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Malka Mai

Malka Mai

Titel: Malka Mai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Pressler
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der Organisation bekommen hatte, waren ihr zu kurz.
    Nathan Hecht hörte sich ihre Geschichte an und sagte, er kenne viele, die mit »Köpfchen« handelten, so nenne man das hier in Ungarn, das seien Schmuggler, die Leute über die Grenze brachten. »Bitte, Herr Hecht, sorgen Sie dafür, dass mein Köpfchen zu mir kommt«, flehte sie. »Ich werde arbeiten, um Ihnen das Geld zurückzuzahlen.«
    »Das Geld ist mir nicht so wichtig«, sagte Nathan Hecht. »Es wäre mir ein Vergnügen, einer schönen Frau behilflich zu sein.«
    Hanna senkte den Kopf. Die Worte klangen so unglaublich, so befremdlich. Sie wusste doch genau, wie abgemagert und heruntergekommen sie aussah. Trotzdem war es schön, so etwas zu hören.
    Als sie sehr spät abends zu ihrem Lager zurückkehrte, weinte Minna, sie hatte sich Sorgen gemacht. »Ich habe gedacht, ich sehe dich nie wieder«, sagte sie.
    Hanna umarmte sie und sagte: »Wir bekommen Malka wieder, es wird alles gut.«
    Aber es wurde nicht gut. Nathan Hecht ließ sich verleugnen, als sie wieder zu ihm ging, um zu fragen, ob er etwas erreicht habe. Beim dritten oder vierten Mal überreichte ihr die Haushälterin Geld, hundert Pengö, und sagte, der Herr wolle nicht mehr von ihr belästigt werden. Sie fühlte sich so beschämt wie noch nie in ihrem Leben, aber sie brauchte das Geld, deshalb steckte sie es ein.
    Am nächsten Tag fuhr sie zusammen mit Minna zur Ersebeckeru, einer Straße, in der sich, wie man ihr gesagt hatte, ein Palästina-Amt befand. Die Leute dort versprachen, sich umzuhören, ob man etwas für das Kind tun könne, doch in diesen Zeiten sei es schwer, ein Kind zu finden, so viele Kinder seien verloren gegangen, und was denn mit ihrer anderen Tochter sei, ob man sich nicht darum kümmern solle, für sie einen Platz bei der Jugend-Alijah 13) zu bekommen, um sie nach Erez-Israel zu schicken.
    13) Jugend-Alijah: So nannte man die Bemühungen von jüdischen Organisationen wie Jewish Agency (Sochnut), während der Nazizeit junge Juden aus Europa zu retten und nach Erez-Israel zu bringen.
    »Nein«, sagte Hanna. »Meine Tochter bleibt bei mir.« Sie packte Minna an der Hand und zog sie hinter sich her aus dem Büro.
    Minna folgte ihr willenlos. Doch als sie unten auf der Straße standen, blieb sie plötzlich stehen. »Ich will aber«, sagte sie mit einer neuen, harten Stimme.
    »Was willst du?«, sagte Hanna. »Du hast nichts zu wollen, du bleibst bei mir, bis Malka wieder da ist. Glaubst du, ich will noch eine zweite Tochter verlieren?«
    Minna wich ihrem Blick nicht aus. »Du änderst dich nie«, sagte sie. »Immer muss alles nach deinem Kopf gehen. Was ich will, ist dir egal.«
    Hanna hob die Hand.
    »Schlag mich doch!«, rief Minna mit unterdrückter Stimme. »Los, schlag schon.« Ihr Gesicht war weiß geworden, ihre Augen dunkel vor Zorn. Und dann sagte sie: »Ich will nach Erez-Israel, ich will zu meinem Vater. Ich will hier weg. Und wenn du mich nicht gehen lässt, werde ich sterben. Dann hast du nicht nur Malka auf dem Gewissen.«
    Hanna ließ die Hand sinken. Hilflos hingen ihre Arme herunter. Dann nickte sie, drehte sich um und ging zurück in das Büro. Minna folgte ihr.
    »Ich will nach Erez-Israel«, sagte Minna zu dem Mann hinter dem Schreibtisch. »Tragen Sie mich in die Liste ein. Und außerdem ist mein Vater dort.«
    »Umso besser«, sagte der Mann. »Wie heißt er und wo wohnt er?«
    Minna wurde in eine Liste eingetragen.
    Auf dem Rückweg schwiegen beide. Irgendwann sagte Minna leise, ohne jeden Triumph in der Stimme: »Ruben will auch nach Erez-Israel gehen, er will nicht bei seinem Onkel und seiner Tante bleiben. Ich werde Ruben dort wieder sehen.«
    Hanna antwortete nicht, sie fühlte sich sehr alt und sehr erschöpft. Sie dachte nur, also ist er tatsächlich ein armer Verwandter der beiden.
    Dann kam der Tag, an dem ihr das jüdische Komitee falsche Papiere überreichte, nach denen sie eine aus Polen geflohene Christin war. Sie und Minna sollten Budapest verlassen und an einen Ort fahren, der Korad hieß. Dort befand sich ein Lager für polnische Flüchtlinge, in dem sie eine Stelle als Ärztin annehmen sollte.
    Am Tag vor ihrer Abreise erfuhr sie von Doktor Rosner, der sich mit Kopolowicis Schwester in Verbindung gesetzt hatte, dass Malka nach Polen zurückgebracht worden sei. Seine Stimme klang undeutlich und sehr weit weg, aber Hanna verstand jedes Wort. »Mehr hat Kopolowici nicht erfahren können, nur dass das Kind in Polen ist.«

Januar
    Die Zeit war

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