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Maler und Mädchen - Maler und Mädchen

Titel: Maler und Mädchen - Maler und Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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solchen Wiederauferstandenen nicht sehen.
    »Verschwinde! Verseuch deine Mutter!«
    »Aber ich bin schon seit einer Woche wieder auf den Beinen. Ich esse schon wieder.«
    »Mir egal!«
    Ihr weites weißes Unterhemd mit dem tiefen Ausschnitt. Ihre Bluse aus roten und braunen Bahnen. Ihre Umschlagtücher, ihre Häubchen, ihre Nerzstola, die vor vier oder fünf Jahren eines frühen Morgens ihr ganzes Gesicht hatte aufleuchten lassen, das war sie gewesen, ohne daß sie auch nur die geringste Ahnung davon hatte, worauf er mit der richtigen Palette versuchen wollte zu antworten.
    Sehen ist in einem solchen Moment wissen auf dem unbedarftesten Niveau, ohne die geringste Vorkenntnis.
    »Gut«, hatte er mit halb zugekniffenen Augen geflüstert, war auf sie und den dreieckigen Stuhl, auf dem sie saß, zugegangen, hatte durch die Zähne »bleib sitzen« gesagt und das Ganze ein klein wenig gedreht.
    Ein paar Schritte rückwärts.
    Dann, durch sie hindurchblickend, sein zustimmendes »Ja, meine Herren, jaaaaa …«
     
    Der Apotheker wandte sich ihm zu.
    »Smalte?«
    Mit hochgezogener Augenbraue.
    Die einen Streitpunkt betraf. Eine wiederkehrende Debatte zwischen dem Maler und dem Apotheker, der nicht einsah, weshalb der Meister mit der nach wie vor höchsten Reputation hier in der Stadt an seinem Blau sparen sollte. Das beste Blau kam vom Halbedelstein Lapislazuli, Mijnheer Bol, der verstorbene Mijnheer Flinck, alle hatten sie das Geld dafür übrig oder übrig gehabt. Für das deutlich günstigere Blau, Smalte, nahm man ein Stück Kobaltglas und mahlte es fein.
    Der Maler antwortete nicht einmal. Das Kleid, an dem er in diesem Moment arbeitete, ein Phantasiekleid, nicht eines aus der verbotenen Garderobe seiner Frau, war übrigens rot.
    Er blickte am Apotheker vorbei zur gegenüberliegenden Wand. Die dort hängende Uhr hatte mit ihrem Ticken seine Aufmerksamkeit erregt. Ein sehr neumodisches, überaus ingeniöses Ding, das einen schönen Batzen gekostet haben mußte. Das Gewicht, das, ohne daß man es merkte, an einer Kette nach unten sank, setzte ein Pendel in Bewegung, dessenHin- und Hergeticke ihn an das unbeirrbare Dahintrotten eines Ochsen erinnerte. Er sah, daß die Zeiger erst auf zwanzig vor elf standen.
    »Die kommen schon noch rechtzeitig zur Predigt«, sagte er spöttisch und deutete mit dem Kopf nach draußen.
    Der Apotheker verstand, was er meinte. Er war mit einer der Dosierungen fertig und hielt mit zwei Fingern die schwankenden Zungen der Waage an, sie befanden sich jetzt exakt in einer Linie. Daraufhin ließ er die Erinnerungen an das vergangene Jahr noch einmal aufleben, als das öffentliche Leben wegen der Ansteckungsgefahr fast zum Erliegen gebracht worden war, die Stadtregierung die Menschen jedoch massenweise in die Kirchen beordert hatte.
    »Unglaubliche Mengen bis in den Enge Steeg auf der anderen Seite«, sagte er. »Ich schätze, sie standen manchmal zu Tausenden hier auf dem Oudekerksplein zusammengepfercht. Konnten natürlich kein Wort von der Predigt da drinnen verstehen, wollten das gewaltige Gewetter aber offenbar über sich ergehen lassen.«
    Der Maler reagierte nicht. Täuschte er sich? Er schloß kurz die Augen, öffnete sie wieder und sah noch deutlicher als drei Sekunden zuvor, was er sah. Er hustete und nahm einen Zug aus seiner Pfeife. Alle Passanten ohne Ausnahme trugen die für ihren Stand etwas zu feinen Kleider, die man in diesem Frühjahr für einen Pappenstiel im Pfandhaus bekam, Hosen, Röcke, Mäntel und zweifellos auch die weiche Leibwäsche, aus der man Blut und Schweiß herausgewaschen hatte. Der Mai hat begonnen, dachte er, ein schöner Monat, ein schöner, frischer Frühlingsmonat. Nur ein Narr wird sich an einem Tag wie heute darüber Sorgen machen, was in den Falten seiner Kleidung verborgen ist, wenn irgendmöglich drei Schichten dick über Bauch, Beinen, Geschlecht und Eingeweiden, und was er zu dieser Massenversammlung auf dem Dam mitschleppt.
    »Im Wirtshaus Zum Storchen wissen sie’s wieder mal genau«, sagte der Apotheker.
    Ohne zu ihm hinzuschauen, fragte der Maler: »Was?«
    »Das Datum, auf die Stunde, auf die Minute genau, an dem die Krankheit letztes Jahr mit einer Ladung Teppiche aus Smyrna in die Stadt kam.«
    »Warum nicht.«
    »Meiner Meinung nach kann sie auch gut mit unseren kosmopolitischen Handelsagenten mitgereist sein.«
    Der Maler schwieg. Während der andere sich wieder seinen Waagschalen zuwandte, dachte er daran, wie er mit seiner Frau dem Notar

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