Mallorca - hin und nicht zurueck
Wiesen. Ein Stückchen weiter entdeckte ich einen Garten, in dem neben Orangen- und Zitronenbäumen wunderschöne Rosensträucher standen, daneben wucherten Artischockensträucher und im hinteren Bereich, vor dem Gartenzaun, hingen Tomaten rot und schwer an den Stielen der Sträucher. Die Sonne brannte. Einzig Sophie hatte daran gedacht, ihren breitkrämpigen Sonnenhut aufzusetzen. Sie strampelte bester Laune durch die Landschaft.
Nach einer knappen Viertelstunde hatten wir die Plaza des Dorfes erreicht. Über dem lang gestreckten, von Bäumen gesäumten Platz hingen Papiergirlanden, die raschelnd im lauen Wind wehten. Ganze Hängerladungen mit Stühlen und Tischen standen bereit. Einige Männer waren schon damit beschäftigt, sie aufzustellen.
»Hola Loretta!«, rief einer von ihnen in fast akzentfreien Deutsch. »Coloma wartet schon auf euch. Dort drüben in dem Haus, die Toreinfahrt steht offen.«
»Gracias hombre«, bedankte sich Lore.
Pedro war mit Käthe vor dem Tor vorgefahren und half ihr behutsam in den Rollstuhl, erntete dafür allerdings nur einen abfälligen Blick.
Da trat Coloma aus dem Tor und begrüßte uns. »Hola mujeres, ich kann jede freie Hand brauchen. Ich teile euch jetzt in verschiedene Gruppen ein und mische euch unters Volk. Einverstanden?«
»Aber ich kann kaum Spanisch.« Hermine wirkte verunsichert.
»Das macht überhaupt nichts«, versicherte Coloma. »Ihr müsst nur Tomaten schälen und schneiden, oder aber Paprikaschoten in Scheiben zerteilen und Zwiebeln hacken. Dazu braucht man nicht viel Spanisch. Außerdem sprechen einige meiner Landsleute ein wenig Deutsch. Also, vamos?«
In der Toreinfahrt, in die wir Coloma folgten, stapelten sich Kisten mit Tomaten, grünen Paprikaschoten und Zwiebeln. Wir kamen in einen ausgedehnten Hinterhof, in dem, unter aufgespannten Sonnenschirmen, schon viele Frauen bei der Arbeit waren. In mehreren Kreisen saßen sie auf Stühlen, in deren Mitte jeweils ein großer Bottich stand. Sie begrüßten uns mit einem lautstarken »Hola«. Es waren Frauen aller Altersklassen, die sich hier getroffen hatten. Zwei von ihnen saßen, genau wie Lore es vorher gesagt hatte, in Rollstühlen.
Eine resolut wirkende Mallorquinerin mit kurzen blonden Haaren, schleppte Klappstühle herbei, und eh ich es mich versah, saß ich, zusammen mit Hermine, der Gräfin, Käthe und Lore, im Kreis einiger mallorquinischer Frauen. Käthe brauchte keinen Stuhl, Pedro hatte sie einfach auf den Hof gerollt.
Nachdem auch die anderen neun verbleibenden Frauen aus Lores Hotel aufgeteilt worden waren, kam Coloma zu uns zurück.
»Also. Ihr legt euer Handtuch auf den Schoß, schnappt euch eine Schüssel und schält die Tomaten. Schalen in die Schüssel, Tomaten in die großen Bottiche, die in der hier in der Mitte auf dem Boden stehen. Die nächste Gruppe übernimmt dann den das Kleinschneiden. Ach, und die Tonnen dort drüben sind für den Abfall.«
Mit diesen Worten entschwand sie, um der nächsten Gruppe, die für die Paprikaschoten zuständig war, ihre Anweisungen zu erteilen.
Nachdem ich mein Messer aus dem Handtuch gewickelt hatte, breitete ich das Tuch, genau wie die mallorquinischen Frauen, auf meinem Schoß aus, nahm mir eine Schüssel und schnappte mir eine Tomate. Nach und nach verstand ich auch den Sinn der Schüssel: Die Tomaten verloren jede Menge Flüssigkeit. Tomate fertig, Tomate ab in den Bottich. Und die nächste bitte.
Um uns herum ratschten die Frauen. Weil die meisten Mallorquin sprachen, verstand ich so gut wie nichts. Sie arbeiteten in einem Tempo, das geradezu unglaublich war. Nur reden konnten sie noch schneller.
Käthe schien, während sich ihre Hände flink bewegten, die gleichen Gedanken wie ich zu hegen. »Worüber reden die denn in einem fort?«, fragte sie unwirsch.
Lore blickte kurz von ihrer Tomate auf. »Na worüber bloß? Über all das, was Frauen eben zu bereden haben, wenn sie unter sich sind.«
Käthe warf ihre Tomate in den Bottich. »Und das wäre?«
»Die eine beschwert sich, dass ihre Schwiegermutter die Kinder vereinnahmt, der anderen wäre das wiederum lieb, weil deren Schwiegermutter mit ihren Kindern nicht so viel Zeit verbringt, die nächste bemäkelt die üblichen Kleinigkeiten an ihrem Mann und wieder andere halten einfach nur den Dorfklatsch in Schwung, wie das ebenso ist. Wer mit wem und wer sich scheiden lässt. Das Übliche.«
»Na, das würde mir ja gerade noch fehlen«, schnarrte Käthe, »dass halb Hamburg über mein
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