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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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fürchtete sich vor ihm!
    In Satalia hatte sie indische Affen gesehen. Beim Anblick von Osmans Armen mußte sie flüchtig daran denken. Mögen lange Arme auch eine günstige, selbst fürstliche Vorbedeutung haben, so sei es doch zum Fürchten, von ihnen umschlungen zu werden. Auch hatte Osman wegen der Wärme an Hals und Brust Rock und Hemd geöffnet, und mit einem gelinden Gruseln sah Malchatun einen Büschel schwarzer Haare quellen.
    Derart ketzerische Gedanken wären Osman in bezug auf Malchatun niemals gekommen. Doch die Vorstellung von einer Frau oder diese selbst anzubeten sind zweierlei. Das hatte Osman bereits in den Nächten erfahren, die er nach Konurs gesegneter Ankunft in seinem Lager zusammen mit der unbeirrbaren Überzeugung von seiner künftigen körperlichen Vereinigung mit Malchatun verbracht hatte. Auch für ihn war alles ganz anders gewesen. Vor eine ganz neue Malchatun, die nicht mehr viel mit einem vergöttlichten Bild zu tun haben konnte, war er in seinen allzu dreisten Gedanken gestellt worden. Die neue Malchatun hatte sich im Schoße seiner entfesselten Begierde und vor allem seiner unbändigen Neugier nach der Enthüllung der Verhüllten gar nicht faßbar gestalten können, immer wieder war sie in seinem Vorstellungsvermögen entglitten. Nun aber sah er sie leibhaftig vor sich, und es war -wie einst und wie immer. Er saß vor Edebalis Tochter, der er Gedanken einräumte, die er nie würde denken können. Dies wie die vornehme Überlegenheit ihrer Gestalt, ihres Lächelns, ihrer Gebärden errichteten eine scheueinflößende Schranke um sie.
    Kein Grenzreiter, sondern ein Knabe saß vor Malchatun. Da sie aber den Knaben hartnäckig im Stich ließ und es vielmehr ihm zuschob, das Schweigen zu brechen, mußte er sich wohl auf den Grenzreiterhauptmann besinnen. Mit keinem Wort berührte er das, was sie beide hier zusammengeführt. Dafür warf er sich mit der Fanfare eines hellen Lachens in die Schilderung männlich-kriegerischen Tuns von erfolgreicher Streife, von Überlistung des Gegners, von Beute und Sieg. Und da er zu seinem Glück nicht ahnte, was sie über ihn dachte, half er mit dem fröhlichen Lärm seinem arg heruntergekommenen Selbstbewußtsein wieder auf und ein wenig sogar seinem ihm vererbten Gefühl einer Überlegenheit des Mannes über das Weib - bis sie allerdings fand, daß es nunmehr genug sei.
    »Und wie war es Tschakirbinari?« unterbrach sie ihn.
    »Über alle Maßen schön!« war die unerwartete Antwort. »Allein an dreihundert Hammel hatte Salmenikos zusammentreiben lassen, das Geflügel nicht gerechnet, und dazu fünf fette Ochsen! Bis zum Platzen haben die Männer sich mit Fleisch vollgestopft. Die Frauen natürlich auch. Dazu gab es Brot und Kuchen und Wein, soviel jeder mochte, und für die Frommen, die keinen Wein wollten, gab es Kumys, aber einen starken!
    Und so kam es, daß die mit dem Kumys am allerersten betrunken waren. Es war wundervoll!« schwelgte er noch jetzt.
    »Und weiter, als daß ihr euch betrankt, ist nichts geschehen?« fragte sie mit einer vollen Ladung weiblicher Ironie.
    »Doch!« meinte Osman ganz unbekümmert. »Gleich zu Anfang. Zum Glück wußte ich ja, woran ich war. So hielt ich meine Leute dicht beisammen. Hinter mir waren meine eigenen Alpe, neben mir, damit sie mir ein Ansehen geben sollten, die Alpe meines Vaters. Uns gegenüber mit seinen Knechten und Zinsbauern standen Salmenikos und David Asanes. Sie hatten ein ganz großes Aufgebot bei sich, und es war kein Zweifel, daß sie sich zeigen wollten. Mit fast mehr Mann waren sie aufgezogen als wir selbst. Aber ich hatte die Ebene im Rücken, und alle wußten Bescheid: beim ersten Anzeichen einer Feindseligkeit ausschwärmen - dann sammeln, zurück und die Biledschiker überflügeln. Wir hatten die schnelleren Pferde, und so konnte uns nicht viel geschehen. Aber im Grunde wußte ich nicht, was meine alte Freundschaft mit Salmenikos getrübt haben könne, und schließlich hat sie sich denn auch wieder bewährt.«
    »Es geschah also gar nichts?«
    »Etwas schon, doch das war mehr zum Lachen. Da du es gewesen warst, die mich hatte warnen lassen, so beobachtete ich alles, was Salmenikos tat, ganz genau. Er ritt einige Schritte vor - ich ebenfalls. Und da er nicht absaß, blieb auch ich wie angeleimt sitzen. So hielten wir eine Weile einander gegenüber: stumm und ohne Begrüßung. Dann erst begann Salmenikos. Du hattest recht, irgend etwas war schon daran, und ich habe mir jedes Wort gemerkt. Du

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