Malchatun
tat?« - »Ja«.
»Er tat noch mehr. Du hörtest Gerüchte von Spottreden, die ich über dich geführt haben solle.«
»Ich hörte sie; aber Konur sagte mir, sie seien nicht wahr, und er sagte es mir in deinem Auftrag.«
»So weißt du es denn. Aber du weißt nicht, wer diese bösen Worte auf den Märkten unter die Leute brachte.«
»Bleibt dir denn nichts verborgen?«
»Dies blieb mir nicht verborgen.«
»Doch nicht - Salmenikos . . . ? Malchatun!«
»Nicht gerade er selbst. Dazu ist dein Freund zu fein«, meinte sie, in diesem Punkt noch immer nicht besänftigt. »Sicher hat er sich dazu anderer bedient. Aber du kannst dir sein Gesicht vorstellen, wenn die Rede darauf kam. Das war wohl mehr als nur eine Bestätigung.«
»Aber warum, Malchatun? Warum?!«
»Warum er das tat, möchtest du wissen?«
»Jawohl! das möchte ich wissen. Was du auch sagen magst, so war er doch mein Freund!«
»Stehe auf, Osman, gehe von hinnen und kehre nie mehr zurück. Dann wird er wieder dein Freund sein. Dein sehr guter Freund, mehr als zuvor.« Und da Osman sie nur anstarrte, fügte sie hinzu: »Verstehst du mich nicht? Alles, was Salmenikos gegen dich tat, geschah nur, weil du jetzt neben mir sitzest.«
Nun begriff Osman und sprang auf.
»Das ist hündisch!« rief er. »Erst Manuel und dann Salmenikos. Immer diese Christen! Man sollte ihnen abschneiden, was sie unsere Mädchen allzu hitzig begehren läßt . . .!«
Malchatun war weit davon entfernt, an Osmans Derbheit Anstoß zu nehmen, zu unerträglich war ihr seine Bewunderung für Salmenikos gewesen. Auch kannte sie den Ton in den türkischen Jurten und verlangte von ihm nicht die Umschreibungen, wie sie in den Harems der Großen von Ikonium oder in den byzantinischen Frauengemächern, den Gynaeceen, gebräuchlich waren. Doch die Beweggründe ihres Verhaltens überschnitten sich. Dadurch, daß er Salmenikos mit Manuel auf eine Stufe stellte, hatte er wiederum, ohne es zu wissen, sie selbst angegriffen.
»Es ist nicht ganz so, wie du meinst«, sagte sie. »Du kennst Salmenikos. Du selbst sprachst noch soeben von ihm als von einem Auserwählten, als von deinem Freund. Er ist gut anzuschauen, klug und von feinen Sitten. Höre, was wahr ist«, erstickte sie sein eifersüchtiges Aufbrausen, »wir sollten unsere Augen nie vor der Wahrheit verschließen. Ich will nicht, daß dir das Geringste unbekannt bliebe, was sich zwischen mir und diesem Mann ereignete.«
Offenbar wäre es Osman lieber gewesen, er hätte weniger erfahren; denn als sie ihm von ihrer ersten Begegnung mit Salmenikos am Pursuk erzählte, mußte sie von neuem seinen Zorn beschwichtigen.
»Denke nicht, daß ich dich für besser halte, Osman«, sagte sie. »Salmenikos erblickte mich nur aus der Ferne und verlangte mein Nahen nicht. Er ging. Ihr treibt es nicht immer so glimpflich mit euern Mädchen, wenn euch an einem Bach die Überraschung gelingt.« Darauf konnte Osman nichts erwidern. Er hatte einen schlechten Ruf gehabt, und das nicht zu Unrecht. Aber obwohl sie ihm durch ihr Jungmädchenabenteuer am Pursuk näherrückte, ergrimmte er doch, daß ein anderer Mann sie ohne Kleider gesehen habe. Zugleich entzündete sich sein Begehren an dem Bild von einer im Wasser schreitenden nackten Malchatun, und er am wenigsten hätte zu sagen vermocht, ob er nun unglücklich sei oder nicht. Denn da er der Stunde gewiß zu sein glaubte, da er Malchatun nicht nur wie Salmenikos aus der Ferne betrachten würde, fühlte er sich auch wieder als Sieger.
»So war er es, der dich meine Werbung abweisen ließ?« versuchte er dennoch den Anschein einer Kränkung schmollend aufrechtzuerhalten.
»Es war meine Neigung zu ihm, die mich dich abweisen ließ.«
»Ich hörte nie, daß er um dich warb.«
»Er warb, als es zu spät war.«
»Wie denn zu spät? Da du ihn doch liebtest!« stürzte Osman sich gewaltsam in die Bitterkeit eines Verschmähten.
»Geliebt hatte«, verbesserte sie ruhig. »Verschließe dich doch nicht dem, was war, Osman Ertoghruloghlu! Mehr als einmal ging es für mich um Schande und Tod. Auf der Dschirga zuerst. Und Salmenikos war fern. Du aber warst bereit - widersprich mir nicht, denn ich weiß es! -, du warst bereit, um meinetwillen Stamm und Heimat aufzugeben, und vor Inöni schlugst du dich für mich.«
»Du schlugst dich!« huldigte er ihren Verdiensten. »Du warst der Feldherr dieser Schlacht. Was wäre aus uns ohne deinen Einfall geworden!«
»Wir schlugen uns«, sagte sie; »aber immer warst du
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