Malloreon 2 - König der Murgos
was jetzt, alter Freund?« lenkte Silk ab.
»Wir bleiben noch eine Weile und halten unsere Augen und Ohren offen«, antwortete Belgarath. »Ich habe das Gefühl, daß sich hier etwas sehr Wichtiges tun wird.«
Am Nachmittag kam ein leichter Wind auf. Er zerfetzte den Nebel, der ihnen über eine Woche zu schaffen gemacht hatte. Als der Abend nahte, war der Himmel klar, von einer schweren Wolkenbank abgesehen, die von der untergehenden Sonne tief rot getönt wurde.
Sadi hatte den Tag mit Vard verbracht. Als er zurückkehrte, wirkte er frustriert.
»Konntet Ihr etwas aus ihm herauskriegen?« fragte ihn Silk.
»Nichts, was mir etwas gesagt hätte«, erwiderte der Eunuch. »Ich habe das Gefühl, daß diese Leute keinen richtigen Bezug zur Wirklichkeit haben. Das einzige, was sie offenbar interessiert, ist irgend etwas Obskures, das sie ›die Aufgabe‹ nennen. Vard wollte mir nicht genau sagen, worum es sich dabei handelt, aber soviel ich verstand, sammeln sie Informationen seit Anbeginn der Zeit.«
Als die Dämmerung sich über die Insel senkte, kehrte Durnik mit der Angelrute in der Hand und Eriond an seiner Seite zurück. Er schaute nicht gerade zufrieden drein.
»Wo ist Toth?« fragte ihn Garion.
»Er sagte, daß er noch was zu erledigen habe.« Durnik begutachtete eingehend sein Angelzeug. »Ich brauche wahrscheinlich einen kleineren Haken«, murmelte er.
Als Polgara und Sammet das Abendessen zubereiteten, blickte Silk zu Garion hinüber. »Wie wäre es, wenn wir uns die Beine vertreten?«
»Du meinst jetzt gleich?«
»Ich brauche ein bißchen frische Luft.« Der Wieselgesichtige stand auf. »Komm schon mit. Wenn du länger auf diesem Stuhl sitzenbleibst, schlägst du vielleicht gar noch Wurzeln.«
Verwundert folgte Garion seinem Freund nach draußen. »Was soll das eigentlich?« wollte er wissen.
»Ich will herausfinden, was Toth macht, und ich möchte nicht, daß Liselle mitkommt.«
»Ich dachte, du magst sie.«
»Schon, aber ich bin es ein wenig leid, daß sie mir, wohin ich auch gehe, ständig über die Schulter schaut.« Er blieb stehen. »Wohin wollen die denn?« Er deutete auf einen kleinen Fackelzug, der sich über die Wiese zwischen Dorf und Wald bewegte.
»Wir könnten ihnen folgen und es herausfinden«, schlug Garion vor.
»Dann wollen wir!«
Vard führte den Zug fackeltragender Dorfbewohner zu dem dunklen Wald am oberen Ende der Wiese, und Toth, der alle überragte, schritt neben ihm. Garion und Silk, die sich tief ins Gras duckten, hielten sich seitlich in sicherem Abstand.
Als der Fackelzug sich dem Waldrand näherte, kamen mehrere schattenhafte Gestalten aus den Bäumen und blieben wartend stehen.
»Kannst du was sehen?« flüsterte Garion.
Silk schüttelte den Kopf. »Zu weit weg«, murmelte er. »Es ist auch zu dunkel. Wir müssen näher ran.« Er ließ sich auf den Bauch fallen und kroch durch das Gras, gefolgt von Garion.
Die Wiese war noch feucht von den langen Tagen dicken Nebels, und als sie die vor Blicken schützenden Schatten des Waldrands erreichten, waren sie beide trief naß.
»Also Spaß macht mir das nicht«, wisperte Garion leicht verärgert.
»Du wirst schon nicht aufweichen«, flüsterte Silk zurück. Dann hob er den Kopf und spähte durch die Bäume. »Tragen diese Leute Augenbinden?« fragte er.
»Es sieht ganz so aus«, erwiderte Garion.
»Das würde bedeuten, daß sie Seher sind, nicht wahr? Da wir im Dorf keine bemerkt haben, könnte es sein, daß sie im Wald leben. Versuchen wir, ein wenig näher heranzukommen.
Ich muß zugeben, meine Neugier wächst.«
Die Dorfbewohner, immer noch mit brennenden Fackeln, marschierten mehrere hundert Meter durch den feuchten Wald und hielten auf einer großen Lichtung an. Um ihren Rand stand eine Reihe grobbehauener Steine, jeder etwa von doppelter Mannshöhe. Die Dorfbewohner stellten sich zwischen diesen Steinen auf und bildeten so einen fackelerhellten Kreis. Die Seher mit den Augenbinden, zwölf an der Zahl, gingen in die Mitte. Sie faßten sich an den Händen und bildeten einen kleineren Kreis. Hinter jeden Seher trat ein hochgewachsener, kräftiger Mann – ihre Führer und Beschützer, nahm Garion an. Und direkt in der Mitte dieses Kreises standen der silberhaarige Vard und der Hüne Toth.
Garion und Silk krochen näher.
Das einzige Geräusch auf der Lichtung war das Knistern der Fackeln. Dann fingen die Leute zu singen an, leise zunächst, doch allmählich kräftiger. In vieler Hinsicht glich ihr Gesang den
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