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Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt

Titel: Malfuria. Das Geheimnis der singenden Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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so lange.
    Dann kam er ihr nah, ganz nah. Sie spürte seine Lippen auf ihren. Jordi küsste sie! Einfach so, ohne vorher zu fragen.
    Niemals zuvor hatte Catalina einen Jungen geküsst. Seine Hände berührten zögerlich ihre Haare, so vertraut, als hätte er es immer schon tun dürfen. Er wollte etwas sagen, doch sie legte ihm den Finger auf die Lippen.
    Jordi lächelte. Hinter all der Verwegenheit konnte er die Angst nicht verbergen. »Bis bald.« Es war ein Versprechen.
    Catalina zog ihn an sich und tat es erneut und wünschte sich, ihn nie wieder loslassen zu müssen. Weil sie Jordi Marí ihren ersten Kuss gegeben hatte, weil das Glück sie so unverhofft angesprungen hatte und weil die Welt kurz, ganz kurz, schön geworden war.
    Jordi sah sie an, ein letztes Mal. Seine Augen leuchteten.
    »Viel Glück«, flüsterte sie. »Pass bloß auf dich auf!« Doch was sie meinte, war viel mehr.
    Im nächsten Moment schon war er losgelaufen und Catalina konnte nichts tun, als ihm nachzuschauen. Sie sank zu Boden, zog die Beine an, schlang die Arme darum und schloss die Augen. Sie fühlte sich glücklich und allein und verlassen und sie hörte Jordis Schritte, wie sie sich oben auf der Brücke entfernten.
    Dann zerschnitt das Heulen die Hitze des Tages. Zwei Gestalten näherten sich. Catalina konnte spüren, dass sie jetzt oben auf der Brücke waren. Etwas schepperte, gefolgt von einem Rascheln, das ein Knurren sein wollte. Schließlich entfernten sich die Geräusche, doch Catalina hielt noch immer den Atem an. Sie zitterte am ganzen Leib.
    Insekten surrten in der Luft, von ferne hörte sie die Motoren der Boote und das Stampfen der Dampfmaschinen in den kleinen Manufakturen vom Placa Nova.
    Er wird es schaffen, sagte sie sich. Sie sah sein Gesicht vor sich, dachte an all die Kleinigkeiten, die er getan oder gesagt hatte und die mit einem Mal so viel bedeuteten. Diese wunderschönen Augen mit der Farbe von Mokka. Sie erinnerte sich daran, wie sein Haar gerochen hatte, nach Sonne und Meer. Jordi Marí. Selbst sein Name schien mit einem Zauber behaftet zu sein. Er hat mich geküsst, wisperte es ihr im Herzen. Er hat mich geküsst und ich habe ihn geküsst!
    Wie konnte das sein? Dass es einfach so passierte, hier unter der Brücke, wo es doch gar nicht der richtige Zeitpunkt dafür war? Warum traf sie das alles so unvorbereitet?
    Catalina schaute sich um. Der Kanal war an dieser Stelle verlassen. Nicht einmal Wellen kräuselten die Wasseroberfläche. Dafür huschten die Wasserläufer wie spinnenartige Farbkleckse von einem Ufer zum anderen.
    Catalina schloss die Augen, kurz nur. Wie lange würde Jordi brauchen, bis er wieder hier war?
    Eine Stunde, zwei? Wie weit würden die beiden Gestalten ihn durch die Stadt jagen?
    So saß sie da, wusste nicht einmal, wie lange. Ihr Knöchel schwoll an. Es tat weh und der Schmerz hinderte sie am Einschlafen. Die Sonne wanderte kaum merklich am Himmel entlang. Und andauernd lauschte Catalina in den Tag hinein.
    Ja, sie hatte Angst. Aber nicht um sich selbst.
    Ganz erschöpft spürte sie, wie ihr eine Träne übers Gesicht lief.
    Dann hörte sie die Schritte. Jordi! Er war wieder bei ihr. Sie drehte sich um und blickte hinüber zur Treppe.
    Ein Harlekin stand dort.
    Sie hatte ihn nicht kommen sehen. Nicht einmal seine Eiseskälte hatte sie gespürt. An Jordi hatte sie gedacht und an sein Lächeln und jetzt kam die maskenhafte Gestalt auf sie zu und grinste.
    Catalina kroch tiefer unter die Brücke und ließ die Gestalt nicht aus den Augen.
    Der Harlekin hatte sie gefunden.
    Catalina Soledo saß in der Falle.

Ramon Rocas
    Die Brücke hatte ihn nach Barrio Gótico geführt, wie das Gebiet rund um die Kathedrale von Santa Eulalia hieß. Das mittelalterliche Erbe Barcelonas atmete hier in jeder Häuserecke und auf jedem der vielen Plätze.
    Jordi rannte um sein Leben, emsig darauf bedacht, an jeder Ecke eine Spur zu hinterlassen, die seine Verfolger auch finden würden. Eine zertrampelte Blume hier, ein zerbrochener Krug vor einem Brunnen, dies und das. Nach einiger Zeit merkte er, dass er keine Hinweise hinterlassen musste. Die Verfolger fanden die Fährte auch so. Sie hatten Witterung aufgenommen, nur so konnte sich der Junge erklären, dass sie ihm nach all den Haken noch immer auf den Versen waren.
    Aber er war vorbereitet. Nur wenige Straßenzüge noch und er würde seine Spuren zu verwischen beginnen.
    Wenn er die Rambla erreicht hatte, dann müsste er die Verfolger weit genug von Catalina

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