Malchatun
darum, um nicht weich zu werden, gegen den Heldenhaften und dessen Mutter aus. »Erzähl ihr aber nur, was ich zu Kira Apollonia gesagt habe. Das gilt auch für deine Mutter. Aber natürlich, das kann ich mir denken, Tante Malchatun wäre es sehr recht, wenn ich Salmenikos heiratete. Dann wär sie mich los!«
»Du solltest nicht so über meine Mutter reden«, wehrte sie Orkhan, »was soll das heißen, daß sie dich lossein wolle? Sie liebt dich nicht weniger als meinen Bruder Alaeddin und mich -vielleicht liebt sie Alaeddin etwas mehr . . . Aber einen Auftrag gab sie mir nicht!«
Nilufer vernahm nur den letzten Satz. Bis zu diesem Augenblick hatte sie geglaubt, es habe sich bei Orkhans Erscheinen um den überheblichen Versuch einer älteren Nebenbuhlerin gehandelt, sie zu der ihr so mißfälligen Heirat zu bestimmen -und allein weil Orkhan für Salmenikos eingetreten war, hatte sie den weiteren Verdacht fallenlassen, er habe sich, nur um sie wiederzusehen, in Jundhissar eingeschmuggelt. Aber nun . . .
»Meine Mutter gab dir den Auftrag nicht«, fragte sie, »und deine auch nicht? Ja, wer . . .?«
»Es war der Bey«, sagte Orkhan.
»Osman!« schrie sie und glitt vom Tisch.
Ganz blaß stand sie da. Osman, ihr Bahadur, wolle sich ihrer zugunsten von Salmenikos entledigen! Sie sei ihm keineswegs zu jung - o nein - sie solle ja heiraten; aber - einen andern.
Verschmäht und verraten kam sie sich vor, und sie wäre in die Tränen einer seelisch Mißhandelten ausgebrochen, wenn Orkhan nicht zugegen gewesen wäre. Vor dem Sohn des Entarteten wollte sie sich eine derartige Blöße nicht geben!
Nein, nicht vor Orkhan wolle sie weinen. Sei aber Osman wirklich verdammenswert? regte sich auch schon die erste Hoffnung in ihr. Noch wisse sie nichts! Und überhaupt der Junge!
In einer Hinsicht erwies sich die Anwesenheit dieses Jungen dennoch als nützlich: Wie hätte sie sich sonst nach der Windstille des ersten Erschreckens durch einen gewaltigen Zorn erleichtern können, wenn dieser Zorn kein Ziel gehabt hätte? Eitel Verschwendung wäre er gewesen! Nun aber war Orkhan da, und mit höchst stiefmütterlichen Gefühlen konnte sie ihn anherrschen, warum er da herumstehe und sie immer nur anglotze? Dazu habe ihn sein Vater vermutlich nicht hergeschickt. Er solle ihr berichten, was Osman ihm aufgetragen habe. Jedes Wort! Ohne eins fortzulassen oder hinzuzufügen!
Orkhans Versicherung, daß er nichts anderes vorhabe, half ihm zunächst gar nichts, und er wäre noch lange nicht zu Worte gekommen, wenn er nicht den kurzen Augenblick eines natürlichen Versagens von Nilufers Atem blitzartig wahrgenommen hätte, um ihr endlich zu berichten, was zu hören sie so begierig war.
Dann erst schwieg Nilufer und hing nun mit aufgerissenen Augen an seinem Mund.
»Der Bey sagte«, verkündete Orkhan mit der Feierlichkeit eines Herolds, »gehe, mein Sohn, nach Jundhissar zu der Dame Nilufer. Kira Apollonia wird dir dazu verhelfen. Die Botschaft aber, die du Nilufer ausrichten sollst, ist zu gefährlich, sie aufzuschreiben. - Ich habe sie auswendig gelernt«, flocht Orkhan ein.
»Die Botschaft, die Botschaft!« drängte Nilufer.
»So sprach der Bey, mein Vater«, fuhr er also fort. » >Mögest du, o Nilufer, in die Hochzeit mit dem Herrn von Biledschik willigen. Ich, Osman Bey, verbürge mich, daß du dem Manne Salmenikos nicht angehören wirst, und sollte ich dich aus seinem Hochzeitsbett reißen!<«
». . . und sollte ich dich aus seinem Hochzeitsbett reißen . . .«, wiederholte Nilufer. »Das ist ja etwas ganz anderes, als was du mir zuerst sagtest!« rief sie dann.
Die Worte waren auf das vollkommenste dazu angetan, ein Mädchen wie Nilufer zu begeistern. Den Mangel an Liebesversicherungen empfand sie nicht als Kränkung. Sie verstand sehr wohl, daß der Vater den Sohn nicht zum Liebesboten machen könne. Aber Osman bitte sie, Osman brauche sie! -Das gab den Ausschlag. Jede Angst vor den Folgen ihres Schrittes verscheuchte das Bild von einem Osman, der sie aus des Salmenikos Armen in die seinen hinüberreißen würde!
Den Grund freilich von Osmans Verlangen hätte sie gern gewußt; aber auch dabei tröstete sie sich mit der Erwägung, daß Osman dieses Geheimnis für den Sohn wohl als zu bedeutend erachte und daß er sich auf sie verlassen habe. Auf seine Nilufer!
»Du lehnst ab, nicht wahr, Nilufer?« fragte Orkhan.
»Ablehnen? Warum denn?«
»Du sagtest noch soeben, daß du immer den Grund wissen müßtest, wenn man etwas
Weitere Kostenlose Bücher