Malina
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Siegen wollte ich in einem Zeichen, aber da ich nicht gebraucht werde, da es mir gesagt worden ist, bin ich besiegt worden von Ivan und von diesen gyerekek, mit denen ich vielleicht doch wieder ins Kino gehen darf, es gibt jetzt im Burgkino MICKY MAUS von Walt Disney. Wer sollte siegen, wenn nicht sie. Aber es ist vielleicht nicht Ivan allein, sondern etwas mehr, das mich besiegt hat, es muß wohl etwas Größeres sein, da alles uns einer Bestimmung zutreibt. Manchmal überlege ich noch, was ich für Ivan tun könnte, da es ja nichts gibt, was ich nicht für ihn täte, aber Ivan verlangt nicht, daß ich mich aus dem Fenster stürze, daß ich für ihn in die Donau springe, daß ich mich vor ein Auto werfe, vielleicht um Béla und András zu retten, er hat so wenig Zeit und keine Bedürfnisse. Er will auch nicht, daß ich, an Stelle von Frau Agnes, seine beiden Zimmer aufräume und seine Wäsche wasche und bügle, er will nur rasch auf einen Sprung vorbeischauen, drei Stück Eis in sein Glas Whisky bekommen und fragen, wie es so geht, er wird mich fragen lassen, wie es so geht bei ihm und auf der Hohen Warte. Am Kärntnerring ist es immer dasselbe, viel Arbeit,aber nichts Besonderes. Für eine Schachpartie ist zu wenig Zeit, ich mache keine Fortschritte mehr im Schach, weil wir immer seltener spielen. Ich weiß nicht, seit wann wir seltener spielen, wir spielen eigentlich überhaupt nicht mehr, die Satzgruppen für Schachspielen liegen brach, einige andere Satzgruppen erleiden auch Einbußen. Es kann doch nicht sein, daß die Sätze, zu denen wir so langsam gefunden haben, uns auch langsam verlassen. Aber eine neue Satzgruppe entsteht.
Ich habe leider, ich bin mit der Zeit
Wenn du natürlich in so einem Zeitdruck bist
Nur heute habe ich besonders wenig Zeit
Selbstverständlich, wenn du jetzt keine Zeit hast
Wenn ich dann wieder mehr Zeit habe
Mit der Zeit werden wir ja, es ist nur jetzt
Dann können wir ja, wenn du einmal Zeit hast
Gerade in dieser Zeit, wenn es wieder geht
Du mußt eben mit der Zeit etwas weniger
Wenn ich nur noch zur rechten Zeit
Aber du liebe Zeit, du darfst nicht zu spät
Ich habe noch nie so wenig Zeit, das ist leider
Wenn du dann wieder mehr Zeit hast, vielleicht
Später werde ich dann mehr Zeit haben!
Jeden Tag grübeln Malina und ich, manchmal sogar angeheitert, darüber nach, was heute nacht noch an Furchtbarem in Wien geschehen könnte. Denn wenn man sich hat hinreißen lassen, eine Zeitung zu lesen, wenn man ein paar Nachrichten gläubig aufgenommen hat, kommt ja die Vorstellungskraft auf Hochtouren (ein Ausdruck, nicht von mir, auch nicht geradezu von Malina, aber Malina hat ihn belustigt als Fundgegenstand von einer Deutschlandreise mitgebracht, denn Wörter wie ›Hochtouren‹ kann man nur in solchen tätigen, bewegten Ländern auflesen). Aber immer kann ich die Abstinenz von Zeitungen nicht durchhalten, obwohl es immer größere Zeiträume gibt, in denen ich keine mehr lese oder mir nur aus dem Abstellkabinett, wo, neben unseren Koffern, ein Packen von alten Zeitschriften und Zeitungen liegt, eine herausgreife und bestürzt auf ein Datum sehe: 3 . Juli 1958 . Was für eine Anmaßung! auch an diesem Tag, der längst vergangen ist, haben sie uns überflüssigerweise drogiert mit Nachrichten, mit Meinungen zu Nachrichten, haben uns benachrichtigt von Erdbeben, Flugzeugabstürzen, innenpolitischen Skandalen, außenpolitischen
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