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Maler und Mädchen - Maler und Mädchen

Titel: Maler und Mädchen - Maler und Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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einzuwenden? Neulich, würde er ihnen unter die Nase reiben, hatte er einer besonders unglücklich in ihrer Küche ausgerutschten Frau die Schulter wieder eingerenkt, eine Kleinigkeit, und noch in derselben Woche hatte er bei einem lauthals lamentierenden Herrn kühl, mit wissenschaftlicher Präzision, einen doppelten Beinbruch perfekt wieder gerichtet. Ohne sich auch nur im geringsten um das Stöhnen und Fluchen zu kümmern, hatte er eine Schiene angelegt und ein paar Binden darum festgezogen. Und er würde noch nicht mal erzählen, daß man ihn gerufen hatte, als er zufällig bereits drei mit Bier verdünnte Krüge Genever intus hatte. Wer, so würde er vor der Gemeinde plädieren, wer hatte denn unterm Strich mehr orthopädische Kenntnisse, sie, die Ärzte,oder er, der dank der gerichtlich auferlegten Strafe des Räderns jeden Knochenteil des Menschen kannte, vom Schlüsselbein bis zum feinen Skelett des Fußes?
    »Darf ich?«
    Der Gefängniswärter nahm ihm die Pfeife ab. Kurz darauf begannen die Rathausglocken zu läuten. Chris Jansz wurde klar, daß die Arbeit begann; die Rechnung dafür trug er bereits bei sich. Sechs Gulden für das Erdrosseln, acht für das Abnehmen und Aus-der-Stadt-Schaffen des Kadavers, Reisekostenentschädigung zwei fünfzig.
     
    Es war ein sehr kurzer Moment gewesen.
    Sie hatten das Mädchen zusammen mit dem Pfarrer und dem Dolmetscher vertraulich beiseite genommen, das Licht von draußen lag auf ihrem Gesicht. Es war blaß, mit den zarten blauen Ringen einer durchwachten Nacht unter den Augen. In einigen Schritten Entfernung die anderen. Sie hofften mit aller Macht auf das, was noch fehlte. Wie gern hätten sie ihr Herz, ihr Gewissen mit diesem schönen, kleinen Wunder beruhigt! Das Kind des Todes, ach, das jetzt doch als Kind Gottes sterben wird! Der Pfarrer war über seinem weißen Kragen bleich vor Hingabe gewesen. Er hatte das Gebet in verkürzter Form noch einmal aufgesagt, sehr langsam, Satz für Satz wegen der Übersetzung. Mit zwingendem Blick hatte er dabei den Dolmetscher angesehen, nicht das Mädchen. Was der ehemalige Schiffskoch nach bestem Können im folgenden daraus machte, konnte er natürlich nicht wissen.
    Aber sie hatte zugehört. Das war zu sehen gewesen. Sie hatte ihren Landsmann nachdenklich angeblickt, auch als dieser ihr zum Schluß das Allerwichtigste übermittelte. Daßdie Herren hier wissen wollten, ob sie ihre Tat, ihre Last, variierte der Schiffskoch noch, bereue, die ihre zerbrechlichen Schultern erdrücke …
    Darauf dieser sehr kurze Moment. Während dessen der eine oder andere im Raum sich fassungslos fragte, was im Kopf des Mädchens vor sich gegangen sein mochte, als ihr Mund dieses dänische Wort sprach, diese eine Silbe, die jeder verstand.
    Der Dolmetscher hatte betreten aufgeblickt.
    »Sie sagt nein.«

24
Töten, morden
    Sie hat mit einer Hand das Beil ergriffen, es mit Hilfe der anderen Hand erhoben, einen Schritt zurück getan und in derselben Bewegung zugeschlagen. Sie hat die Schlaffrau ziemlich hart seitlich am Schädel getroffen, die Wunde begann sofort stark zu bluten. Als die Schlaffrau das Gleichgewicht verlor und unter überraschtem Geschrei gegen sie taumelte, glich es einer Umarmung, ihr Unterkiefer, ihr Hals und die Kleidung waren sofort mit dem klebrigen Blut einer Fremden beschmiert. Sie stieß die Frau mit den Schultern von sich, trat zurück und faßte den Stiel fester. Ihr zweiter Schlag gelang nur halb, da die andere im selben Moment einen Schritt zur Seite tat, und streifte die Schulter. Danach gab es einen gefährlichen Moment, gefährlich nach dem Gesetz des Bösen, denn die beiden sahen einander an, keuchend, freiweg, mit einem Blick, der eine Sekunde lang nichts mit dem Beil zu tun hatte. Elsje sah ein schwammiges Gesicht mit aufgerissenen Nüstern und Tieraugen, Schwein oder Kuh, deren Ausdruck sie, sofern sie es überhaupt gewollt hätte, unmöglich hätte ergründen können. Sie sah, daß die weiße Haube der wie ein Stier blutenden Frau in den Nacken gerutscht und daß die schwere Brust unter einer mit blauem Band verzierten anthrazitgrauen Schürze verpackt war, so ein knöchellanges Ding, das man an den Zipfelnhinten auf Hüfthöhe bindet. Sie hob erneut das Werkzeug, das bereits ganz das ihre war, und gehorchte damit, ohne zu zögern, dem wahnsinnigen Drang, dem festen Entschluß, das Weib zu töten, wenn nötig zwei- oder dreimal.
    Ein Zwischenfall.
    Ein Zwischenfall zwischen zwei Frauen. Kein einziger Zeuge, die

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