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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Hochzeit keineswegs spurlos vorübergegangen. Die ägyptischen Jongleure waren ein Gegenstand ihres Erstaunens und der persische Feuerfresser einer ihres Erschauerns gewesen. Aber sie rühmte sich ihrer Herkunft aus Konstantinopel, und das verpflichtete sie.
    Freilich so ganz genau und richtig war Konstantinopel ihre Geburtsstadt nicht. Unmenschlich jedoch wäre es gewesen, von ihr das Eingeständnis zu verlangen, daß ein kleines Bergbauernnest am Hämos ihren ersten Schrei vernommen habe. Demnach war sie also in Konstantinopel so gut wie alle anderen geboren, die sich einmal auf der Meza, der großen Kaufstraße der Weltstadt, ergangen hatten.
    Und danach verhielt sie sich denn auch, wie sie jetzt die junge Kirina oder vielmehr seit zwei Stunden die junge Kira Nenuphar oder Nilufer für den Ritt nach Biledschik umkleidete.
    Mit einem Lächeln der Verachtung sprach sie von den Schaustellungen, die das Volk so bejubelt habe, und dann seufzte sie über das beklagenswerte Schicksal der jungen Gebieterin, die nun vielleicht niemals Konstantinopel zu sehen bekommen würde, das in jeglicher Hinsicht weit höhere Genüsse darzubieten vermöge als die ganze übrige Welt. - So überlegen gab sich die Zofe Rina!
    Aber Nilufer gelüstete es keineswegs nach dem Neuen Jerusalem. Ihre Gedanken kreisten unablässig um Osmans Versprechen, das sich - woran sie keineswegs zweifelte - in den nächsten Stunden erfüllen müsse. Schon auf dem Gang zur Kapelle war sie auf irgendein Ereignis gefaßt gewesen. Aber nichts war geschehen. Dann war der große Augenblick gekommen, da der Bey das brokatumwundene Schreiben Sultan Alaeddins überreicht hatte. Auch dabei war ihre Hoffnung auf einen Blick des Einverständnisses von seiten Osmans enttäuscht worden.
    Doch der Weg bis nach Biledschik und ins Bett des Salmenikos sei noch weit, dachte sie nun, und niemals werde sie in Wirklichkeit die Frau ihres Onkels sein.
    Auf welche Weise Osman das jedoch verhindern wolle, wußte sie nicht, und so litt sie alle Qualen der Neugier und eines ungestillten Verlangens.
    Noch war die Jahreszeit nicht vorgeschritten, und so dunkelte es bereits, als Salmenikos unter den Segenswünschen des Gästeheeres inmitten eines prächtigen Gefolges seinen Hochzeitsritt nach Biledschik begann.
    Nilufer ritt allerdings nicht. In Anbetracht der Gelegenheit und ihres hohen Ranges wäre ein Zelter kaum zu umgehen gewesen. Sie aber hatte behauptet, der Paßgang solcher Tiere verursache ihr Übelkeit und sie hasse es, mit einem Brett unter den Füßen sich im Seitensitz auf einem Kissen schaukeln zu lassen. Eine Sänfte, die vorn und hinten zwischen zwei Maultieren aufgehängt war, hatte beschafft werden müssen.
    Es war eine mondlose Nacht, und es auf das Hochzeitsbett ankommen zu lassen, war Nilufer keineswegs gewillt. Wisse sie denn, wessen ein Mann fähig sein könne? Mit Jungenkleidern hatte sie sich versehen, und aus der verhangenen Sänfte glaubte sie in finsterer Nacht entweichen zu können.
    Das bedeutete keinen Zweifel an Osman. Doch tatenloses Warten war ihre Sache nicht. Osmans Anschlag könne mißlingen, und in jedem Fall sei es gut, im entscheidenden Augenblick nicht durch alberne Röcke behindert zu sein.
    Zum Glück hatte Salmenikos keine Ahnung von den Absichten und Gedanken seiner Nenuphar. Ein feuriger Liebhaber war er ohnehin nicht. Er hielt die Ehe mit seiner Nichte für etwas Unvermeidliches, aus dem sich noch manches Ungemach ergeben könne. Aber seinen Erfahrungen glaubte er entnehmen zu sollen, daß alles auch seine guten Seiten habe. Sogar eine Heirat! Und sowenig sich der Erfahrene auch von der bevorstehenden Hochzeitsnacht versprach, so war er doch guten Willens, ihr die beste Seite abzugewinnen. An Höflichkeit ließ er es jedenfalls nicht fehlen. Durch die Vorhänge erkundigte er sich nach dem Befinden und den Wünschen der Kleinen, die jetzt seine Frau sein sollte, bis sie ihn schließlich bat, ihrer Ermüdung Rechnung zu tragen und sie ein wenig ruhen zu lassen. In Tschakirbinari hatte sich indessen das Fest erst richtig entfaltet. An großen Feuern wurden Hammel und Ochsen am Spieß gebraten, an Geflügel und Fischen fehlte es nicht und erst recht nicht an Wein. Besonders in dem großen Zelt für die Herrschaft ging es hoch her. Auch Osman ließ sich mit seinem Gefolge blicken.
    Um freilich zu erkennen, daß jedes Erscheinen von ihm einem Aufmarsch mit Rückendeckung glich, hätte es sehr scharfer Augen bedurft, die jedoch hatte, wenn sie

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