Malloreon 2 - König der Murgos
Eure Majestät selbst entscheiden«, entgegnete der große Murgo steif.
»Ich frage Euch nicht als Euer König«, sagte Urgit, »sondern als Freund.«
Oskatat wand sich. »Das ist unfair, Urgit«, sagte er. »Ihr zwingt mich zur Entscheidung zwischen Pflicht und Freundschaft.«
»Also sagt mir schon: Was soll ich tun?«
»Als König solltet Ihr nach dem Gesetz handeln – selbst wenn es Euren eigenen Interessen widerspräche. Als Mensch jedoch solltet Ihr jegliche Gelegenheit nutzen, die vielleicht eine Katastrophe abwenden könnte.«
»Und? Was meint Ihr? Soll ich als König handeln – oder als Mensch?«
Die Frage hing zwischen ihnen. Der Seneschall vermied, Urgit in die Augen zu sehen. Statt dessen warf er einen fast flehenden Blick auf Lady Tamazin. »Torak vergib mir«, murmelte er schließlich. Er richtete sich auf und blickte den König fest an. »Rettet euch, Urgit«, riet er ihm. »Wenn dieser Drasnier Euch zu einem Bündnis mit Belgarion verhelfen kann, dann bezahlt ihm, was er verlangt, und sorgt dafür, daß er sich möglichst rasch auf den Weg macht. Vielleicht habt Ihr später einmal Schwierigkeiten mit Belgarion, Kal Zakath jedoch ist jetzt auf Euren Kopf aus. Ihr braucht dieses Bündnis um jeden Preis!«
»Ich weiß Euren Rat zu schätzen«, sagt Urgit ehrlich dankbar. Er wandte sich wieder an Silk. »Wie schnell könnt Ihr Belgarion mit meiner Botschaft erreichen?«
»Eure Majestät«, antwortete Silk. »Belgarion wird Eure Botschaft schneller in Händen haben, als Ihr Euch vorzustellen vermögt. Wollen wir nun über die Bezahlung sprechen?« Seine lange, spitze Nase begann auf eine Weise zu zucken, die Garion sofort erkannte.
»Wieviel verlangt Ihr?« erkundigte sich Urgit vorsichtig.
»Oh.« Silk tat, als dächte er darüber nach. »Ich schätze, hundert tolnedrische Goldmark genügen.«
Urgit starrte ihn offenen Mundes an. »Hundert Mark? Ihr müßt übergeschnappt sein!«
Gleichmütig begutachtete Silk die Fingernägel einer Hand. »Das ist die Verhandlungsbasis, Eure Majestät«, sagte er schließlich. »Ich wollte nur eine mittlere Summe nennen, von der wir ausgehen können.«
Urgits Augen begannen merkwürdig zu glänzen. Er beugte sich vor und zupfte abwesend an seiner Nase. »Nun, ich glaube, es ließe sich machen, daß ich Euch zehn Mark oder so bezahle. Ich habe nicht sehr viele tolnedrische Münzen in meiner Schatzkammer.«
»Ach, das macht nichts, Eure Majestät«, meinte Silk großmütig. »Ich bin im Notfall auch bereit, angarakanische Münzen zu nehmen – allerdings muß ich dann etwas aufschlagen.«
»Aufschlagen?«
»Angarakanisches Gold ist ganz offensichtlich nicht völlig rein. Deshalb ist es ja auch rot, nicht gelb.«
Urgit musterte ihn durch zusammengekniffene Augen. »Holt Euch doch einen Stuhl her, alter Junge«, forderte er ihn auf. »Wir werden wohl nicht so rasch zu einer Einigung kommen.« Seltsamerweise hatte auch seine Nase zu zucken angefangen.
Was folgte, war ein Wechselspiel virtuoser Verhandlungstaktik. Garion hatte Silk schon häufig bei dergleichen beobachten können, und er hatte immer gedacht, sein scharfnasiger Freund wäre einmalig, wenn es darum ging, Vorteile für sich aus einem Geschäft herauszuschlagen. Nun bewies Urgit jedoch, daß auch er Experte in diesem Fach war. Wenn Silk in angemessen übertriebener Form auf die Gefahren hinwies, denen er sich bei der Überbringung der Botschaft zweifellos gegenübersehen würde, konterte Urgit, indem er sich erbot, ihm statt einer Gefahrenzulage, eine Eskorte mitzugeben. Silk ließ dieses Thema fallen und konzentrierte sich eine Weile auf die ungewöhnlichen Ausgaben, die sich ergeben würden: Frische Pferde, Unterkunft und Verpflegung, Bestechungsgelder und dergleichen. In jedem Fall schlug der König der Murgos ihm Unterstützung statt Geld vor: Pferde, Unterkunft und Verpflegung in murgosischen Gesandtschaften oder Handelsmissionen, und die Hilfe murgosischer Staatsbediensteter, an Stelle von Bestechungen. Silk tat, als überlegte er sich das, ohne den wachsamen Blick jedoch von seinem Verhandlungsgegner zu nehmen. Dann kehrte er zurück zu seiner bereits früher erwogenen Position und betonte aufs neue seine Freundschaft mit dem rivanischen König, und die Tatsache, daß er wahrscheinlich besser als sonst jemand auf der Welt Belgarion das vorgeschlagene Bündnis im günstigsten Licht präsentieren könne. »Worauf es letztendlich ankommt, ist doch, wieviel Euch das Bündnis wert ist, nicht
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