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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Menschen, ja, lebendige Menschen, ins Verderben geschickt. Denn was immer den armen Leuten auch widerfahren sein mochte, es konnte einfach nichts Gutes gewesen sein.
    Sie allein trug die Schuld an dem, was geschehen war.
    Ein papierenes Heulen zerriss die Mittagshitze. Es kam näher und näher.
    »Pass auf!« In letzter Sekunde konnte Catalina noch einer Dampfdroschke ausweiche, die die Avenguda herunterratterte und sie fast erwischt hätte.
    Jordi zog sie weiter.
    Und Catalina folgte ihm. Ihr Atem rasselte, salziger Schweiß rann ihr in die Augen. Sie konnte kaum noch etwas sehen.
    »Warte Jordi«, rief sie. »Ich…«
    Doch in dem Moment blieb sie mit einer Sandale an einem Pflasterstein hängen, der mitten aus dem Weg herausragte wie ein stumpfer Zahn.
    Sie strauchelte, stürzte, fiel hart zu Boden.
    »Oh, verdammt.« Sie hielt sich den Fuß fest.
    Sofort war Jordi da und kniete neben ihr. Behutsam berührte er den Knöchel ihres rechten Fußes.
    Catalina schrie auf.
    »Kannst du ihn bewegen?«
    Sie wurde bleich. »Ja.«
    »Kannst du laufen?« Er stützte sie.
    Sie versuchte aufzutreten, ganz langsam. Der Schmerz fuhr ihr durch den Körper wie eine glühende Nadel.
    Jordi blickte sie an und in seinen Augen stand die Angst. »Du hast dir den Fuß verstaucht.«
    Sie biss sich auf die Lippen.
    »Was jetzt?«
    »Du wirst auf gar keinen Fall schnell genug sein, um…«
    Hinter ihnen raschelte es bedrohlich. Pérez und Reverte kamen näher.
    »Ich trage dich!«
    Sie schüttelte den Kopf. »Bis zur nächsten Ecke? Vergiss es! Nie im Leben sind wir schnell genug.«
    »Hast du einen besseren Vorschlag?«
    »Du musst allein weiter.«
    Er schüttelte den Kopf. »Du spinnst wohl. Ich lasse dich nicht zurück.«
    »Das musst du aber.« Es gab keine andere Lösung.
    Ratlos schaute Jordi in die Richtung, aus der das Geheul erklang. Die Verzweiflung war ihm deutlich anzusehen. »Sie werden gleich hier sein.«
    Catalina gab ihm einen Stoß. »Lauf schon los!« Sie drückte ihn von sich weg.
    Er blieb stehen, wo er war. »Vergiss es.«
    »Dann fangen sie uns beide.«
    Verzweifelt fuhr er sich mit beiden Händen durchs Haar. Dann bückte er sich, riss den lockeren Ziegelstein aus dem Boden, über den sie gestolpert war, und warf ihn mit aller Kraft gegen eine Hauswand. »Verfluchter Miststein!«, schrie er. »Verflucht, verflucht, verflucht!« Hastig lief er auf und ab.
    »Du musst dich verstecken.« Er rannte zur Brücke, lehnte sich über das Geländer und schaute nach unten. »Da!« Er kam zu ihr zurückgelaufen.
    Catalina sah auf die schmale Treppe, die zum Kanal hinunterführte. »Sie werden uns wittern, wenn wir uns dort verstecken.«
    Er schüttelte den Kopf. »Glaub mir, sie werden erst gar nicht auf die Idee kommen, da unten nach dir zu suchen.«
    Sie hatte geahnt, dass er so etwas sagen würde. Und mit voller Wucht traf sie die Erkenntnis, dass er es ernst meinte. Sie würde nichts tun können, um ihn daran zu hindern.
    Hilflos schüttelte sie den Kopf.
    »Hast du eine bessere Idee?«, fragte er. Seine Stimme klang plötzlich sehr sanft.
    Wieder schüttelte sie den Kopf, mutlos. Nein, sie hatte natürlich keine bessere Idee. Ihr Fuß schmerzte, sie konnte nur humpeln und es mochte nur noch wenige Augenblicke dauern, bis Reverte und Pérez sie erreichten.
    »Komm schon! Schnell!« Er half ihr auf die Beine.
    Catalina legte einen Arm um seine Schulter und da war wieder dieser wunderbare Geruch. Das dunkle Haar roch nach Sonne und Meer.
    »Du wirst dort unten bleiben«, sagte er, »und ich werde sie in die Irre führen.«
    »Und wenn sie dich kriegen?«
    »Sie wollen mich doch gar nicht.«
    Mit einem Fuß sprang sie von Treppenstufe zu Treppenstufe und Jordi stützte sie dabei.
    »Du weißt, was sie mit den Leuten machen.«
    Jordi sah kurz zur Seite. »Seit ich dich kenne, habe ich erstaunlich viel Glück«, sagte er. Dann lächelte er verwegen. »Außerdem kann ich verdammt schnell laufen.«
    Sie funkelte ihn wütend an. »Hör auf, den Helden zu spielen!«
    Sie hatten die Treppe hinter sich gebracht. Unter der Brücke war es dunkel. Ein runder Bogen spannte sich über den Kanal und keinen Meter von der Wand plätscherte leise das Wasser gegen das Ufer.
    »Ich spiele nicht den Helden«, erwiderte Jordi. »Ich…« Er riss sich ein Stück von seinem Hemdsärmel ab und band den Fetzen stümperhaft und doch liebevoll um Catalinas Knöchel. »Das wird ein wenig helfen.« Er stand auf.
    Sie sahen einander an.
    Kurz nur, und doch

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