Malloreon 1 - Herrn des Westens
wir folgen, führt durch eine Schlucht in der Vorgebirgskette vor uns. An ihrer tiefsten Stelle sind die Wände zerklüftet. Vier Gruppen haben sich dort verteilt, jede lauert in einer anderen Kluft.« Mit dem Stock zeichnete sie das Terrain auf. »Sie beabsichtigen offenbar, uns bis zur Mitte marschieren zu lassen, um uns dann von allen Seiten gleichzeitig zu überfallen.«
Stirnrunzelnd betrachtete Durnik ihre Karte. »Eine dieser Gruppen könnten wir mühelos schlagen. Wir müßten lediglich eine Möglichkeit finden, die drei anderen abzuhalten.«
»So sieht es aus«, brummte Barak. »Nur kann ich mir nicht vorstellen, daß sie sich heraushalten werden, nur weil sie nicht eingeladen wurden.«
»Nein«, bestätigte der Schmied. »Also werden wir eine Art Barriere errichten müssen, die sie nicht durchbrechen können.«
»Ihr habt eine Idee, nicht wahr, Durnik?« fragte Königin Porenn.
»Welche Art von Barriere vermöchte diese Schurken daran zu hindern, ihren Kameraden zu Hilfe zu eilen?« fragte Mandorallen.
Durnik zuckte die Schultern. »Eine aus Feuer, vermutlich.«
Javelin schüttelte den Kopf und deutete auf den niedrigen Ginster zu beiden Seiten des Weges. »Alles ist noch grün. Ich glaube nicht, daß es gut brennen würde.«
Durnik lächelte. »Es muß ja kein echtes Feuer sein!«
»Könntest du das fertigbringen, Polgara?« fragte Barak mit plötzlich glänzenden Augen.
Sie überlegte kurz. »Nicht an drei Stellen gleichzeitig.«
»Aber wir sind drei, Pol«, erinnerte der Schmied sie. »Du könntest eine Gruppe mit Scheinfeuer aufhalten, Garion die zweite und ich die dritte. So ließe sich jede getrennt in ihrer Kluft festhalten, und sobald die erste besiegt ist, nehmen wir uns die nächste vor.« Er zog die Brauen zusammen. »Das einzige Problem ist, daß ich nicht genau weiß, wie man dieses Scheinfeuer hervorruft.«
»Das ist nicht schwierig, Liebes«, versicherte ihm Polgara. »Du und Garion werdet das schnell heraushaben!«
»Was meint Ihr?« fragte Königin Porenn Javelin.
»Es ist gefährlich, sehr gefährlich!«
»Haben wir eine Wahl?«
»Im Augenblick fällt mir jedenfalls nichts anderes ein.«
»Dann machen wir es also so.« Garion wandte sich an Durnik. »Wenn du den Truppen erklärst, was wir vorhaben, kann ich schon einstweilen lernen, wie man Feuer vortäuscht.«
Etwa eine Stunde später zogen die rivanischen Truppen weiter. Jeder hielt die Hand dicht an der Waffe, während sie durch den graugrünen Ginster marschierten. Die niedrige Bergkette lag dunkel vor ihnen, und der überwucherte Weg führte direkt in die Schlucht, in der Geröll und größere Felsbrocken umherlagen. Die Bärenkultleute waren in ihren Hinterhalten nicht zu sehen. Garion wappnete sich beim Betreten der Schlucht. Er rief sich noch einmal alles vor Augen, was Tante Pol ihn rasch gelehrt hatte, und konzentrierte sich.
Ihr Plan funktionierte erstaunlich gut. Als die erste Gruppe des Feindes mit Triumphgebrüll aus ihrer Kluft stürmte, blockierten Garion, Durnik und Polgara sofort die Eingänge zu den drei anderen. Das Triumphgeheul der Angreifer verstummte, als sie erschrocken auf die plötzlichen Flammen starrten, die ihre Kameraden abhielten, sich ihnen anzuschließen. Garions Rivaner nutzten das momentane Zaudern. Schritt um Schritt wurde die erste Gruppe zurück in die Enge der Kluft gedrängt, in der sie gelauert hatte.
Garion hatte wenig Gelegenheit, auf den Kampf zu achten. Mit Lelldorin an seiner Seite saß er auf seinem Pferd und konzentrierte sich darauf, der zweiten Gruppe die Vorstellung von Flammen, Hitze und Prasseln am Eingang der Kluft zu vermitteln. Vereinzelt sah er zwischen den Flammenzungen, wie Männer dahinter ihre Gesichter vor der sengenden Hitze zu schützen suchten, die in Wirklichkeit nicht vorhanden war. Und dann geschah das, womit keiner gerechnet hatte: Die Bärenkultleute in Garions Feuerfalle schütteten Helme voll Wasser aus einem Tümpel auf die Trugflammen. Natürlich zischte weder Dampf auf, noch hatte es eine andere sichtbare Wirkung. Nach einer kurzen Weile trat ein Bärenkultmann, trotz seines Mutes mit angstverzerrtem Gesicht, durch das Feuer. »Es ist gar nicht echt!« brüllte er über die Schulter. »Das Feuer ist nicht echt!«
»Das aber sehr wohl!« murmelte Lelldorin grimmig und schoß dem Mann einen Pfeil in die Brust. Der warf die Arme hoch und stürzte rückwärts in das Feuer. Seine Leiche blieb davon unberührt. Das bewies seine Behauptung. Zunächst
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