Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
Vom Netzwerk:
Geschwindigkeitsregulierung, und das Land unter ihm huschte undeutlich vorbei. Die Berge standen um ihn herum, machtlos, ihn vom Verlassen des Tals abzuhalten.

 
16. Die Stadt
     
    Wolken bedeckten die Sonnen, während der Gleiter nach Südosten raste. Er stieg höher, um ihre Wärme auf seinem Gesicht spüren zu können. Um die Mitte des Nachmittags verdunkelte die hellere Sonne ihre größere Begleiterin und verdunkelte die Beleuchtung Leas um etwas weniger als die Hälfte. Er erhaschte einen kurzen Blick auf das Meer, als die Sonnenfinsternis gerade zu Ende ging. Das Wasser leuchtete, als stünde es in Flammen.
    Am östlichen Horizont kam ein Gewitter auf. Während er niedriger über die Ebene flog, verdunkelten wieder Wolken die Sonnen und färbten das Meer dunkelblau. Er drehte den Gleiter nach Osten und ging bis auf tausend Meter über dem Strand herunter, wo mächtige Wellen gegen Sand und Felsen donnerten.
    Er hatte das Fluggerät völlig unter Kontrolle und fühlte sich in der Freiheit sicher, die es ihm geschenkt hatte. Die Bilder des Nachmittags hatten ihm geholfen, seine eigene Person zu vergessen. Die Fremdheit des Planeten war genug, seine Neugier über das, was er finden würde, war genug – nichts sonst existierte.
    Nach der kleinen Karte war er nun mehr als zweitausend Kilometer südöstlich von der Schürfstelle. Langsam bog er mit dem Gleiter vom Strand weg und flog in leicht nordöstlicher Richtung in der Hoffnung, einen Blick auf die große Stadt werfen zu können, von der Miklos gesprochen hatte.
    Gewitterwolken erfüllten jetzt mehr als die Hälfte des Himmels vor ihm, grauschwarze Cumuli, die dann und wann von lautlosen Blitzen erhellt wurden. Der Planet lebt, dachte er, genauso ein System von lebenden Organismen wie die Heimat.
    Er sah die Stadt, eine dunkle Masse von Türmen, die unter den Gewitterwolken lag. Das Gewitter bedeckte den ganzen Himmel, als er näher flog und unter die Wolkendecke stieß. Regen begann, auf die Kuppel zu fallen. Die Blitze durchzuckten nun immer häufiger das dunkle Land unter ihm. Der Gleiter flog ohne Schütteln durch den Regen. Sein Gravitationsfeld hielt ihn sicher wie ein Schraubstock relativ zu der Planetenoberfläche.
    Die Stadt zeichnete sich als gezackte Silhouette gegen den bleiernen Himmel ab und nahm die Flut ohne Widerspruch hin. Als die Blitze zuckten, stellte er sich die Stadt als riesige schwarze Spinne vor, die vor ihm kauerte. Fast hätte er seine Hand ausstrecken und sie berühren können, obwohl er wußte, daß sie noch Kilometer weit entfernt war.
    Er schaltete einen Augenblick lang das Außenmikrophon an und hörte das Geheul des Winds. Donner krachte und rollte und erstarb. Der Gleiter verlangsamte sich über der Stadt, bis er nur noch trieb.
    Die Türme stützten mehr als eine Ebene. Riesige Löcher starrten ihn an, schwarze Schächte zu den unteren Bereichen. Der Wind pfiff durch die Wunden der Stadt. Welche Leiden hatte es hier gegeben, fragte er sich. Die riesige Ruine war ein äußerliches Zeichen für Elend und Verfall.
    Er schwebte zu einem Turm. Der Finger eines Blitzes fuhr in die Spitze und schleuderte Trümmer herab in die Ruine. Er ließ den Steuerknüppel los und ließ den Gleiter eine Zeitlang schweben, wischte die Karte von dem kleinen Schirm und stellte ihn auf das Gelände direkt unter sich ein. In dem Augenblick, als ein weiterer Blitz aufzuckte, rannten menschliche Gestalten über die nasse Fläche.
    Er nahm den Steuerknüppel in die Hand und landete den Gleiter.
    Einen Moment saß er da und war sich nicht sicher, was er als nächstes machen sollte. Über ihm zogen die Wolken schnell im Wind und verdeckten die abgebrochene Spitze des Turms. Wo bin ich hingekommen? Was tue ich hier? fragte er sich.
    Als der Regen nachließ, hörte er das schmerzerfüllte Stöhnen der Stadt um ihn – Metall irgendwo unter ihm mahlte gegeneinander, rutschte, brach und wurde hinabgezerrt. Es klang wie ein tiefes Brummen in seinem Magen, das Geräusch sterbender Gegenstände, die ihm zuriefen.
    Die Kuppel hob sich. Er kroch heraus und kletterte vorsichtig die Stufen außen herab. Die Stadt schüttelte sich, als seine Füße die metallische Oberfläche berührten. Er sog die feuchte Luft tief in die Lungen und sah zu den rasenden Wolken hoch. Plötzlich bemerkte er, wie sich die Richtung änderte. Der Himmel war kurz unten und die Stadt oben. Er stand mit dem Kopf nach unten auf der Außenseite eines runden Balles, und der Wind konnte jeden

Weitere Kostenlose Bücher