Malloreon 2 - König der Murgos
es schon eher ahnen müssen. Du und Seine Majestät könnten einander fast als Spiegel benutzen, und er verhandelt ebenso gerissen wie du.« Sie blickte den benommenen König der Murgos an, und die Grübchen auf ihren Wangen zeichneten sich ab, als sie sagte: »Wenn Ihr des Thrones je leid werdet, Eure Majestät, könnte mein Ohm sicherlich Aufträge für Euch finden.«
»Das ändert die Sachlage ein wenig, Urgit«, sagte Belgarath nun. »Die Vorurteile Eurer Untertanen sind wohlbekannt. Wenn sie herausfinden, daß Ihr kein echter Murgo seid, könnte es sie ein wenig erregen, meint Ihr nicht?«
Urgit, der Silk angestarrt hatte, sagte abwesend: »Oh, haltet den Mund, Alter. Ich muß erst einmal über alles nachdenken!«
»Ich bin sicher, du weißt, daß du dich auf unsere Verschwiegenheit verlassen kannst«, sagte Sadi.
»Natürlich«, antwortete Urgit trocken. »Solange ich genau das tue, was ihr von mir verlangt.«
»Oh, das natürlich auch.«
Urgit blickte seinen Seneschall an. »Nun, Oskatat, werdet Ihr jetzt zum höchsten Fenster im Drojim rennen und es der ganzen Stadt kundtun?«
»Weshalb sollte ich?« Oskatat zuckte die Schultern. »Ich wußte bereits, als Ihr noch ein kleiner Junge wart, daß Ihr nicht Taur Urgas' Sohn seid.«
Lady Tamazin sog laut Luft ein, und ihre Hand fuhr zu den Lippen. »Ihr habt es gewußt, Oskatat? Und das Geheimnis meiner Schande für Euch bewahrt?«
»Meine Lady«, er verbeugte sich steif, »ich hätte es nicht einmal auf der Streckbank verraten.«
Sie blickte ihn seltsam an. »Aus welchem Grund, Oskatat?« fragte sie ihn sanft.
»Ihr seid aus dem Hause Hagga«, antwortete er, »genau wie ich. Loyalität zum Blut ist in Cthol Murgos sehr stark.«
»Ist das alles, Oskatat? Ist das der einzige Grund, weshalb Ihr mir Freund geworden seid und meinen Sohn beschützt habt?«
Er blickte ihr fest ins Gesicht. »Nein, meine Lady«, antwortete er fast stolz. »Es ist nicht der einzige.«
Sie senkte die Wimpern.
»Es gab außerdem noch andere Gründe, daß ich Euer Geheimnis bewahrte«, fuhr er fort. »Vielleicht weniger persönliche, doch ebenso zwingende. Die Urga-Dynastie hat Cthol Murgos an den Rand des Abgrunds gebracht. Ich sah in dem jungen Urgit die beste Hoffnung für das Reich. Ich hätte ihn mir vielleicht etwas stärker gewünscht, aber sein wacher Verstand war sehr vielversprechend. Letztendlich ist ein kluger König einem starken ohne Klugheit vorzuziehen.«
Belgarath erhob sich. »Nur ungern unterbreche ich diese Stimmung, aber wir müssen nun wirklich aufbrechen. Zu viele Geheimnisse kommen ans Licht.« Er blickte Urgit an. »Habt Ihr den Boten zum Tempel geschickt? Wenn Agachaks Dagash mit uns kommen will, wird er sofort zum Hafen eilen müssen!«
Urgit wollte mit wütendem Gesicht aufspringen, doch dann kniff er die Augen zusammen und unterließ es. »Wer seid Ihr, alter Mann?« fragte er scharf. »Ihr seht wie ein Landstreicher aus, aber Ihr kommandiert andere herum wie ein Kaiser!«
Auch Lady Tamazin hatte Belgarath beobachtet. Plötzlich weiteten sich ihre Augen, und ihr Blick schweifte ehrfürchtig zu Polgara. »Urgit!« hauchte sie.
»Was ist los, Mutter?«
»Sieh ihn dir an! Sieh ihn dir ganz genau an – und dann seine Tochter hier!«
»Seine Tochter? Ich wußte gar nicht, daß sie verwandt sind.«
»Ich auch nicht – bis jetzt.« Die Königinmutter blickte Polgara an. »Er ist Euer Vater, nicht wahr, Lady Polgara?«
Polgara richtete sich auf, und ihre weiße Strähne schimmerte im Kerzenschein. »Ich glaube, es ist genug, Vater«, sagte sie. »Unsere Tarnung hat wohl nicht mehr viel Sinn.«
»Alter Freund«, sagte Silk leichthin, »Ihr solltet wirklich etwas für Euer Aussehen tun, wißt Ihr? Seit Jahrhunderten geht Eure Beschreibung rund um die Welt, infolgedessen ist es nicht erstaunlich, wenn Euch hin und wieder jemand erkennt. Habt Ihr je daran gedacht, Euch den Bart abzuschaben?«
Urgit starrte den alten Mann fast panikerfüllt an.
»Nehmt Euch zusammen!« rügte ihn Belgarath verärgert.
Urgit zuckte zurück.
»Ihr werdet doch nicht alles glauben, was man sich über mich erzählt? Ich beiße murgosischen Wickelkindern nicht wirklich den Kopf ab.« Nachdenklich zupfte er an seinem Bart und blickte zunächst Urgit, dann Lady Tamazin und schließlich Oskatat und Prala an. »Ich fürchte, eine kleine Veränderung unserer Pläne ist nicht zu vermeiden«, sagte er bedauernd. »Ihr werdet alle ganz versessen nach einer Seereise sein – nur
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