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Malefizkrott

Malefizkrott

Titel: Malefizkrott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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bei uns unten.«
    »Er hat eine Chemikalie benutzt.«
    Lola senkte den Blick.
    »Du kannst Nino ausrichten, dass er zwei Möglichkei ten hat: Entweder er stellt sich zügig der Polizei oder er war tet ab, bis ich herausgefunden habe, wie er es gemacht hat, und den Brandsachverständigen einen Hinweis geben kann. Die werden es ihm dann beweisen. Wenn er es war, ist er dran, so oder so.«
    »Meine Idee war es nicht, echt nicht! Ich wäre auch nie mit so was einverstanden gewesen. Wir hätten alle draufgehen können dabei … So wie eben gerade auch!«
    »Warum hat er es gemacht?«
    »Ich glaube auch nicht, dass er es war. Wir haben nur vorher mal darüber geredet, Nino und ich, wie man es anstellen müsste, damit man populär wird. Wie man ins Fernsehen kommt.«
    »Deutschland sucht die Super-Hexe. Welche brennt am schönsten?«
    Lola lachte. »Gar nicht witzig, deine Witze!« Sie giggelte haltlos. »Voll übel. Gefällt mir.«
    Ich zog den Rauch tief in die Lungen. Das Nikotin entfachte das Endorphinfeuer nach überstandener Tollkühnheit zum Großbrand. Gut gemacht, Lisa, dachte ich, total irre, aber unumgänglich. Das muss dir erst mal einer nachmachen: eine Siebzehnjährige aus der Umnachtung von Intelligenz ohne Lebenserfahrung holen und zur Kooperation zwingen. Lisa, du bist einfach die Größte! »Und da habt ihr gedacht …«
    Lola drückte mit dem Zeigefinger eine Lachträne unterhalb des Kajalstrichs vom Lid. »Nein, nein, wir haben gar nichts gedacht. Wir haben nur überlegt. Bücher gibt es Millionen, jeden Tag erscheinen neue. Da geht meines total unter. Hypen tun die immer nur die von Leuten, die sowieso schon im Fernsehen sind.«
    Ja, das Geld war ihr egal, aber ein Star wollte sie schon werden: rote Teppiche, Scheinwerfer, kreischende Massen. Ich konnte es ihr nicht mal verdenken. Nur ob ein Buch da das Mittel der Wahl war?
    »Deine Mutter ist im Fernsehen«, bemerkte ich. »Die werden dein Buch bald entdecken.«
    »Ich will aber nicht, dass man mein Buch nur beach tet, weil ich die Tochter der Schauspielerin Marlies Schrader bin. Wenn, dann will ich es aus eigener Kraft schaffen, mit dem, was ich kann, was ich zu sagen habe, so wie ich bin.«
    Träumen wir davon nicht alle?
    Ich trat die Kippe ins Gras am Straßenrand. Oben auf der Schnellstraße blinkte eilig ein Blaulicht vorbei Richtung Tübingen. Brontë gehörte nicht zu den Autos, die man sich nicht merken konnte. Sie war auch nicht irgendein Porsche. Mit ihren über vierzig Jahren ähnelte sie eher einem Käfer denn einem Carrera. Ich beschloss, über Seitenwege und Landstraßen nach Tübingen zu schnurpeln. Genug Zeit hatten wir ja.
    Während der Fahrt kam Lola die Idee, Nino anzurufen und sicherzustellen, dass er sich daheim am elterlichen Abendbrottisch befand. Sie nannte mir zwei Beweise: Zum einen hatte sie ihn auf dem Festnetz angerufen, zum andern krawallte im Hintergrund die Soko Stuttgart .

 
     
13
     
    Dass sich so was halten konnte, und das schon seit dreißig Jahren. Wir stolperten die steile Bursagasse hinunter. »Frauenbauch-hihi-laden«, las Lola von den Schaufens tern eines kleinen Eckladens am Ende des Steilstücks ab.
    »Frauen buch laden!«, korrigierte ich.
    »Ach so, ja!«
    Am fernen Ende der Kopfsteingasse leuchtete orangefarben verputzt die Burse, das erste Burschenschaftshaus von Tübingen. Gleich dort floss der Neckar. Einmal im Jahr tat er es für das Stocherkahnrennen der Burschen. Die Verlierer mussten jeder eine Maß Lebertran trinken und dann kotzen.
    Dass sich eine allgemein unbekannte Amazonenkönigin hier so lange hatte halten können! Thalestris lag zwar nahe den Touristengassen der Altstadt, aber eben doch abseits des Konsumrummels. Wer hier stöbern und kau fen wollte, musste über glatte Kopfsteine, holprig gepflastert, die steilste Stelle der Gasse hinuntergehen wollen. Und auch ältere Lesben litten zuweilen an kaputten Knien.
    Vor dem Eckladen standen ein Tisch mit Aschenbe cher und Stühle. Eine Frau saß dort und las Zeitung. Sie blick te auf, als wir stehen blieben. Ein zweifelndes Erkennen erschien auf ihrem Gesicht. »Frau Schrader?«
    Buchhändlerinnen sind alle um die fünfzig und färben sich niemals die Haare. Sie tragen helle Hosen, sportliches Schuhwerk und farbige Oberteile aus Welt- und Umweltläden, Brillen mit herausfordernd roten oder blauen Gestellen und Ketten aus Halbedelsteinen. Sie repräsentieren eine natürliche Weiblichkeit, die leicht ins Blaustrümpfige spielt, einige etwas

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