Mallorca - hin und nicht zurueck
sie noch nicht erlebt, seit sie angekommen war. »Nur nicht so vorlaut, junger Mann, am Ende nehme ich dich beim Wort!«, drohte sie lachend.
Lore schritt über die Freitreppe zu uns hinunter. Besser gesagt - sie schwebte. Die schwarzen Haare wie immer zu einem strengen Knoten im Nacken geschlungen, in einem schwarzen Sari mit silbernem Muster und silberfarbener kurzer Bluse. Sie sah einfach toll aus.
»Sind wir komplett?«, fragte sie und warf einen Blick in die Runde. »Wunderbar. Dann können wir ja los.«
Draußen halfen Stevie und Pedro Käthe in den Jeep und ich fragte mich gerade, wie Lore mit ihrem wallenden Gewand wohl Fahrrad fahren wollte, als diese lässig das oberste Stück Stoff ihres Saris von der Schulter gleiten ließ, sich den langen Schal zwischen den Beinen hindurch zog und den Stoff geschickt vor dem Bauch verknotete. Wie sie das gerade angestellt hatte, war mir schleierhaft, aber jetzt glich ihr Sari auf wundersame Weise einer Pumphose.
Pedro setzte den Jeep in Bewegung, wir bestiegen die Fahrräder und folgten dem Auto.
Obwohl die Sonne bereits hinter den Bergen verschwunden war, stand die Luft noch immer. Von Abkühlung keine Spur.
Als wir im Dorf ankamen, tobte bereits das Leben. Aus großen Lautsprecherboxen ertönte Musik und auf der Plaza herrschte Gedränge um die Tische.
»Loretta, wie schön, dass ihr hier seid.« Coloma lief uns strahlend entgegen. »Kommt mit, ich habe einige Tische reserviert, der Andrang heute Abend ist riesig!«
Ich ließ mich auf einen Stuhl sinken. Über mir hingen Girlanden, die über dem Platz gespannt worden waren. Auf den Tischen standen verschieden Weinsorten, Wasser und Säfte und an jedem Sitzplatz lag eine Tüte, in der sich ein Teller, ein in eine Serviette gewickeltes Plastikbesteck und ein bunter Plastikbecher befanden.
Vor dem Hoftor, durch das wir heute Nachmittag gegangen waren, stand der große Behälter mit dem Trampó, das wir geschnippelt hatten. Die Frauen des Dorfes, die hinter einer provisorisch errichteten Theke standen, hatten alle Hände voll zu tun, denn eine lange Schlange von Besuchern, die alle ihre Teller gefüllt haben wollten, hatte sich bereits angestellt.
»Kommst du mit, Trampó holen?«, fragte mich Lore, die ihre Pumphose wieder in einen Sari verwandelt hatte.
»Ja, gerne«, antworte ich, schnappte mir meinen Teller und stand auf.
»Das hat tatsächlich geklappt, mit der Gräfin und Robert«, lispelte Lore mir verschwörerisch zu, als wir in der Warteschlange anstanden. »Und das mit Pedro und Maria hast du gut hin bekommen«, lobte sie mich gurrend. »Was wären diese einfach strukturierten Wesen, die man gemeinhin Männer nennt, nur ohne unsere Hilfe? Da hätte dieser Dickschädel doch fast diese reizende Person aus seinem Leben verjagt. Völliger Unsinn!«
»Männer eben«, erwiderte ich und versank in meinen eigenen Grübeleien.
»Lisa«, ermahnte mich Lore, »das hier ist eine Fiesta und keine Beerdigung. Amüsiere dich und genieß das Leben. Du hast doch nicht etwa gerade über Leo nachgedacht?«, fragte sie vorwurfsvoll. »Das Thema ist längst abgehakt, also was soll das?«
Mein Traum kam mir wieder in den Sinn und ich wand verlegen den Blick ab. Hatte Frau die schlimmsten Nachwirkungen einer Trennung in dem Moment überwunden, in dem sie im Traum mit anderen Männern im Bett lag?
Aber ich würde einen Teufel tun, Lore davon zu erzählen …
Endlich kam ich an die Reihe. Die Frau hinter dem Tresen war heute Nachmittag mit mir in der gleichen Schälgruppe gewesen. Sie begrüßte mich freundlich, reichte mir meinen Teller gefüllt zurück und gab mir noch zwei Scheiben mallorquinisches Brot dazu. »Bon profit, Lisa.«
»Gracias Jaimeta.«
Ich kämpfte mich durch die Menschenmassen zu meinem Tisch zurück. Lore hatte bereits ihr Besteck gezückt und führte genüsslich eine Gabel mit Trampó zum Mund.
»Hmmm, ich liebe es. Schlicht, nur Vitamine und keine Kalorien«, schwärmte sie laut, um die Musik zu übertönen.
Ich probierte und schloss mich ihrer Meinung an. Schmackhaft, gesund und ideal bei dieser Hitze. Das mallorquinische Brot schmeckte auch gut.
Immer mehr Menschen nahmen ihre Plätze an den Tischen ein und rund um mich herum wurde das Stimmengewirr zunehmend lauter. Familien trafen aufeinander, Freunde begrüßten sich und Kinder tobten durch die schmalen Gassen zwischen den Tischreihen.
Inzwischen war es fast dunkel geworden und noch immer wurden hinter dem Tresen Teller an später
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