Malchatun
kennst ihn ja, wie er spricht, so mit diesem leichten Lächeln, als sei alles, was er sage, gerecht und das Selbstverständlichste von der Welt.«
So gut kannte Malchatun Salmenikos, daß ihr war, als geschähe alles erst jetzt und vor ihren Augen.
»»Mein Osman<, sagte er«, ahmte Osman den Salmenikos nach, »>du weißt sehr wohl, daß eure Lehen Seraidschik und
Sögüd zu Biledschik gehören. Warum also steigst du nicht ab und küssest mir als deinen Bey nicht die Hand?< Dabei saß er ganz in Schwarz und Gold so herrlich auf seinem Schimmel, und aus einem funkelnden Tscheprast an seiner Mütze quoll eine fremdländische Feder, wie ich nie eine sah, als sei er der Kaiser von Byzanz - und dabei blökten die Hammel so lieblich -, bei Gott, Malchatun, wenn ich nicht an dich gedacht hätte«, spöttelte er, »vielleicht hätte ich ihm den kleinen Gefallen getan, da er so närrisch versessen darauf schien.«
»Sohn Ertoghruls!« empörte sich Malchatun. »Du bringst Schande über deinen Stamm, wenn du so sprichst, selbst im Scherz, und Schande über deine Ahnen. - Ich weiß, was du sagen willst«, dämpfte sie dann ihren Unwillen zu einer Art Mütterlichkeit, »du meinst, daß Macht etwas Wirkliches sei und nicht von einer Form abhänge. Vergiß nie, daß auch die Form eine Wirklichkeit ist. Du kannst nicht immer siegen. Im Unglück aber hält es den Herrn aufrecht, daß die Menschen an ihn glauben. Was, denkst du, hätte dir dein Oheim Dündar gesagt, der dir schon so nicht gewogen ist, was die Pforte? >Wenn er sich zum Lehensmann eines Lehensmannes machen will, hätten sie gesagt, >so möge er es bleiben.<«
»Aber ich tat es nicht!« wehrte sich Osman. »Auch hätte ich es gar nicht gekonnt. Des Salmenikos Knechte zwar zollten ihm Beifall; aber unsere Ertoghruler hättest du hören sollen! Das war ein Pfeifen und Johlen und ein Geschimpfe! Ich mußte die Hand aufwerfen, daß sie Ruhe gaben, wie es vereinbart war.«
»Was denn antwortetest du deinem Helden in Schwarz und Gold auf dem Schimmel?« mißtraute Malchatun immer noch und ließ dabei erkennen, was sie an Osmans Worten so ganz besonders verdrossen hatte.
»>Mein Vater Ertoghrul<, sagte ich«, gab ihr Osman mit einem triumphierenden Knabenlächeln zurück, »>zog als Sieger in Seraidschik ein und in Sögüd, dem Weideplatz. Seit wann küssen die Sieger den Besiegten die Hände?<«
»So war es recht!« bewilligte ihm Malchatun endlich eine kleine Verzeihung. »Und wie verhielt sich Salmenikos?«
»Salmenikos warf einen Blick auf meine Männer, die so fest hinter mir standen und sich vor Begeisterung die Kehlen heiser schrien, und dann meinte er, nachdem ich ihm Ruhe verschafft hatte: >Du bist wahrlich der Sieger, mein Osman. Heute bist du es. Wir wollen das Fest durch alten Streit nicht beenden, ehe es begann. Mögest du und mögen die Deinen vorliebnehmen mit dem, was ich dir bieten kann.< Und dann riefen die Jungens Heil über den Salmenikos nicht weniger als über mich. Wegen der fetten Ochsen taten sie das und wegen der Kannen. Sie meinten es ganz ehrlich, das kannst du glauben!«
Nun erheiterte Malchatun sich doch. Und daß Osman nicht alles ganz so ernst nehmen könne, sei vielleicht auch seine Stärke, dachte sie. Jedenfalls kleide ihn sein Leichtsinn.
»Du bist fast zum Fürchten«, sagte er, »woher wußtest du, was Salmenikos vorhatte?«
»Ich bin eine Hexe«, lachte Malchatun ganz wie ein Mädchen, das sie immerhin war.
»Scheint mir auch so«, antwortete er ihr auf gleiche Weise. »Eine Dschinn bist du; aber eine von der guten Sorte aus Allahs Paradies.« Dabei bedrängte er sie mit seinem Männergeruch aus Schweiß und Leder, und wenn es an ihrer grundsätzlichen Zuneigung zu ihm auch nichts änderte - gegen seine allzugroße körperliche Nähe empfand sie dennoch nichts als Abwehr. So entzog sie sich ihm also mit einer kaum wahrnehmbaren Geste, daß er wie ein gescholtener Junge auf halbem Wege innehielt. Natürlich brauchte er daraufhin eine Ablenkung, und er fand sie.
»Warum tat Salmenikos das?« begehrte er auf. »Warum versuchte er, mich zu demütigen? Versagt hätte ich mich immer - darin hast du mich falsch verstanden -, aber das wäre nur ein halber Sieg gewesen, und daß ich ohne deine Warnung nicht gleich die richtige Antwort zur Hand gehabt hätte, ist einmal ganz gewiß. Und sie war richtig! Bereits am
Abend sangen die Burschen sie an den Feuern, und jetzt ist sie unser Marschlied.«
»Du fragst, warum Salmenikos das
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