Malina
habe nicht gewußt, daß Kinderkörper wärmer und besser anzufühlen sind als ein erwachsener Körper, Béla drückt sich eifersüchtig auch enger an mich, es ist nur wegen András, sie sind von einer Zudringlichkeit, von der ich gar nicht genug bekommen kann, als hätte ihnen lange jemand gefehlt, an den sie sich hängen und drängen können, Ivan hilft uns, die Nüsse und Bananen zu verfüttern, weil wir aneinander hängen und lachen und Béla die Nüsse danebenwirft. Ich erkläre eifrig den Pavian und die Schimpansen, ich bin nicht vorbereitet auf die Stunde im Zoo, ich hätte nachlesen müssen in Brehms Tierleben, vor den Schlangen versage ich ganz, ich weiß nicht, ob diese Natter da drinnen weiße Mäuse frißt, was Béla wissen will, oder Käfer und Blätter, was Ivan vermutet, der schon Kopfschmerzen hat, ich rufe: Geh du nur voraus! Denn Béla und András wollen noch die Echsen und die Salamander sehen, und da Ivan nicht zuhört, erfinde ich unglaubliche Bräuche und Geschichten aus dem Leben der Kriechtiere, um keine Antwort verlegen, ich weiß, aus welchen Ländern sie kommen, wann sie aufstehen, wann sie schlafen gehen, was sie fressen, was sie denken, ob sie hundert oder tausend Jahre alt werden. WennIvan nur nicht so ungeduldig wäre, wegen Kopfweh, wegen Unausgeschlafenheit, denn wir müssen noch zu den Bären, wir füttern die Robben, und vor dem großen Vogelhaus erfinde ich alles über die Geier und über die Adler, für die Singvögel bleibt keine Zeit mehr. Ich muß sagen, daß wir beim Hübner alle von Ivan ein Eis bekommen werden, aber nur wenn wir schleunigst gehen, denn sonst wird es nichts mit dem Eis, ich sage: Ivan wird sehr böse auf uns sein! Aber nur das Eis tut seine Wirkung. Bitte Ivan, könntest du uns nicht ein Eis, ich bin sicher, du hast es den Kindern versprochen (über die Köpfe der Kinder hinweg: Please, do me the favour, I promised them some icecream), du trinkst am besten einen doppelten Braunen. Ivan bestellt mißmutig, er muß erschöpft sein, während die Kinder und ich einander unter dem Tisch mit den Füßen anstoßen, dann immer wilder gegeneinandertreten, Béla lacht hysterisch: Was hat denn die für Schuhe, hat die blöde Schuhe! Dafür bekommt Béla wieder einen sanften Tritt von mir, aber Ivan wird ganz unmutig: Béla, benimm dich oder wir fahren sofort nach Hause! Aber wir müssen sowieso sofort nach Hause fahren, ob die Kinder sich nun benehmen oder nicht, Ivan wirft sie nach hinten ins Auto, ich bin einen Augenblick zurückgeblieben und kaufe zwei Luftballons, während Ivan in die entgegengesetzte Richtung nach mir Ausschau hält,ich habe kein Kleingeld, eine Frau hilft mir, einen Fünfzigschillingschein wechseln, sie sagt mit wehleidiger Freundlichkeit: Das sind wohl Ihre Kinder, Sie haben aber nette Kinder! Und ich sage verzweifelt: Danke, tausend Dank, das war sehr nett von Ihnen! Ich steige schweigend ein und drücke jedem der netten Kinder eine Schnur mit dem Luftballon in die Hand. Ivan sagt im Fahren: You are just crazy, it was not necessary! Ich drehe mich um und sage: Euer Geschnatter heute! ihr seid unausstehlich! Béla und András biegen sich vor Lachen: Wir schnattern, quak, quak, quak, wir schnattern! Wenn es so wild zugeht, fängt Ivan zu singen an, Béla und András schnattern nicht mehr, sie singen falsch und richtig, laut und dünn mit.
Debrecenbe kéne menni
pulykakakast kéne venni
vigyazz kocsis lyukas a kas
kiugrik a pulykakakas
Da ich das Lied immer noch nicht kann und ja auch nicht singen kann, seufze ich für mich: éljen!
Ivan läßt uns auf Nummer 9 zurück, er muß einige Unterlagen aus dem Büro abholen, und ich spiele mit den Kindern Karten, András berät mich, dermir immer wohlwill, während Béla höhnisch sagt: Du spielst ja nicht richtig, du bist ein Idiot, entschuldige, Idiotin! Wir spielen Märchenquartett, aber Béla mault, denn die Märchen sind ihm zu dumm, er ist über Märchen hinaus, das sei etwas für András und mich. Wir spielen Tierquartett und Blumenquartett, Autoquartett und Flugzeugquartett, wir siegen und verlieren, ich verliere am öftesten, teils unfreiwillig, teils freiwillig, dem Glück Bélas und András’ nachhelfend. Beim Städtequartett will András nicht mehr, er kennt sich mit den Städten nicht aus, ich berate ihn, wir tuscheln hinter vorgehaltenen Händen, ich sage ›Hong Kong‹, András versteht nicht, Béla wirft wütend die Karten auf den Tisch, wie ein Herr bei einer entscheidenden,
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