Maler und Mädchen - Maler und Mädchen
von draußen nie und nimmer übertreffen!«
In der Stimmung zwischen den beiden hatte sich etwas verändert. Das kam nicht durch den Jüngeren, sondern durch den Älteren, der eine Miene aufgesetzt hatte, die den Jüngeren neugierig machte.
»Woher weißt du das alles?«
Der Ärger im Gesicht des Älteren trat jetzt noch deutlicher zutage. Oder war es der verzweifelte Ausdruck eines Mannes, der weiß, daß er schon sein Leben lang vom Feuer eines anderen gewärmt wurde?
»Weiß ich eben.«
Der Träumer wackelte mit dem Kopf wie einer, der gleichzeitig ja und nein sagt. Mit haarfeiner Intuition fing er von einem der Maler hier in der Stadt an, einer Koryphäe seiner Meinung nach, wenn nicht, wie er und eine Menge andererwahrer Kenner meinten, der beste, den wir hier je gehabt haben und je haben werden, trotz seines derzeit wüsten Malstils.
Mit zunehmendem Feuer, zischelnd: »Weißt du, ich kenne eigentlich niemanden, der dieses System des Lichts, diese Bestandteile unseres Blicks, diese ähm, ähm, Leuchtbaken unserer Träume so im Griff hat wie er!«
Der andere hatte eine ganze Weile geschwiegen. Er war ein anständiger, sogar ziemlich netter Mensch, der in seinem Atelier gerade vor dem Problem stand, wie er den hellvioletten Schatten eines Stuhls auf einer Wand anlegen sollte, in der Tür im Vordergrund steckte ein nach der Phantasie ausgezeichnet gemalter schwarzer Schlüsselbund. Doch es kann vorkommen, daß ein ehemaliger Schüler auf einmal, wodurch auch immer aus der Bahn geworfen, genug davon hat, ein ehemaliger Schüler zu sein. Das ist normal.
»Ach, der«, hatte er gesagt.
Und nannte, wie sich der Apotheker erinnerte, den Namen des Malers hier neben ihm, der in diesem Augenblick das Stubenlicht so ernsthaft durch sein Glas betrachtete.
ÜBER DAS LICHT AUF DER FRAUENHAUT
Der Maler leerte sein Glas, stellte es ab und spürte, wie ihm der Alkohol in den Kopf stieg.
»Süffig«, sagte er. »Gutes Zeug.«
Der Apotheker erzählte, daß er seinen Met von einem Imker mit einem Apfelgarten in Oudekerk beziehe. Er erzählte auch, daß sie da mit Gärungen von vier anstatt der üblichen drei zu zehn arbeiteten.
»Was sie sonst noch an Geschmacksstoffen hineintun, weiß ich nicht.«
In Gedanken noch bei dem Gespräch zwischen den beiden Meistern, blickte er in den hohen, rechteckigen Raum seines Geschäfts, in den durch das Fenster auf der Straßenseite das Licht fiel.
»Ein paar Insekten, Holzstückchen, eine Apfelsine …« meinte der Maler interessiert.
Der Apotheker goß das Glas seines Kunden noch einmal voll. Die letzten Bemerkungen von gestern brachten ihn auf die Idee, dem Maler einfach herzliche Grüße von dem einen, dem älteren Kollegen auszurichten. Er beschrieb das Pastorengesicht.
»Ah, Samuel«, sagte der Maler. »Braver Junge, begabter Schüler. Hat mit Augen, so funkelnd wie die eines Kavalleristen, alles in sich aufgesogen, was man sagte. Noch die kleinsten, kaum in Worte zu fassenden Dinge wollte er erklärt haben, so genau wie nur möglich, als ob er zu Hause alles Wort für Wort aufschreiben würde.«
Seine eigenen Augen prüften inzwischen, wie das Licht vom Himmel über der Warmoesstraat durch das Fenster gefiltert hereinfiel, das ging wie von selbst. Es hatte schon fast den Ton der angekündigten Stunde angenommen. Der Herr erbarme sich! dachte er und dachte dann schnell an etwas anderes. Die Erinnerung an ein Gespräch mit seinem ehemaligen Schüler, Samuel, kam ihm in allen Einzelheiten wieder in den Sinn.
»Hast du dir den Beruf erst einmal zu eigen gemacht«, hatte er zu dem jungen Mann gesagt, »dann ordnet sich dein Verstand der Geschicklichkeit deiner Finger vollständig unter. Philosophie, Theologie, Wissenschaft, was auch immer,nichts ist so klug wie die Klugheit, die dich beim Arbeiten überkommt.«
Sie hatten im Malzimmer gestanden. Es war noch nicht das große, reiche Haus in der Breestraat gewesen.
»Aber das hast du natürlich schon selbst gemerkt.«
Auf der Staffelei stand eine der intimsten Arbeiten, die der Maler je anfertigen sollte, Leinwand auf Holztafel. Einige Wochen zuvor hatte ihm Ricky für ein paar erste Skizzen als Modell gedient, mitten am Tag, liegend, im Alkoven des Empfangszimmers.
Sie: »So?«
Er: »Ja … Etwas mehr aufrichten … Gut … Sehr gut. Und jetzt ein bißchen zur Seite drehen …«
Sie: »So?«
Er: »Jaaa … Beug dich ein klein bißchen vor … Tu so, als würdest du den Vorhang beiseite schieben …« (Geht mit
Weitere Kostenlose Bücher