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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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zu. Auch er hatte es gesehen. Ganz bleich war er geworden und seine Hände zitterten.
    »Lauf weg!«, befahl er dem Mädchen. »Lauf weg, so schnell du kannst und so weit es nur geht.«
    Doch Catalina hörte nicht auf ihn. Wie erstarrt blieb sie stehen und alles, was sie denken konnte, war, dass sie auf gar keinen Fall einfach so davonlaufen würde.
    Hier war ihr Zuhause. Die Windmühle war alles, was ihr etwas bedeutete. Die vielen Karten, die zwei Räume, der Herd und der Kräutergarten draußen auf dem Dach. Der alte Márquez, der sich um sie gekümmert hatte, als sie dachte, von allen verlassen worden zu sein. Und wo sollte sie auch hin? Einfach in die Nacht hinauszuflüchten erschien ihr wenig klug. Überhaupt: Vielleicht irrten sie sich ja. Vielleicht war der Harlekin-Mann nichts weiter als ein hundsgewöhnlicher Gauner, der den Kartenmacher bestehlen wollte?
    Vielleicht, vielleicht, vielleicht…
    Der Harlekin-Mann drehte den Kopf zur Seite, wie ein Raubvogel, der seine Beute betrachtet. Dann ging alles sehr schnell.
    »Lauf!«, schrie der alte Márquez.
    Fast im selben Augenblick setzte sich der Harlekin-Mann in Bewegung. Er sprang auf den alten Kartenmacher zu.
    Nein, das war nicht richtig.
    Es war Catalina, auf die er es abgesehen hatte.
    Die Handschuhe, die der Harlekin-Mann trug, griffen nach dem Mädchen und der Gedanke, dass auch in diesen Handschuhen nichts anderes war als Dunkelheit, blitzte so schnell auf, dass Catalina ihn kaum fassen konnte.
    Schon war der Maskierte fast heran, als sich der Kartenmacher dem Wesen in den Weg stellte. Arcadio Márquez schlug ohne Vorwarnung mit dem Schürhaken zu. Der Harlekin-Mann aber duckte sich, sodass der erste Schlag ins Leere ging.
    »Verschwinde!«, schrie ihn der Kartenmacher an. Der Zorn in seiner Stimme verdeckte nur schwer seine Furcht.
    Catalinas Blick irrte durch den Raum. Etwas – irgendetwas, das sie als Waffe benutzen konnte! In Ermanglung etwas Besseren entschied sie sich für einen der Holzstühle aus der Küchenecke.
    Kurz entschlossen hielt sie den Stuhl hoch über den Kopf und schlug damit nach dem Eindringling. Der Harlekin-Mann, der sich auf den alten Kartenmacher mit dem Schürhaken konzentriert hatte, zischte sie wütend an.
    Blitzschnell kam er auf sie zu, entriss ihr den Stuhl und packte sie fest am Hals. Das Mädchen keuchte und rang nach Luft, so fest war der Griff. Catalina wand sich in den Armen des Fremden, dessen Maskengesicht dem ihren auf einmal ganz nahe kam.
    Oh nein, bitte nicht, flehte sie in Gedanken. Die Augenschlitze kamen näher und näher. Und mit ihnen die Dunkelheit.
    »Lass sie los!« Der alte Márquez ließ den Schürhaken auf den Arm des Mannes niedersausen.
    Der eiserne Griff der langen Finger lockerte sich und plötzlich wurde Catalina zu Boden geschleudert. Sie fiel auf den Rücken, doch als sie versuchte, sich abzurollen, prallte sie mit der Seite gegen die Königsspindel. Der Schmerz raubte ihr fast den Atem.
    Der alte Kartenmacher, das sah sie noch, holte zu einem weiteren Schlag aus. Der Schürhaken traf sein Ziel mit voller Wucht. Die schwarz-weiße Maske fiel mit einem dumpfen Ton auf die blank polierten Holzdielen, aber sie zerbrach nicht. Sowohl das Mädchen als auch der Kartenmacher konnten nun einen Blick auf das Gesicht des Fremden erhaschen.
    Der alte Márquez starrte entsetzt und wie gelähmt auf die Stelle, wo vor wenigen Augenblicken noch die Maske gewesen war. Jene Stelle, an der nun gar nichts mehr war.
    Sie war leer.
    Catalina schnappte nach Luft, wollte gar nicht hinsehen – und doch gelang es ihr nicht, den Blick abzuwenden.
    »Was ist das nur?«, hörte sie den Kartenmacher flüstern.
    Nur finsterste Dunkelheit war an der Stelle, an der das Gesicht des Fremden hätte sein müssen. Rabenschwarze Nacht, nichts weiter. Ein Schatten, der sich bewegte, irgendwie.
    »Catalina, lauf endlich fort. Du hast nicht mehr viel Zeit, um…«
    »Sie müssen mitkommen!«, keuchte Catalina. »Ich lasse Sie nicht allein!«
    Der alte Kartenmacher stand noch immer stocksteif da. Dem Harlekin-Mann floss die Finsternis aus dem Gesicht und es sah aus, als tropfe sie in die wuselnden Schatten auf dem Boden. Erschrocken wich Catalina zur Leiter zurück, die in den oberen Stock führte.
    »Nun kommen Sie doch endlich!«, schrie sie Márquez an. »Kommen Sie!«
    Der Kartenmacher zeigte keine Reaktion. Er hatte ihr den Rücken zugewandt, sodass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Worauf wartete er denn noch?
    Der

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