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Malice - Du entkommst ihm nicht

Malice - Du entkommst ihm nicht

Titel: Malice - Du entkommst ihm nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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ihnen standen, entspannte sie sich etwas. An sich war ihr Zielobjekt leicht zu verfolgen, weil es mindestens einen Kopf größer war als alle anderen und dazu noch den auffälligen Hut trug. Als das Gedrängel um sie herum dichter wurde, behielt sie einfach immer den Gangsterhut im Auge.
    Der Comicverkäufer nahm die U-Bahn zum Bahnhof Waterloo, wo er in die Jubilee Line Richtung Westminster umstieg und von dort aus mit der District Line nach Kensington/Olympia weiterfuhr. Kady blieb ihm die ganze Zeit über auf den Fersen. Zweimal hätte sie ihn in der Menge verschwitzter Fahrgäste um ein Haar aus den Augen verloren, hatte dann aber zum Glück jedes Mal wieder seinen Hut entdeckt, bevor er endgültig im Gewühl untertauchen konnte.
    Als sie in Kensington ankamen, dämmerte es bereits. Ende August ging die Sonne zwar erst gegen acht Uhr unter, aber die Fahrt hatte über eine Stunde gedauert und hinter den Backsteingebäuden färbte sich der Himmel allmählich rot. Kady war froh, wieder frische Luft atmen zu können, denn in der U-Bahn war es unglaublich stickig gewesen.
    Der Comicverkäufer eilte die Straße entlang und bog dann durch einen gemauerten Torbogen in eine schmale Gasse ein, die zu einer Reihe kleiner ehemaliger Wirtschaftsgebäude führte. Kady hatte das Gefühl, dass sie sich ihrem Ziel näherten. Als sie vorsichtig um die Ecke lugte, sah sie, wie er vor einem der Häuser stehen blieb und klingelte. Eine Frau mit spitzem Gesicht und streng hochgesteckten blonden Haaren öffnete ihm.
    Sie sagte mit scharfer Stimme irgendetwas zu ihm, dann schob sich der Verkäufer an ihr vorbei ins Haus. Die Frau wollte sich gerade umdrehen und ihm folgen, als sie noch einmal innehielt und sich argwöhnisch umschaute. Sie kniff die Augen zusammen und blickte prüfend von links nach rechts. Kady zog rasch den Kopf ein, um nicht entdeckt zu werden. Einen Moment lang war es ganz still, dann knallte eine Tür zu.
    Kady atmete erleichtert auf und lehnte sich gegen die Mauer. Jetzt konnte sie nichts weiter tun als abzuwarten, bis es Nacht war.
    2
    Kady zog sich in ein nahe gelegenes kleines Café zurück, von dem aus sie den Torbogen bequem im Auge behalten konnte. Sie bestellte einen Milchkaffee und dachte über ihre nächsten Schritte nach. Nachdem sie alle Möglichkeiten durchgegangen und die meisten wieder verworfen hatte, blieb nur noch eine übrig. Sie musste irgendwie in dieses Haus gelangen.
    Zur Polizei zu gehen, hatte keinen Zweck. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, was sie dort erwarten würde. Äh, guten Abend, mein Freund wurde von einer Comicfigur entführt. Beweise? Äh, nein, hab ich leider nicht. Aber schauen Sie sich mal diesen Comic mit den leeren Seiten an.
    Begib dich direkt ins Irrenhaus. Gehe nicht über Los und ziehe nicht 20 0 Pfund ein.
    Also musste sie der Sache auf eigene Faust auf den Grund gehen. Den Verkäufer weiter aus der Ferne zu beschatten, würde wahrscheinlich nicht viel bringen. Außerdem wurde die Zeit allmählich knapp. Sobald sich herumsprach, dass Seth verschwunden war, würden ihre Eltern sie nicht mehr alleine aus dem Haus lassen. Und dummerweise stand vor dem Fenster ihres Zimmers kein großer Baum, an dem sie herunterklettern konnte, um sich heimlich davonzuschleichen.
    Nein, es hatte keinen Zweck abzuwarten. Sie musste jetzt etwas unternehmen.
    Aber zuerst musste sie dafür sorgen, dass ihre Eltern sich keine Sorgen machten. Sie rief Greg auf seinem Handy an, weil er weniger ängstlich war als ihre Mutter. Alana hätte bestimmt darauf bestanden, dass sie sofort nach Hause kam. Kady erzählte ihm, sie säße noch mit ein paar Freunden in einem Café in Leicester, und kündigte an, dass es wohl ziemlich spät werden würde.
    »Aber komm bloß nicht auf die Idee, alleine loszuziehen, bleib immer in der Gruppe, hörst du?«, schärfte Greg ihr ein. »Und ruf mich an, wenn du nach Hause willst. Ich hole dich dann ab.«
    »Mach ich, Dad. Danke.«
    Sie legte auf. Seth hätte ein schlechtes Gewissen gehab t – sie nicht. Kady fand es nicht schlimm, zu lügen. Jedenfalls nicht bei kleinen Notlügen wie dieser.
    Als das Café zumachte, leuchteten die Straßenlaternen vor dem pechschwarzen Himmel. Sie musste die Sache möglichst schnell hinter sich bringen, wenn sie nicht riskieren wollte, den letzten Zug zu verpassen.
    Bei der Vorstellung, nachts allein in London festzusitzen, wurde ihr schlecht. Ihre Eltern würden bestimmt total ausflippen, und selbst der gutmütige Greg würde

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