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Malerische Morde

Malerische Morde

Titel: Malerische Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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sich auf ein Wiedersehen. So steht es auf dem Umschlag geschrieben. Wahrscheinlich hat er es sich anders überlegt und beschlossen, ihn mit dem Bild zusammen persönlich zu übergeben.«
    Sie war plötzlich sehr aufgeregt. »Von Hermann? Ein Brief? Das ist ja zu dumm …« Sie tastete auf dem kleinen Nachttischchen neben ihrem Bett herum. »Meine Brille. Wo ist denn nur … Bitte, lesen Sie es mir vor, tun Sie mir den Gefallen. Ich kann es gar nicht erwarten.«
    Herbie zögerte einen Moment, dann riss er das Kuvert auf. Im Inneren fand er ein zusammengefaltetes Blatt, dessen Inhalt er kurz überflog. Seine Lippen formten stumm die Silben, die er las.
    Julius und Frau Delamot hatten ihre Blicke angespannt auf sein Gesicht gerichtet.
    Herbie begann zu grinsen. Er hob schließlich den Kopf und strahlte die beiden an.
    Nun mach schon! Sag uns, was drinsteht! Oder sollen wir dich erst foltern?
    »Frau Delamot, eins steht fest: Es ist wirklich ein Glück, dass wir diesen Umschlag gefunden haben, bevor er dieser Debbie in die Hände fallen konnte. Hermann Delamot hat Ihnen all seine Bilder vermacht.«
    *
    Skizzen wirbelten durch die Luft, Gemälde schlitterten über den Boden, und immer wieder warf Deborah Delamot ihre Mähne zurück, die ihr ins schweißnasse Gesicht wirbelte.
    Sie fluchte seit einer Dreiviertelstunde fast ununterbrochen und die unglaubliche Menge der Bilder nahm ihr mehr und mehr den Mut, dass sich das Objekt ihrer Begierde so schnell finden lassen würde, wie sie sich das erhofft hatte.
    Vielleicht hatte Hermann es ja auf den Dachboden verbannt, oder sogar … Natürlich! Dass sie nicht früher darauf gekommen war! Es hing womöglich im Schlafzimmer. Das würde zu Hermann passen, so oft, wie er in letzter Zeit von Ingrid geredet hatte!
    Sie rappelte sich auf, rutschte auf einer Mappe voller Bleistiftzeichnungen aus und riss im Fallen die Staffelei um. Es gab einen entsetzlichen Krach. Terpentin ergoss sich über den alten Teppichboden, und sie hatte Mühe, auf dem glitschigen Untergrund wieder hochzukommen. Sie taumelte vorwärts und wankte reichlich angeschlagen durch die Zimmertür in den Flur und auf die Treppe zu. Ihre Wut kannte in diesem Moment keine Grenzen mehr. Als sie im Flur ein nächstes Mal ausglitt und stürzte, fiel sie mit dem Gesicht auf etwas Hartes.
    Ein schwarzer, abgetretener Schuh schälte sich direkt unter ihrer Nase aus der Dunkelheit. Weil sie ihn angeekelt wegstoßen wollte, bekam sie mit der Rechten das dazugehörige Bein zu fassen. Als ihre Hand – noch bevor sie eigentlich richtig begriff, was hier vor sich ging – plötzlich auf dem teigigen Bauch des toten Mannes auf der Kellertreppe lag, geriet in ihrem Kopf irgendetwas gehörig durcheinander.
    Wenige Minuten später rannte Deborah Delamot kreischend aus dem Hausflur hinaus in den strömenden Regen und wurde erst viel später wieder etwas ruhiger, als ein Notarzt, der kurz nach der Polizei eingetroffen war, ihr im Gästezimmer des Nachbarn gewaltsam eine Beruhigungsspritze verpasst hatte.

Neunzehntes Kapitel
    In Rekordzeit hatte es Herbie fertiggebracht, mit Ulrikes Auto zurückzufahren und das Überbrückungskabel zwischen den beiden Autobatterien zu installieren.
    Ein Frührentner aus Ostwestfalen-Lippe, der wegen eines umgeknickten Knöchels nicht am Seniorenspaziergang um das Maar herum teilnehmen konnte und im Bus warten musste, wurde zwangsverpflichtet, im Twingo das Gas hoch zu treten, während Herbie den Kombi reaktivierte.
    Der dürre Herr mit ungesunder Gesichtsfarbe verzerrte schmerzgepeinigt das Gesicht, während er mit seinem schlimmen Fuß das Gaspedal betätigte.
    Du würdest nicht davor zurückschrecken, einen Armamputierten zu bitten, mal ›mit anzupacken‹, oder einen Blinden zu fragen, ob er mal ›gerade ein Auge drauf werfen‹ kann, was?
    »Wir haben jetzt überhaupt keine Zeit für solche Zimperlichkeiten.« Herbie ließ den Motor aufheulen und setzte eine triumphierende Miene auf. Dann sprang er aus dem Auto, packte den gequälten Herrn im sandfarbenen Blouson an der Schulter und komplimentierte ihn aus dem Twingo heraus. »Vielen Dank«, war das Einzige, was er hervorbrachte, bevor er ihn zurück zu seinem Bus schickte.
    Er sperrte den Twingo ab und fuhr mit dem Kombi zur Altburg. Er hatte Glück. Ulrike hatte gerade eine Tasse Brühe in die Mikrowelle gestellt, um ihre Mittagspause zu genießen und erklärte sich maulend bereit, mit ihm zurück zum Parkplatz zu fahren, um ihr Auto

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