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Malenka

Malenka

Titel: Malenka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Korschunow
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würde er für den Mißerfolg verantwortlich machen? »Wir wissen doch, wie er sich in eine Sache verbeißen kann«, beschwor sie Herrn Baranow, und so beugte er sich der praktischen Vernunft, leidend, verzweifelt fast, denn seine geistige Integrität, erklärte er Margot bei späterer Gelegenheit, sei das einzige, was er gerettet habe, und es fiele ihm schwer, diesen Rest aufzugeben.
    Dennoch, das Ergebnis ließ sich sehen, gemessen an den Ansprüchen jedenfalls.
    »You are quite all right, Maggie«, lobte Colonel Hollet Margot nach ihrem ersten Auftritt als Dolmetscherin, bei dem es, wie in den meisten Fällen, um ein PERMIT ging, Sammelbegriff für alles, was der Genehmigung durch die Militärregierung bedurfte, Passierschein, Bezugschein, Einfuhrschein, Ausfuhrschein, Scheine jeder Art. Permit, das Zauberwort, ohne das sich nichts, beinahe gar nichts bewerkstelligen ließ.
    An diesem Morgen war der Konservenfabrikant Krummbeck aus Iffenhausen erschienen, um die Erteilung von drei Permits zu beantragen: Nummer eins für die Fahrt eines Lastwagens von Iffenhausen nach Heilbronn, in die amerikanische Besatzungszone also, um dort eine Ladung Feinblech abzuholen; Permit Nummer zwei, damit dieses durch die Zentrale Verteilungsstelle bereits genehmigte Blech zum Zwecke der Herstellung von Konservendosen in die Britische Zone eingeführt werden durfte, nebst einem dringend benötigten Ersatzteil zur Reparatur der Schneidemaschine, und Permit Nummer drei für den Bezug des erforderlichen Benzins.
    Herr Krummbeck, ein sich sehr gerade haltender Herr mit weißem Haarkranz, legte diese Fakten präzise dar, Margot übersetzte sie, nicht kunstvoll, aber gut verständlich, und Colonel Hollet kam zu dem Schluß, daß der Antragsteller das Blech, nicht jedoch das Ersatzteil haben sollte.
    »Tell him that, Maggie«, wies er Margot an.
    »Aber Fräulein«, sagte Herr Krummbeck erschrocken, »was sollen wir mit dem Blech, wenn die Schneidemaschine nicht läuft. Würden Sie bitte versuchen, dem Herrn Oberst das klarzumachen? Und auch, daß es rationeller ist, alles mit dieser einen Fahrt zu erledigen?«
    Doch Colonel Hollet schüttelte den Kopf. »These Germans can’t have everything at once, tell him that, Maggie.«
    »Der Herr Oberst meint, daß er Ihnen nicht so vieles auf einmal genehmigen darf«, dolmetschte Margot und ließ, weil es ihr trotz der bereits abgemilderten Version peinlich genug war, diese jeder Vernunft widersprechende Begründung weiterzugeben, auch noch »diese Deutschen« beiseite, so daß Colonel Hollets Lob für ihre Übersetzungskünste eigentlich nicht gerechtfertigt war. Allerdings könnte man es auch anders sehen: Da Margot nicht nur in diesem Fall, sondern auch künftig versuchte, seine intuitiven Aussprüche und Verdikte zu korrigieren, trug sie viel zum Ansehen der Briten im Landkreis Iffenhausen bei und erleichterte dadurch die spätere Hinwendung zur Partnerschaft.
    Herr Krummbeck, dem eine der größten Fabriken im Kreis gehörte, ging verstört fort, kam aber dann in der Halle noch einmal auf Margot zu.
    »Verzeihung, Fräulein...?«
    »Möller.«
    »Fräulein Möller, ohne das Ersatzteil brauchen wir die Bleche gar nicht erst zu holen. Wieso kann das denn nicht genehmigt werden?«
    »Ich weiß das auch nicht«, sagte Margot.
    »Wir versuchen gerade neu anzufangen«, sagte Herr Krummbeck. »Wenn wir wieder schließen müssen, brauche ich nicht zu verhungern, nur werden dann über fünfzig Arbeiter entlassen.«
    Margot dachte nach. »Es gibt gewisse Anordnungen, an die der Herr Oberst gebunden ist«, sagte sie dann, mit besonderem Respekt in der Stimme, um ihre Loyalität nicht zu verletzen. »Aber wenn Sie morgen die Permits abholen, können Sie ja noch einmal auf das Ersatzteil hinweisen. So, als ob davon noch nicht die Rede gewesen wäre. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Er verstand es, und am nächsten Tag geschah, was Margot vorausgesehen hatte.
    Wozu er das Teil benötige, wollte Colonel Hollet wissen und fragte, nachdem Margot ihm Herrn Krummbecks Erklärung übersetzt hatte, verwundert, warum er das nicht schon gestern gesagt habe, dann hätte er das Permit gleich mitnehmen können. »Tell him that, Maggie.«
    »Der Herr Oberst läßt die Bescheinigung ausstellen«, dolmetschte Margot. »Morgen kann sie abgeholt werden.«
    »Ich bin dem Herrn Oberst außerordentlich verbunden, wenn Sie ihm das bitte übermitteln würden.«
    Herr Krummbeck bedankte sich so überschwenglich, daß Margot ins

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