch um Minuten handeln.
»Denise ist schon abgezogen, ein bisschen spazieren«, erklärte die Leutberger mit kritischem Unterton. »Ihre Mutter vertreibt sich die Zeit mit den Katalogen der Konkurrenz . . .« Ein fieses kleines Lächeln umspielte ihre Lippen. ». . . und wir harren der Dinge, die da hoffentlich mal kommen.« Sie zuckte ergeben die schwarzbejackten Schultern und ging hinaus, gefolgt von ihren Schatten Peter und Esther. Zum Glück wusste sie nicht, dass ich hier gerade einer mittleren Katastrophe entgegentrat.
Wie sich herausstellte, war es eher eine große Katastrophe. Brooke konnte sich partout an keine genauen Termine erinnern. Sie jammerte mit tränenerstickter Stimme, sie habe so viel telefoniert und hin und her verschoben, dass alles in ihrem Kopf durcheinanderpurzele. War das Donald, um sechs im »King’s Pub«? Mit einer weißen Rose im Knopfloch? Oder doch im »Nightline« um zehn, mit einer Nelke? Und war Jerry oder Johnny oder Jack derim »Chinese Chops« um sieben? Oder um acht? Mit der ›Post‹ unterm Arm oder vielleicht auch dem ›Wall Street Journal‹?
Sie suchte hektisch nach ihrer zentralen Kundenkartei auf dem Computer. Okay, dann würde sie eben alle Kandidaten heraussuchen und nochmal mit ihnen telefonieren müssen, flüsterte sie sich zu.
Während ich ungeduldig wartete, wurde das Flüstern immer intensiver. Brookes Finger hackten, da sie die Maus ja nicht benutzte, ganze Zahlenkolonnen in die altersschwache Tastatur.
»O mein Gott.« Brookes Stimme war nur noch ein heiserer Hauch.
»Was ist denn?«, fragte ich alarmiert.
»Ich kann die Kartei nicht finden.«
»Wie bitte? Welche . . .? Wieso nicht?«
»Die zentrale Kundenkartei«, quietschte sie.
»Die . . .« Ich beugte mich vor – ungläubig.
Wir suchten gemeinsam. Wir öffneten jeden Menüpunkt und jede Datei, die auch nur irgendwie infrage kamen. Wir jagten alle Suchprogramme durch, machten Neustarts und klopften auf den Rechner, zuerst sanft, dann immer drängender.
Nichts half. Die Kundendatei – das Herzstück des gesamten Betriebes, der Schlüssel zu allem – blieb verschwunden.
»Mr. Right!«, entfuhr es mir plötzlich. »Der Austausch der Kundendateien! Die haben nebenan doch vermutlich eine Kopie auf dem Rechner! Wir sind doch bestimmt in einem gemeinsamen Netzwerk, wenn . . .«
Brooke schüttelte unendlich traurig den Kopf. »Das Netzwerk . . . Sie haben es letztes Jahr
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