Malerische Morde
Hüften.
Die Frau passt bestens in diesen Eispalast, mein Bester. Der arme alte Pinselquäler Hermann hatte bestimmt nix zu lachen mit seinem rothaarigen Zuckerpüppchen
.
Als die frische Witwe wieder hereinkam, hielt sie ein kleines Telefon ans Ohr gepresst. »Ja, sicher …«
Sie lächelte Herbie kurz an und führte mit der Person am anderen Ende der Leitung das Gespräch fort. »Warum? … Nein, nein. Das war sehr schön. Es gibt kaum Neues, aber rufen Sie mich ruhig wieder an. Aber natürlich wäre ich froh, wenn wir uns bei Gelegenheit persönlich kennen lernen würden, Herr …« Es folgte eine kurze Pause, in der sie andächtig lauschte. »Herr Heinen, ja, genau. Und was bedeutet ›F. A.‹?«
Herbies Hände hätten sich gerne in die Sitzfläche gekrallt, aber da war nichts, an dem sie Halt fanden.
»Auf Wiederhören.«
Während sie den Knopf an ihrem Telefon drückte, um das Gespräch zu beenden, lächelte sie still in sich hinein. Dann nahm sie einen Schluck Kaffee und grinste Herbie an.
Im Kalten Krieg hätte es jetzt geheißen, du bist ›verbrannt‹
.
›Kalter Krieg‹ passt zu diesem Haus, findest du nicht?
»Und wer sind Sie?«
»Ich heiße Herbert Feldmann.«
›Undercover-Herbie‹. Auch als ›Herbert die Wühlmaus‹ bekannt. Seine Ostblock-Freunde nennen ihn ›das Chamäleon‹
.
»Wie kommen Sie nur dazu, mich hier auszuhorchen? Wonach suchen Sie? Finden Sie mich am Ende so interessant?« Ihr Lächeln war das einer amüsierten Beobachterin. Sie genoss es, dass Herbie sich auf ihrem Ledersofa wand wie ein kleiner Hund, den man dabei ertappt hatte, wie er in die Zimmerecke pinkelte.
»Mein Freund wird zu Unrecht des Mordes beschuldigt. Köbes … ich meine, Jakob Nießen war nicht der Täter, Frau Delamot, das schwöre ich Ihnen.«
In diesem Augenblick zerbrach die kühle Fassade der Witwe mit einem Schlag. Sie sprang aus ihrem Ledersessel auf und die Kaffeetasse kippte um. Auf den schneeweißen Fliesen entstand eine braune Lache, die farblich so gar nicht zu diesem Raum passen wollte.
»Vor die Tür«, zischte sie und streckte den schlanken, weißen Arm in Richtung Haustüre aus.
»Ich hätte Sie ja nicht belogen, wenn ich nicht genau diese Reaktion erwartet hätte, Frau …«
»Raus!«
Lass uns gehen, mir wird langweilig
.
Herbie trottete mutlos zur Haustür und vermied es, ihr in die Augen zu sehen.
»Sie verdammter, kleiner Dreckskerl. Ich sollte Sie augenblicklich bei der Polizei melden, Sie Schnüffler.«
Als sie die Haustür aufriss, packte sie ihn zielsicher beim Kragen und drehte ihn unsanft zu sich herum. »Wenn Sie sich diesem Haus noch einmal auf hundert Schritte nähern, treten ich Ihnen so was von in die Eier, dass Sie das in Ihrem ganzen Leben nicht mehr vergessen werden!«
Das ist nun mal der Jargon, der in einer öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt gepflegt wird. Da kannst du nichts dran machen
.
»Aber mein Freund Köbes …«
»Dieser Kerl hat meinen Mann auf dem Gewissen! Und ein blutjunges Mädchen! Und ich hoffe, sie sperren ihn für immer und ewig in den Knast, Ihren sauberen Freund.«
Dann flog die Haustür donnernd hinter Herbie ins Schloss.
Das Erste, was er wieder bewusst wahrnahm, waren die verblüfften Gesichter der holländischen Touristenfamilie. Der Vater schoss ein Foto von ihm.
»Lass uns abhauen«, knurrte Herbie. »Bevor sie sich’s anders überlegt und mich kalt macht und in ihr Wohnzimmermobiliar einreiht.«
Neuntes Kapitel
Als Nächstes versuchte Herbie ein öffentliches Telefon zu finden, mit dessen Hilfe man telefonieren konnte, indem man Münzen benutzte. Als diese Bemühungen fruchtlos verliefen, besorgte er sich in Stadtkyll eine Telefonkarte.
Er erreichte unter Ulis Privatnummer lediglich den Anrufbeantworter und wählte die Klinik an.
Nach mehrmaligem Durchstellen hatte er schließlich Ulrike am Hörer.
»Natis Wohnung? Du machst mir Spaß. Du hast doch nicht etwa vor, den Eltern auf den Keks zu gehen, oder?«
»Ach was, nur so.«
»Herbie!«
»Nein, wirklich. Ich möchte nur mal wissen, wo sie wohnt. Mal dran vorbeifahren, mir das angucken, du weißt schon.«
Am anderen Ende war Stille.
»Ich kann natürlich auch versuchen, das anderswie rauszukriegen. Euer Personalbüro weiß doch sicher …«
»Untersteh dich!«, fuhr Uli dazwischen. »Also gut. Sie hat in Walsdorf gewohnt. Da, wo auch der Bruder vom Wolfgang wohnt, meinem Freund. Wir sind heute Abend zu einem Polterabend eingeladen. In Walsdorf. Komm doch
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