Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Malice - Du entkommst ihm nicht

Malice - Du entkommst ihm nicht

Titel: Malice - Du entkommst ihm nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
Vom Netzwerk:
Jake.«
    War es möglich, dass da draußen wirklich eine völlig andere Welt existierte? Eine Welt ohne Mega-Einkaufszentren, ohne Reality-TV und Nachmittag-Talkshows? Eine Welt, in der man nicht ununterbrochen mit Werbung und Spam-Mails bombardiert wurde?
    »Komm und hol mich, Tall Jake.«
    Eine neue, unerforschte Welt. Egal, wie gefährlich sie war und welche Schrecken sie bereithiel t – wenn sie existierte, bedeutete das, dass es eine Alternative zu dieser Welt gab. Einer Welt voller aufgeblasener Wichtigtuer und Politiker, die ihrem Volk ins Gesicht logen und trotzdem immer wieder gewählt wurden. Einer Welt, in der alles, was zu gut schien, um wahr zu sein, meistens auch nicht wahr war.
    »Komm und hol mich, Tall Jake.«
    Gab es eine Alternative zu dieser Welt, deren Bewohner sich einen Dreck umeinander kümmerten, in der Himmel, Erde und Meere vergiftet wurden, ohne dass jemand etwas dagegen unternahm? In der Hunderttausende in Kriegen starben oder elend verhungerten, während die Regierungen untätig zusahen? In der einem die Kommunikation so einfach gemacht wurde, dass niemand mehr wirklich miteinander kommunizierte.
    »Komm und hol mich, Tall Jake.«
    Seth erschrak, als ihm plötzlich klar wurde, dass er nach Malice wollte . Dass er sich wünschte, die Gerüchte wären wahr. Wenn es Malice wirklich gab, dann war alles möglich, und das bedeutete, dass es da draußen viel mehr gab, als er je zu hoffen gewagt hatte. Vielleicht sogar einen Ort, an dem er so leben konnte, wie er wollte.
    »Komm und hol mich, Tall Jake.«
    Er sagte die Worte mechanisch. Stieß sie immer lauter und schneller hervor, weil er wusste, dass er niemals den Mut aufbringen würde, sie noch einmal zu sagen, wenn er jetzt aufhörte.
    Egal, wer du bist, hol mich und bring mich hier we g – egal wohin.
    »Komm und hol mich, Tall Jake.«
    Und dann war es vorbei. Er begriff es erst, als er den Satz ein sechstes Mal ausgesprochen hatte. Jetzt war es zu spät, einen Rückzieher zu machen. Sein Puls raste, gleichzeitig fröstelte ihn. Aus der Schüssel mit den verkohlten Überresten stiegen zarte Rauchkringel auf. Das Feuer verglomm und erlosch.
    Seth sah sich um. Er erwartete beinahe, in der Ecke des Badezimmers eine dunkle Gestalt stehen zu sehen. Aber da war niemand. Die Sekunden gingen vorüber und alles blieb, wie es immer gewesen war.
    Er wartete. Lauschte. Beobachtete. Richtete all seine Sinne nach außen, erwartete eine Warnung, einen Hinweis auf das, was gleich passieren würde. Aber es passierte nichts.
    Nach einiger Zeit kam er sich ziemlich dämlich vor. Er stand seufzend auf und öffnete das Fenster, damit der Gestank abziehen konnte. Dann ließ er etwas Wasser in die Schüssel laufen, um sicherzugehen, dass keine Glut übrig blieb. Anschließend kippte er die Brühe mit dem durchweichten schwarzen Klumpen in die Toilette und drückte auf die Spülung. Die Schüssel sah ein bisschen schwarz verrußt aus, aber das würde sich mit einem Schwamm leicht wegreiben lassen. Er stellte sie auf den Boden, setzte sich daneben und lehnte sich gegen den Unterschrank.
    Hätte ich mir ja denken können, dass es nichts weiter als eine Geschichte ist.
    Das Licht im Badezimmer begann zu flackern. Seths Herz machte einen Sprung. Einen Moment lang drohte die Glühbirne ganz auszugehen, dann stabilisierte sie sich wieder.
    Er hielt den Atem an.
    »Na los«, sagte er trotzig. »Hol mich doch, wenn du mich holen willst.«
    Über sich hörte er etwas rascheln. Es klang wie das Trippeln winziger Krallen von Ratten auf dem Dachboden.
    War es das, was du gehört hast, Luke, bevor er dich geholt hat?
    Mit einem Mal wurde ihm eiskalt, und er hatte einen merkwürdigen Geschmack im Mund, als hätte er sich die Lippe blutig gebissen. Es schmeckte metallisch, salzig. Das Bad kam ihm kleiner und enger vor, so als würden sich die Wände auf ihn zubewegen.
    Plötzlich war ihm sein eigener Mut nicht mehr geheuer. Er war zu voreilig gewesen. Er wollte Tall Jake nicht begegnen. Er wollte das alles nicht. Er gab keinen Grund, nach Malice zu gehen, er hätte auch so versuchen können herauszufinden, was passiert war. Es wäre nicht nötig gewesen, die Mächte, die Luke entführt hatten, gegen sich aufzubringen. Er hätte mehr Geduld haben müssen, hätte vorher alles viel gründlicher durchdenken sollen.
    Irgendetwas war da draußen.
    Beim Aufstehen erhaschte er einen Blick in den Spiegel über dem Waschbecken. Sechs Paar weit aufgerissener Augen starrten ihn an. Im

Weitere Kostenlose Bücher