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Malice - Du entkommst ihm nicht

Malice - Du entkommst ihm nicht

Titel: Malice - Du entkommst ihm nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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nicht. Obwohl ich bei dir sogar das Gefühl hab, dass du mich auch so verstehen würdest. Die anderen Typen hier nicht, aber du wahrscheinlich schon.
    Ich hab in Kilburn gewohnt. Weißt du, wo das ist? Nordlondon, in der Nähe von West Hampstead, aber am falschen Ende. In West Hampstead sind die ganzen teuren Klamottenläden, Cafés und s o – Kilburn ist dagegen bloß ’ne Müllkippe.
    Mein Vater war Kfz-Mechanike r … na ja, ist er wohl immer noch. Ich hab noch ’nen Bruder. Er heißt Chas und ist zehn Jahre älter als ich. Chas ist die Abkürzung von Charles. Chaaaahhls. Der volle Bonzenname. In der Schule haben sie ihn deswegen natürlich fertiggemacht, aber seine Mutter fand den Namen todschick. Sie wollte, dass er mal was Besseres wird. Aber sobald er die Klappe aufgemacht hat, hat man sofort gehört, wo er herkommt.
    Mein Vater hat uns geschlagen. Ich will damit jetzt nicht sagen, dass ich misshandelt worden bin oder so. Da gibt es ganz andere Fälle, so richtig krasse. Bei mir gab’s nur Prügel. Das war bei uns normal. Für meinen Bruder war ich der Blitzableiter, und vom Alten hat’s sofort Schläge gesetzt, wenn ich mal wieder irgendwas nicht so gemacht hab, wie er sich das vorgestellt hat.
    Aber das Problemkind der Familie war Chas. Das hat bei dem schon mit dreizehn angefangen. Von Dad hat er sich überhaupt nichts sagen lassen und seine Mutter war schon längst nicht mehr da. Und dass Dad ihn wegen jedem Scheiß gleich verprügelt hat, hat es auch nicht besser gemacht. Als ich in die Schule gekommen bin, war ich bei den Lehrern von Anfang an unten durch. ›Achtung, das ist der kleine Bruder von Chas Cauldwell‹, hat es immer geheißen. Dass ich ganz anders war als er, hat die gar nicht interessiert. Dabei war ich echt ein stilles Kind, weißt du? Ich hab mir voll gerne Bücher angeschaut und so, aber für die war ich genau so ein Loser wie mein Bruder.
    Als ich acht war, hat er allen bewiesen, dass sie mit ihrer Meinung über ihn Recht gehabt hatten. Er hat jemanden umgebracht und ist dafür in den Knast gewandert. Normalerweise wäre er irgendwann rausgekommen, aber denen hat seine Art nicht gepasst, also hat er lebenslänglich gekriegt. Kann man ja auch verstehen. Chas war echt ’n fieser Typ. Ich hoffe, er verreckt da drin.
    Ich wollte immer Erfinder werden. Schätze, das hab ich von meinem Dad geerbt. Ich steh einfach auf Maschinen und so. Ich finde es spannend rauszufinden, wie sie funktionieren. Bei Maschinen weiß man immer, was Sache ist. Wenn sie kaputtgehen, dann ist der Typ dran schuld, der sie gebaut hat, oder der Typ, der sie nicht richtig gewartet hat. Wenn du eine Maschine gut behandelst, lässt sie dich auch nicht im Stich. Und wenn’s ein Problem gibt, kannst du es beheben. Alles schön einfach und unkompliziert. Bei Menschen blick ich meistens überhaupt nicht durch, bei Maschinen schon.
    Ich hab mir in der Schule Mühe gegeben. Ehrlich, hab ich wirklich. Du kennst doch bestimmt solche Film e – vom Tellerwäscher zum Millionär und so. Ich hab den Müll geglaubt, den die einem da erzählen. Ich hab gedacht, wenn ich mir nur genug Mühe gebe, würde ic h … keine Ahnung. Dann würde irgendwie alles gut werden und ich könnte richtig erfolgreich werden und so. Ich war echt gu t – einer der Besten sogar. Vor allem in Werken und Technik. Ich weiß noch, wie viel Spaß mir das immer gemacht hat, als wir angefangen haben, Schaltkreise zu bauen. Das war voll cool.
    Aber das hat auch nichts geändert. Es war scheißegal, wie viel Mühe ich mir gegeben hab, keiner hat gemerkt, wie ich mich anstrenge. Irgendwann hatte ich einfach keinen Nerv mehr, die ganze Zeit kämpfen zu müssen, verstehst du? Ich hab’s einfach sattgehabt. Wenn die mich die ganze Zeit wie einen Gangster behandeln, dacht ich, dann kann ich ja auch gleich einer werden, oder? Ich mein, was soll’s?
    Ich hab angefangen, mit ein paar Kumpels Autos zu knacken. Einfach so für den Kick. Einmal hab ich mich dann hinters Steuer gesetzt. Ich hatte natürlich noch keinen Führerschein und keine Ahnung vom Autofahren. Aber man kann’s ja trotzdem mal probieren, stimmt’s? Jedenfalls bin ich voll gegen einen Laternenmast gebrettert und hab mich dabei ziemlich übel verletzt. Die anderen sind abgehauen und haben mich einfach liegen lassen, als die Bullen kamen. In so ’nem Moment weißt du, was deine Kumpels wert sind.
    Weil ich noch minderjährig war und es meine erste Straftat war, hätten die mich eigentlich laufen

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