Mallorca - hin und nicht zurueck
Privatleben informiert ist.« Wieder flog eine Tomate in den Bottich.
Das Stimmengewirr um mich herum lullte mich ein, ich häutete eine Tomate nach der anderen. Irgendwann kam jemand, um den Bottich aus unserer Mitte zu entfernen, um ihn weiter zur nächsten Gruppe zu schieben, in der sich die Frauen daran machten, die Tomaten in kleine Stücke zu zerteilen. Und noch ein Bottich und wieder stellte einer der Männer eine frische Palette Tomaten in unsere Mitte.
Vor dem Tor hielt ein Traktor mit Anhänger. Unschwer zu erraten, aus was seine Ladung bestand. Noch mehr Tomaten, grüne Paprikaschoten und - natürlich - Zwiebeln.
Der Fahrer sprang vom Traktor und öffnete die Klappe des Hängers. Ich sah ihn von hinten und spürte im selben Augenblick, wie meine Finger zu zittern begannen. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Atemlos hielt ich in meiner Arbeit inne und musterte ihn eingehend. Schmale Hüften, breite, wohl geformte Schultern, einen schlanken Hals und blonde, gewellte Haare. Er wuchtete eine Kiste vom Hänger. Dann drehte er sich um.
Mein Herzschlag beruhigte sich, das Gefühl von Beklemmung wurde schwächer, meine Hände bewegten sich wieder und ich schalt mich eine Idiotin.
Nein, das war nicht Tom.
Lag es an den Tomaten und der Hitze oder verliebten sich verlassene Frauen immer spontan in den besten Freund ihres Mannes? Es konnte nur an den Tomaten oder an der Hitze liegen. Ich war nie nervös geworden, wenn Tom in meine Nähe kam!
Also - außer bei diesem leidigen Vorfall in der Bucht. Aber damit hatte ich längst abgeschlossen, versuchte ich mich zu beruhigen.
Der Tomaten-Tom jedenfalls kam auf mich zu, stellte die Kiste in unsere Mitte, nahm mir das Messer aus der Hand und ich lächelte gezwungen. Er zog einen Schleifstein hervor, schärfte mir mein Messer und wandte sich anschließend Käthe zu, die neben mir saß.
Meine Klinge schnitt wieder und ich beschloss, mich von jetzt an wieder auf meine Arbeit zu konzentrieren. Ich verstand sowieso nicht, wieso ich dermaßen überreagiert hatte.
Meine Handgelenke begannen langsam zu schmerzen und es dauerte nicht lange, da spürte ich sie fast gar nicht mehr. Seit über zwei Stunden saß ich nun hier und bewegte die Finger. Ein Bottich nach dem nächsten war gewechselt worden und ich hatte nette Mallorquinerinnen kennen gelernt, die, nachdem sie bemerkt hatten, dass ich Spanisch sprach, sofort damit begannen, mir jede Menge Fragen zu stellen. Soviel zum Thema: Wie funktioniert der Dorfklatsch!
Innerhalb allerkürzester Zeit war es meinen Gesprächspartnerinnen gelungen, mir eine kleine Wahrheit nach der nächsten zu entlocken. Dass ich Maklerin war, zwei Kinder hatte, getrennt von meinem Mann lebte, mich bei Lore erholte und sozusagen unfreiwillig Frührentnerin geworden war. Das alles hatte ich einfach so hinaus geplappert, weil hier alle so nett waren. Und offene, herzliche Menschen konnte ich nicht anlügen.
Endlich war die letzte Kiste geleert.
»Wir sind fertig«, verkündete Coloma feierlich. »Wollen unsere deutschen Mitstreiterinnen vielleicht sehen, was wir daraus machen?«
Die deutschen Frauen standen auf und Hermine schob Käthes Rollstuhl in die kühle Halle, wo einige Dorfbewohnerinnen bereits damit beschäftigt waren, die Bottiche in noch größere Behälter zu verteilen, so dass eine ausgewogene Mischung aus Tomaten, Zwiebeln und Paprika entstand. Darüber wurde satt und reichlich Olivenöl gegossen und dann kam Thunfisch aus großen Dosen hinzu. Die einzelnen Zutaten wurden mit einem langstieligen Holzlöffel umgerührt.
»Fertig ist das Trampó«, verkündete Coloma. »Wir sehen uns alle heute Abend um neun wieder. Und dann wird nicht gearbeitet«, lachte sie, »dann feiern wir.«
Die Frauen wischten ihre Messer an den Handtüchern ab und begannen, die im Hof stehenden Stühle übereinander zu stapeln. Wir halfen, bis der Hof aufgeräumt war und verabschiedeten uns.
Ich klemmte mein Messer, das ich fein säuberlich in dem Safttriefenden Handtuch eingewickelt hatte, auf den Gepäckträger und wir radelten zurück. Es war halb sechs.
Vor dem Hotel angekommen, verkündete Lore, dass wir uns um halb neun wieder hier treffen würden. Schnell lief ich auf Stevie zu, der gerade aus dem Haus gekommen war.
»Würdest du mich um acht bitte wecken?«, fragte ich ihn. »Ich muss unbedingt mal schlafen und werfe den Wecker sicher aus dem Fenster, so müde, wie ich bin.«
Stevie nickte verständnisvoll und blinzelte mich an. »Natürlich
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