Malloreon 2 - König der Murgos
noch als die Fledderer war gegenwärtig der Schlaf sein Feind. Er zwang sich, hin und her zu stapfen; er zwickte sich; ja er ging soweit, ein Steinchen in seinen linken Stiefel zu geben, in der Hoffnung dieses Ungemach würde ihm helfen wachzubleiben. Einmal versagte alles, sein Kopf sank auf die Brust, und er schlief ein.
Der Verwesungsgestank riß ihn hoch. Direkt vor ihm stand ein Ghul. Seine Augen waren geistlos, sein klaffender Mund entblößte schwarze Zahnstummel, und die Hände mit den langen schwarzen Nägeln streckten sich nach ihm aus. Mit einem Aufschrei setzte er seine Willenskraft ein und schleuderte die Kreatur durch die Luft. Heftig zitternd richtete er sogleich die Barriere wieder auf, die bereits geschwankt hatte.
Endlich erreichten sie den südlichsten Rand des furchtbaren Waldes und ritten aus den gräßlichen Bäumen auf nebelbedecktes Heideland.
»Werden sie die Verfolgung fortsetzen?« fragte Durnik seinen hünenhaften Freund. Seine Worte kamen schwer von unbeschreiblicher Müdigkeit aus seinen Lippen.
Toth machte eine Reihe merkwürdiger Gesten.
»Was hat er gesagt?« fragte Garion.
Durniks Gesicht war düster. »Daß sie wahrscheinlich nicht aufgeben werden, solange der Nebel anhält. Die Sonne mögen sie nicht, aber der Nebel verbirgt sie, infolgedessen…« Er zuckte die Schultern.
»Dann müssen wir also unseren Schild weiterhin aufrechterhalten, nicht wahr?«
»Ich fürchte ja.«
Die Heide, durch die sie ritten, bot einen unerfreulichen Anblick mit ihrem niedrigen Dorngestrüpp und den seichten Tümpeln mit rostfarbenem Wasser. Der Nebel wogte und wallte, und immer lauerten am Rand des Blickfelds die schattenhaften Formen der Ghule.
Sie ritten weiter. Polgara und Belgarath übernahmen die Last des Schildes, und Garion sackte, vor Erschöpfung zitternd, im Sattel zusammen.
Da fing seine Nase den salzigen Hauch einer Meeresbrise auf.
»Das Meer!« rief Durnik begeistert. »Wir sind am Meer!«
»Jetzt brauchen wir bloß noch ein Schiff«, dämpfte Silk seine Freude.
Doch Toth deutete zuversichtlich geradeaus und machte eine eigenartige Geste.
»Er sagt, daß ein Schiff auf uns wartet«, erklärte Durnik.
»Tatsächlich?« staunte Silk. »Wie hat er das fertiggebracht?«
»Keine Ahnung«, gestand Durnik. »Das sagte er nicht.«
»Durnik«, fragte ihn Silk, »wie weißt du denn eigentlich so genau, was er mitteilt?«
Der Schmied runzelte die Stirn. »Keine Ahnung«, antwortete er auch jetzt. »Ich habe bisher gar nicht darüber nachgedacht. Es ist, als wüßte ich ganz einfach, was er ausdrücken will.«
»Benutzt du Zauberei?«
»Nein. Vielleicht kommt es daher, daß wir ein paarmal miteinander gearbeitet haben. So etwas bringt einander gewöhnlich näher.«
»Ich verlasse mich ganz auf dein Wort.«
Sie gelangten auf die Kuppe eines runden Hügels, und blickten hinunter auf einen Kiesstrand.
Die Brandung warf sich in langen Wellen dagegen und wich mit klagendem Zischen und einer Gischtschleppe zurück, nur um nach einer kurzen Pause ihre Bemühungen zu wiederholen.
»Ich sehe dein Schiff nicht, Toth«, sagte Silk fast anklagend. »Wo ist es?«
Toth deutete in den Nebel.
»Wirklich?« Silks Stimme klang skeptisch.
Der Stumme nickte.
Die hinter ihnen her schlurfenden Ghule wurden immer aufgeregter, als die Gefährten sich auf den Abstieg zum Strand machten. Ihr Stöhnen klang verzweifelter, sie rannten auf dem Hügel hin und her und streckten ihre Klauenhände mit trostloser Sehnsucht aus, folgten ihnen jedoch nicht weiter.
»Bilde ich es mir bloß ein, oder haben sie vor etwas Angst?« fragte Sammet.
»Jedenfalls kommen sie den Hang nicht herunter«, stellte Durnik fest. Er wandte sich an Toth. »Haben Sie Angst?«
Toth nickte.
»Wovor wohl?« fragte Sammet.
Der Hüne machte eine Geste mit beiden Händen.
»Er sagt, es hat mit etwas zu tun, das sogar noch hungriger ist als sie«, erklärte Durnik. »Sie fürchten sich davor.«
»Haie, vielleicht?« meinte Silk.
»Nein, die See selbst.«
Auf dem Kiesstrand saßen sie ab und traten müde ans Wasser. »Geht es dir nicht gut, Vater?« fragte Polgara den alten Mann, der sich an seinen Sattel lehnte. Er starrte hinaus in den Nebel, der dick und bleich auf dem dunklen Wasser lag.
»Was? O doch, es geht mir gut, Pol – ich bin nur ein wenig verwundert. Wenn da draußen tatsächlich ein Schiff auf uns wartet, würde ich gern wissen, wer dafür gesorgt hat und woher sie wußten, daß wir ausgerechnet hierher
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