Mala Vita
sichtbar fand auf dem eleganten Traumcruiser, von dem es im gesamten Mittelmeerraum nur eine Handvoll vergleichbarer Exemplare gab, ein gesellschaftliches Ereignis statt. Auf den Decks konnte man Menschen in Abendgarderobe erkennen. Ausgelassenes Lachen und gedämpfte Musik schallten zum Ufer. Bewegungslos lag die »Alexandra« auf dem schwarzen Wasser, und ihre gleißende Beleuchtung spiegelte sich tausendfach im Meer.
»Ich werde es nie begreifen«, polterte Don Massimo und schüttelte verächtlich den Kopf. »Romano hat recht, wenn er sagt: Der Lebensinhalt vieler besteht aus dem Anschein äußerster Wichtigkeit. Das ist auch der Grund, weshalb sie solche Einladungen niemals versäumen, bei denen sich alles vor der Nase der Neider abspielt. Je bedeutender sich die Bagage vorkommt, desto weniger bemerkt sie, dass die Falle größer ist als der Speckwürfel.«
»Wie heißt es doch?«, fügte Don Santo mit einem abfälligen Lächeln hinzu. »Was sinkt zuletzt, wenn ein Staatsschiff untergeht? Wahrscheinlich das kalte Büfett. Sie werden sich dort oben die Bäuche vollschlagen, weil es nichts kostet.« Er beugte sich vor, steckte sich seine unvermeidliche Zigarette an und starrte missmutig aufs Meer hinaus. »Aber wenn es um ihr eigenes Geld geht, gehen sie heimlich in die Pizzeria um die Ecke.«
Mit einem leichten Stoß legte die Barkasse längsseits an die »Alexandra« an. »Auf zum Gefecht!«, grummelte Don Massimo und wuchtete sein Gewicht von der Holzbank hoch. Während Santorini geschickt von der Barkasse aufs Unterdeck der Luxusjacht sprang, mussten Massimo zwei Bodyguards Hilfe leisten. Mit festen Griffen schoben und zogen sie ihn hinüber. Der Don atmete tief durch. Sein Gesicht war ernst. Heute Nacht würde nicht nur gefeiert werden, auch wichtige Entscheidungen sollten getroffen werden. Wenn nach dem Sommerfest die Gäste abgeholt und an Land gebracht wurden, würden sich die dreizehn Mitglieder des inneren Kreises im Konferenzraum der »Alexandra« versammeln.
Als Don Massimo und Don Santo mit ihren Bodyguards das erste Oberdeck betraten, war der Gesellschaftsabend bereits voll im Gange. Tanzmusik erklang, die von Rufen und Gelächter begleitet wurde. Champagnerkorken knallten und Beifall erfüllte das Deck.
Don Santo wandte sich an eine seiner Leibwachen: »Geh hinauf und gib Don Romano Bescheid, dass wir angekommen sind! Wir ziehen uns um und kommen in einer Viertelstunde. Dann übernehmt ihr die Wache auf den Oberdecks!«
Die Dons begaben sich nach unten. In der unmittelbaren Nähe des Maschinenraumes war nur das leise Vibrieren der mächtigen Generatoren, die für die Energie auf dem Schiff sorgten, zu hören. Ein Hubschrauber näherte sich der »Alexandra«. Die beiden Paten blickten unwillkürlich zur Decke, und einen Augenblick später konnten sie das Aufsetzen des Hubschraubers auf dem Landepunkt über der Brücke spüren.
»Aha«, knurrte Don Massimo. »Die höchstbezahlten Arbeitsscheuen des Landes sind eingetroffen. Ich frage mich, wie sie ihre Privatflüge vor dem Parlament rechtfertigen.«
Don Santo lachte hämisch. »Politiker sind nicht an Weisungen gebunden – höchstens an Überweisungen.«
»Ich mag Überweisungen«, grummelte Massimo. »Besonders, wenn sie viele Nullen vor dem Komma haben …«
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Republic of Vanuatu
D er Lear-Jet auf dem Weg von Brisbane nach Vanuatu verlor allmählich an Höhe. Zwei Männer saßen nebeneinander in den bequemen Ledersesseln und waren in Zeitschriften vertieft. Seit sie in Palermo gestartet waren, waren sie jetzt nahezu dreißig Stunden unterwegs; den zwölfstündigen Zwischenstopp an der australischen Küste nicht mitgerechnet. Sie machten nicht den Eindruck entspannter Urlauber, und wie es schien, sahen sie auch keineswegs unbeschwerten Ferientagen entgegen. Mit ihren weißen Designerhemden, den dezenten Krawatten und teuren Armani-Anzügen strahlten sie eine Mischung dominanter Männlichkeit und humorloser Geschäftigkeit aus. Ihren ernsten Mienen war weder Lebensfreude noch unbeschwerte Leichtigkeit abzulesen, und an Bord befand sich kein Urlaubsgepäck. Gallerte und Ruffo waren mit den beiden Piloten und dem Steward allein.
Während sich der Kapitän über den Lautsprecher in der Kabine meldete, sammelte der Flugbegleiter Besteck und leere Trinkgläser ein und entsorgte sie in einer Metallbox.
»In wenigen Minuten erreichen wir den International Airport von Vila Bauerfield in Vanuatu. Ortszeit: neun Uhr fünfundvierzig.«
Ruffo,
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