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Malice - Du entkommst ihm nicht

Malice - Du entkommst ihm nicht

Titel: Malice - Du entkommst ihm nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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was er sagen sollte.
    Sie saßen schweigend da, während das Licht immer schwächer wurde und die Dunkelheit sie nach langem Warten endlich verschlang.

Lügen

    1
    Klapperndes Besteck, Schluckgeräusche, Messer, die über Porzellan schabten. Die leise im Hintergrund spielende Jazzmusik sollte wohl das Schweigen übertönen, verschlimmerte es aber nur. Kady schob sich mechanisch eine Gabel nach der anderen in den Mund, ohne von ihrem Teller aufzusehen, und tat, als würde sie die besorgten Blicke ihrer Eltern nicht bemerken.
    Selbst ihre Mutter schwieg. Und wenn Alana mal den Mund hielt, war die Lage wirklich ernst.
    Das Esszimmer war in sanftes indirektes Licht getaucht. Das Essen schmeckte so gut, wie Essen schmecken konnte, wenn nichts Ungesundes mehr darin enthalten war, aber Kady schmeckte sowieso nichts. Sie dachte an ein Gesicht, das sich in der Fensterscheibe eines Zugs gespiegelt hatte. Ein Gesicht, das direkt der Hölle entsprungen zu sein schien.
    Greg räusperte sich. Alana sah ihn an, als erwartete sie, dass er etwas sagte, drängte ihn mit Blicken. Er zögerte einen Moment, sagte dann aber doch nichts, sondern wandte sich wieder seinem Essen zu.
    Kady wusste, dass sie sich Sorgen um sie machten, aber die Tatsache, dass keiner der beiden es auszusprechen wagte, machte sie wahnsinnig.
    Bestimmt nahmen sie an, dass sie wegen Seth traurig war, weil niemand wusste, wo er steckte.
    Das würde natürlich erklären, weshalb ihre sonst so fröhliche Tochter so ungewöhnlich still und in sich gekehrt war, nicht wahr?
    Sie hatten ja keine Ahnung!
    Kady wusste sehr genau, wo Seth war. Er war in einem Comic. Er war in eine Welt gegangen, die es eigentlich gar nicht geben konnte. Eine Welt, in der das Grauen regierte. Und nun waren Leute aus dieser Welt in ihre gekommen. Kady hatte Tall Jakes Stimme gehört, sie war von einem Ungeheuer, das sich als verknöcherte englische Jungfer verkleidet hatte, offen bedroht und nach der Königin der Katzen gefragt worden, wer auch immer das sein sollte.
    Sie hatte eine Warnung erhalten: Hör auf, Fragen über Malice zu stellen! Vergiss alles, was du darüber weißt!
    Andernfalls würden sie sie finden.
    Und töten.
    Beim Gedanken daran begannen ihre Hände so zu zittern, dass ihr Messer auf dem Teller klapperte. Sie warf es auf den Tisch.
    »Kady!«, rief Alana.
    »Darf ich bitte in mein Zimmer gehen?«, bat sie. »Ich hab keinen Hunger.«
    »Natürlich«, sagte Greg, bevor Alana reagieren konnte. Kady stand auf und verließ wortlos den Raum.
    Im Weggehen hörte sie, wie ihre Eltern sich gedämpft unterhielten. Es war nicht schwer zu erraten, dass sie über sie redeten. Sich fragten, was sie tun sollten.
    Tja, ihr könntet mir zum Beispiel sagen, was mit euch los ist, dachte sie bitter, als sie in ihr Zimmer hinaufging. Das wäre doch immerhin mal ein Anfang . Sie spürte doch ganz genau, dass irgendetwas nicht stimmte. Gleich nach Lukes Verschwinden hatten Greg und Alana angefangen, sich merkwürdig zu benehmen. Sie waren hypernervös gewesen, übertrieben fürsorglich. Während alle anderen davon ausgegangen waren, dass Luke von zu Hause abgehauen war, hatten sie sich verhalten, als wäre er entführt worden. Dabei waren sie sonst überhaupt nicht so überängstlich.
    Jetzt, wo auch noch Seth verschwunden war, ließen sie sie gar nicht mehr allein aus dem Haus. Lange nachdem die Sonne untergegangen war, stand Alana am Fenster und spähte durch die Vorhänge nach draußen. Und Greg erfand ständig irgendeinen Vorwand, um in Kadys Zimmer zu kommen und nach ihr zu sehen.
    Kady hatte nicht den Eindruck, als hätten sie Angst, sie könnte weglaufen oder auf irgendeinem abgelegenen Feldweg entführt werden. Es war, als hätten sie Angst, jemand könnte kommen und sie holen.
    Sie wünschte, sie hätte einen der Tricks anwenden können, die sie von Alana gelernt hatte, um sie unter Hypnose dazu zu bringen, ihr zu sagen, was los war. Aber ihre Mutter hätte sich niemals von ihr hypnotisieren lassen. Und wenn jemand nicht freiwillig dazu bereit war, funktionierte es auch nicht. Das war leider nicht so wie in Zeichentrickfilmen. Da hypnotisierte man jemanden, indem man eine Taschenuhr oder einen Anhänger an einer Kette vor ihm pendeln ließ, und schon bildeten sich in seinen Pupillen schwarze Strudel und er fiel in Trance.
    Alana hatte auf unbestimmte Zeit sämtliche Hypnosesitzungen abgesagt. Normalerweise kamen die Klienten zu ihr nach Hause und sie setzte sich mit ihnen in das

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