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Malenka

Malenka

Titel: Malenka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Korschunow
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Stottern geriet: die Sache mit dem Ersatzteil sei erst jetzt akut geworden, übersetzte sie, und er freue sich sehr über das Permit. Wieder wartete Herr Krummbeck draußen in der Halle auf Margot. Er trat zur Seite, aus Herrn Baranows Blickfeld, der auch hier in der Annenburg an der Reception saß.
    »Sie haben mir außerordentlich geholfen, Fräulein Möller.« Er zog ein Päckchen aus der Aktentasche. »Gestatten Sie mir, daß ich mich erkenntlich zeige?«
    »Wieso?« fragte Margot. »Was ist das?«
    »Etwas Stolf für eine Bluse.« Herr Krummbeck flüsterte jetzt, jeder flüsterte bei Offerten dieser Art, wie Margot noch erfahren sollte. »Und vielen Dank.« Er verließ die Halle, aufrecht in seinem abgeschabten, maßgeschneiderten Paletot, und Margot hielt das Päckchen in der Hand.
    »Was wollte er von Ihnen?« erkundigte sich Herr Baranow. »Was haben Sie da?«
    »Einen Blusenstoff Ich weiß nicht...«
    Herr Baranow nahm das Päckchen abrupt an sich und legte es in das Fach unter seinem Tisch. »Geben Sie es zurück, wenn ich Ihnen raten darf.«
    »Ich nehme sowieso nichts.«
    »Das sagt sich so leicht.« Herr Baranow sprach mit geradezu dramatischer Eindringlichkeit. »Weil Sie nicht wissen können, was man Ihnen noch alles anbieten wird. Wertvolle Dinge vielleicht, wenn man wertvolle Dienste erwartet. Aber nehmen Sie nichts, niemals. Und selbst wenn es sich um den Brillanten des Maharadschas von Japur handeln sollte, nehmen Sie ihn nicht. Man muß für alles bezahlen, glauben Sie mir.«
    Ob er irgendwann einmal hat bezahlen müssen? fragte Margot sich am Abend beim Überprüfen des Tages und sah Herrn Baranows Augen. Angst, dachte sie, er hat Angst, dachte an den Blusenstoff, der nützlich gewesen wäre, und an ihre Großmutter und deren Meinung zu solchen Geschäften. »Muß Mensch suchen Vorteil, letzte Hund an Napf kriegt letzte Futter« - bis zu welcher Grenze konnte man damit gehen? Sie suchte in ihren Erinnerungen. »Sollst du singen gute Lied in dein Leben, Malenka, anständige Lied, und nicht rot werden in Gesicht mit Scham«, auch das hatte Anna Jarosch gesagt, obwohl auf andere Dinge gemünzt. Galt es für Blusenstoffe? Und alle Standhaftigkeit eingerechnet, war es noch ein anständiges Lied, das sie sang? Immer wieder die Frage für Margot Jarosch, ehemals Pyritz und nun in der beschlagnahmten Annenburg, abseits der Stadt, ohne genau zu wissen, zu wem sie gehörte, ob zu den Siegern oder den Besiegten.
    Das Schlößchen Annenburg, um die Jahrhundertwende erbaut und Eigentum einer Industriellenfamilie aus dem Ruhrgebiet, lag etwa zwei Kilometer nördlich von Iffenhausen. Ein schottisches Castle en miniature, mit Park und Lindenallee, vielleicht, daß es den Briten deshalb passend erschienen war für ihre Zwecke, kein großer Schaden insofern, als es ohnehin leer stand. Die Besitzer hatten schon seit Vorkriegszeiten nicht mehr im Schlößchen gelebt, jedoch dann und wann Feste dort gefeiert, so daß die neuen Herrn es wohleingerichtet übernehmen konnten, vom Bettzeug bis zur Porzellansammlung in den Vitrinen entlang der breiten Treppe zum ersten Stock, Meißen, Nymphenburg, Limoges, Sèvres. Davon allerdings sollte einiges verlorengehen, zur offenen Freude der Iffenhausener nebenbei, denen der leere, festverschlossene Luxus vor ihren Toren stets zum Ärgernis gereicht hatte. Nicht einmal während des Krieges war es gelungen, das Haus als Lazarett, Erholungsheim für Soldaten oder dergleichen nutzbar zu machen, die Eigentümer seien Freunde von Göring gewesen, so das Gerücht, und gut, daß es wenigstens jetzt nicht nur die Kleinen traf.
    Jedenfalls saßen nun die Engländer unter dem zinnenbewehrten Dach, streng hierarchisch über die Stockwerke verteilt. Im ersten, der Beletage mit dem blauen, dem grünen und dem chinesischen Salon sowie einer Reihe Bäder von wolkiger Eleganz, residierten die Offiziere; neben Colonel Hollet noch Captain Laughan, zuständig für Safety, wozu das Polizeiwesen gehörte, die Feuerwehr, überhaupt jegliche Maßnahme, die der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung diente; außerdem Captain Porter, Culture and Education, also Schulen, Erwachsenenbildung, Kirchen, Jugendgruppen, Theater, Kino, Vereine nebst allem, was es sonst in dieser Hinsicht zu genehmigen, in Gang zu setzen, zu kontrollieren gab; schließlich als vierter der Trade-and Industry-Officer Mr. Henry Willcox, ein Spezialist in Offiziersuniform mit beklagenswertem Akzent und parvenühaftem Benehmen,

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