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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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von dir verlange.«
    »Was würdest du tun?«
    »Ich würde gehorchen, aber . . .«
    »Und ich werde vertrauen. Ich vertraue Osman. Sage ihm das. Er soll mich in Tschakirbinari finden.«
    An der Tür wandte sie sich noch einmal um und sah Orkhans Verwunderung, die einer Bestürzung sehr ähnlich war.
    »Gar nichts verstehst du, mein Orkhan, nicht wahr?« fragte sie. »Das ist auch nicht nötig«, gab sie sich selbst die Antwort und zugleich ihm einen Kuß. »Du bist mein dummer, lieber Junge, das sollst du niemals vergessen.«

38
    Zu keiner anderen Zeit hätte der vorsichtige Kir Salmenikos Stadt und Festung Biledschik so sehr von Mannschaften entblößt, wie es anläßlich seiner Hochzeit mit Kirina Nilufer geschehen war. Den Burgvogt mit den wehrhaften Knechten hatte er nach Tschakirbinari befohlen. Es konnte auch kein Zweifel darüber bestehen, daß junge Arme und Beine dort besser am Platze seien bei Bedienung der Gäste, bei Trunk und Tanz. Seine ganze Macht wollte er dort entfalten, wo sie gesehen und - auch gebraucht werden sollte.
    Was wäre dagegen für das ohnehin uneinnehmbare Biledschik zu fürchten gewesen! Christen, Moslemin und selbst die wohlberittenen Grenzwächter aus Osmans Hirtenstämmen strömten zur Hochzeit. Ein allgemeiner Friede herrschte im ganzen Land. Keiner würde ihn zu stören wagen. In dem fast undenkbaren Fall eines Angriffs aber konnte selbst eine schwache Besatzung Stadt und Festung lange halten. Und schwach freilich war die Besatzung, da auch die Bevölkerung ihre Kinder den Großmüttern überlassen hatte, um in hellen Haufen nach Tschakirbinari zu ziehen. Leer lagen die Straßen in der Sonne. Kaum daß einmal eine Katze empört ihren Buckel machte, wenn ein dummer Köter sie anblaffte.
    Auf diese Weise war der alte Wachtmeister des Bergfrieds als Befehlshaber einer kleinen Schar von zurückgebliebenen Knechten so etwas wie ein Stadtkommandant geworden. Aber der Schließ- und Wachtdienst wäre, wenn nicht gerade heute die osmanischen Hirtenweiber ihre Ballen an Teppichen und Krimskrams angeschleppt hätten, noch eintöniger gewesen. Der Alte überließ ihn auch unter diesen Umständen gern den andern, indes er selbst bei einem Krug Wein in der Küche saß. Er hatte das Schauspiel nun schon so oft erlebt, daß es ihm gleichgültig geworden war.
    Um so ärgerlicher war es ihm, als ein Waffenknecht in die Schloßküche stürzte, und zwar gleich so, daß er liegenblieb.
    Auch breitete sich — kein schöner Anblick fürwahr! - eine rote Lache um den Gefallenen aus. Nur noch stöhnen konnte er: die Türkenmädel seien gar keine Mädel, sondern Männer und . . .
    Aber da hatte der Wachtmeister schon seine Waffe in der Hand. Ohne allerdings weit damit zu kommen. Kaum an der Tür, sah er eine Klinge blitzen und sackte zusammen, um sich nicht wieder zu erheben.
    Was war geschehen? - Nicht viel, doch immerhin genug, um Biledschik einen neuen Herrn zu geben, und der hieß Osman.
    Vierzig seiner jungen Männer waren laut dem Vertrag mit ihren Ballen und als Mädchen verkleidet in die Burg gekommen. Welcher Uneingeweihte hätte wohl wissen können, daß in den Frauenhosen gar keine Mädchen, dafür aber in den Teppichen Waffen steckten? Bis das Jungvolk sich der Tore bemächtigt hatte, war keinem einzigen Biledschiker dieser Gedanke gekommen, und indes man nun die Leichen beiseite schaffte, legte Osman bereits eine starke Besatzung in die eroberte Stadt.
    Den Befehl erhielt Orkhan.
    Von Smyrna, Philadelphia und selbst Konstantinopel waren sie zu diesem Fest, das so viel von sich reden gemacht hatte, gekommen: Seiltänzer aus Ägypten, Mimiker aus Adrianopel, Jongleure, Tänzer und Tänzerinnen. Jetzt warfen die Tänzerinnen aus Lesbos ihre Mäntel ab und huschten über den Rasen.
    Im großen Kreis, damit alle etwas sehen sollten, umstanden die Gäste diese Vision in Weiß. Daß sich dabei Türken und Turkmanen zusammenfanden, fiel nicht auf. Das ergab sich aus der gemeinsamen Sprache. Und wie hätte Osman nicht unter ihnen verweilen sollen, war er doch ihr erwählter Scheich und ihr Fürst.
    Wenn man freilich geglaubt hatte, er werde mit Malchatun und den Söhnen kommen, so hatte man sich getäuscht. Doch wurde dieser Mangel durch die stattliche Begleitung in manchem wieder wettgemacht. Nicht so sehr der Prunk der Gewänder als die Männer selbst hatten seinen Einzug in Tschakirbinari verherrlicht. Die berühmten Alpe seines Vaters fehlten so wenig wie seine eigenen jungen Gefährten, und

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