Malchatun
dazu kam ein so zahlreiches Gefolge von anderen Personen, daß man fast von einer kleinen Heerschar sprechen konnte. Auf diese Weise hatte Osman nichts unterlassen, das Haus der Asanes anläßlich des hohen Festes so zu ehren, wie es der alten Freundschaft entsprach.
Kir Salmenikos hatte das zu schätzen gewußt. Bei der ersten Begrüßung hatte er lachend daran erinnert, wie es vor Jahren in demselben Tschakirbinari beinahe zwischen ihnen zu Streit gekommen sei und daß eigentlich jetzt er, Salmenikos, dem Bey die Hand küssen müsse und nicht umgekehrt, wie er es damals zu Unrecht gefordert habe. Osman aber hatte abgewehrt und gerufen, daß Freunde sich die Wange küssen und nicht die Hand. Und dann hatte er unter allgemeinem Beifall nach seinen Worten getan.
Dabei hielt er sich nicht nur selbst als der Fürst, der er war, fürstlich, auch der Dienst um seine Person betonte deren hohen Rang. Nie stand er allein, stets waren seine Alpe um ihn. Wie ein einziger Körper waren er und seine Getreuen, und obwohl selbst Gast, hielt er dennoch Hof. Sogar mit dem Stelzbein und Einauge Matthäos Botoniates hatte er auf diese Weise einen Händedruck getauscht und die Hoffnung erwähnt, daß der Geist der Freundschaft, der dieses Fest so verschöne, von nun ab alle und für immer beseelen möge.
Jetzt allerdings hatten die Festgäste nur Augen für die Mädchen von Lesbos. Sie erneuerten den spartanischen Karyatidentanz, und der näherte sich seinem Ende.
Das Fortissimo der Triangeln, Zithern, Flöten, Handpauken und das Furioso des Tanzes selbst verbanden sich immer mehr zu einem einzigen Rausch. Die weiten Sprünge der Tänzerinnen und deren kühne Drehungen um die eigene Achse ließen manchen von Osmans Hirten erstaunt und auch verlegen dreinblicken. Sie selbst hatten andere Tänze, und ihre Mädchen gingen in Hosen und züchtigen Gewändern. Diese Griechinnen aber waren mit Ausnahme ihrer silbernen Kronen nackt. Wie bei ihren Vorgängerinnen aus der Antike ließ der leichte Tanzchiton den Busen frei, ein kurzes Röckchen um die Hüften war er, der die Nacktheit mehr umflatterte als bedeckte.
Als einzige hatte die Erste Tänzerin einen hochwallenden, weiten und langen Rock an, der beides konnte: fliegen und schweben! Doch nicht weniger nackt war sie als die andern, wie bei dem auf den Zehen getanzten rasenden Schlußwirbel zu sehen war. Weit stand der weiße Rock waagerecht von den Hüften, um sich dann mit dem Ermatten der Taumelnden langsam als überirdische Blume mit ihr auf den Rasen zu senken.
»Lotosblüte« nannten die Tänzerinnen ihren Tanz zu Ehren der Braut.
Kir Matthäos Botoniates schneuzte sich wütend.
»Dieser heidnische Satan sei verdammt!« fluchte er. »Nirgends ist ihm beizukommen. Man könnte fast meinen, er sei gewarnt.«
»Unsinn«, sagte Kir Salmenikos.
Er dachte an jenes Fest zu Ehren Osmans in Tschakirbinari. Damals war der junge Sieger über Köprihissar ebenfalls nie ohne seine Alpe und eine zahlreiche Begleitung seiner Grenzwächter anzutreffen gewesen. Und Kir Matthäos möge berücksichtigen, sagte Salmenikos nun, daß dies die Gepflogenheit der Stämme sei, wenn sich ihr Chef außerhalb ihres Gebietes zeige.
Der alte Botoniates war wenig befriedigt.
»Sie müssen es ja wissen«, murrte er nur, »Sie und Kir Michael. Sie beide waren ja bis zuletzt dick mit ihm befreundet.«
Die Herren, darunter auch Kir Joannes Mazaris, standen wie von ungefähr etwas abseits. Ein längeres Verweilen war Kir Salmenikos gar nicht recht. Es müsse alles, aber auch alles vermieden werden, was irgendwie auffallen könne.
»Und Ihr Hirtenkönig kann inzwischen tun, was ihm beliebt?« fragte Botoniates. »Mir jedenfalls ist es verdammt aufgefallen, daß er sein Zeltlager abgesondert von uns allen aufgeschlagen hat. Mit der Pferdehürde in der Mitte, damit man nichts sehe!«
»Um so besser«, versetzte Salmenikos kühl, »dann habt ihr sie schön beieinander, wenn ihr sie nachts überfallt. - Es hat bei der Absprache zu bleiben, Kir Matthäos«, fuhr er ernster fort. »Wenn einer von euch Herren sich vorzeitig hinreißen läßt . . . habe ich mit der ganzen Sache nichts zu tun gehabt. Bedenkt das! Jetzt aber, wenn ich bitten darf, kein Wort mehr. Mich entschuldigt - man könnte den Gastgeber vermissen.«
Selbst an einer so weitgereisten Persönlichkeit wie Kira Apollonias Zofe Rina, die sich der Erziehung des jungen Chalil Tschendereli so liebevoll angenommen hatte, waren die Darbietungen dieser
Weitere Kostenlose Bücher