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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Ja, gar kein Zweifel. Er würde zu ihr zurückkehren. Und dann? Vielleicht wäre ihr der Kuss mittlerweile peinlich?
    Zu all diesen Fragen gesellten sich weitere: War es richtig gewesen, sie dort allein zu lassen? Hatte sie noch Schmerzen? Was, wenn die Schattenaugenmenschen sie unter der Brücke finden würden?
    Er merkte, wie er die Luft anhielt.
    Bald würde sich zeigen, ob sein Plan etwas wert war. Der Oleanderbusch verbarg ihn gut und der starke Duft der Blüten müsste, so hoffte er, seine Fährte zudem verschleiern. Außerdem roch er jetzt nach den frisch gewaschenen Klamotten.
    Dann sah er sie. Durch einen Spalt zwischen den kunstvoll geschwungenen Lücken in der Balustrade warf er einen Blick hinunter in die Straße vor dem Kanal. Die Kreaturen näherten sich.
    Die eine groß, die andere klein.
    Die eine mit Bart, die andere ohne.
    Und doch hatten sie nichts mehr Menschliches an sich. Wie die zerknitterte Mischung aus einem Menschen und einem aus braunem Papier gefalteten Schakal, so sahen Reverte und Perez jetzt aus. Jedenfalls war es das Einzige, was Jordi bei ihrem Anblick einfiel. Noch niemals zuvor war er etwas Ähnlichem begegnet. Sie sahen aus, als habe jemand ein Buch über ägyptische Raubtiere mit den Bibliotheksgehilfen gekreuzt.
    Pechschwarze Augen funkelten in den Gesichtern, die Schnauzen hatten und dennoch an die Gesichter von Pérez und Reverte erinnerten, nur wildwütend und mordlüstern. Sie schnüffelten aufgeregt, als sie unten die frische Fährte suchten. Sie standen an genau der Stelle, an der Jordi vorhin haltgemacht hatte.
    Dann hob einer von ihnen den Blick und starrte nach oben. Es war Reverte, der wie ein Schakal schnupperte.
    Erschrocken starrte der Junge auf seine Hand. Ein Schreck durchfuhr ihn, dem blankes Entsetzen folgte.
    Der Verband! Reverte hatte ihm die Hand mit den Binden umwickelt! Wenn er eine so gute Nase hatte, wie es aussah, dann…
    Jordi schluckte.
    Der Reverte-Schakal hielt das Schnauzengesicht in den Wind und schnüffelte erneut.
    So schnell es nur ging riss Jordi den Verband ab. Er musste ihn loswerden, unbedingt. Die Frage war nur, wie.
    Warum, in aller Welt, fluchte er, hatte er vorher nicht daran gedacht? Er war so stolz gewesen auf seine Idee, die Kleidung auszutauschen, dass er den Verband dabei ganz vergessen hatte.
    Ein leichter Windstoß bewegte den Oleanderbusch.
    Jordi beachtete ihn nicht.
    Mit nur einer Hand war es gar nicht so einfach, den Verband schnell aufzuwickeln.
    Dann war da mit einem Mal etwas in seinem Gesicht. Er zuckte zusammen. Eine Oleanderblüte hatte sich ihm mitten auf die Nasenspitze gesetzt. Aufgeregt hüpfte sie dort herum und ein leichter Wind säuselte dem Jungen um die Ohren.
    El Cuento? Er flüsterte den Namen, ganz leise. Die Oleanderblüte hüpfte einmal auf und ab. War das eine Antwort?
    Er hielt den Verband in der gesunden Hand. Der Wind wehte ihm um die Finger und zupfte an dem Stoff. Jordi ließ los.
    Wie von Geisterhand wirbelte das Leinentuch über das Häuserdach hinweg und war verschwunden.
    Unten auf der Straße drehte Reverte ruckartig den Kopf. Er knurrte tief. Wie ein Rascheln von altem Papier, so klang es. Dann sprintete er los, lief in eine an die Carrer angrenzende Gasse und kehrte nach wenigen Sekunden mit dem Verband zurück. In den Händen, die noch menschlich waren, hielt er den Stoff und ließ Pérez daran schnuppern.
    Jordi wagte nicht, Atem zu holen.
    Reverte bellte seinem Kollegen etwas zu. Eine Mischung aus Worten und Hieroglyphen troff ihm über die Lefzen. Unschlüssig hielten sie erneut die Schnauzen in den Wind.
    Es funktioniert, dachte sich Jordi. Sie nehmen unterschiedliche Witterungen auf!
    Die Dampfdroschke und die Gondel.
    Es funktionierte tatsächlich. Reverte lief den Weg nach Westen entlang zur Dampfdroschke und Pérez folgte der Fährte der Gondel.
    Jordi versank im Oleanderbusch und schloss die Augen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, und während er sich langsam beruhigte, kehrten seine Gedanken zu Catalina zurück, die noch immer unter der Brücke war.
    Die Angst um sie war mit einem Mal so stark, dass es fast schon schmerzte. Er betrachtete die verbrannte Hand. Ja, er hatte es für sie getan. Er hatte sie retten wollen, weil er schon während der Flucht auf dem Flickenfetzen geahnt hatte, wie sehr er sie mochte. Obwohl, eigentlich war es um ihn bereits geschehen gewesen, als Catalina mitsamt des Flickenfetzens in ihn hineingerast war. Sie hatte sich aus dem staubigen Fetzen gewickelt

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