Malloreon 2 - König der Murgos
dissonanten Hymnen der Ulgoner, es gab jedoch gewisse Unterschiede. Obgleich Garion nicht sehr viel von Musik verstand, erkannte Garion, daß diese Hymne älter und vielleicht unverfälschter war als jene, die seit fünf Jahrtausenden in den Höhlen des Ulgolandes gesungen wurde. In plötzlicher Einsicht verstand er auch, wie die langen Jahrhunderte verzerrenden Widerhalls die Hymne der Ulgoner allmählich verändert hatten. Dieser Gesang hier galt außerdem nicht UL, sondern einem unbekannten Gott, und das Singen war ein Flehen, dieser namenlose Gott möge Gestalt annehmen und erscheinen, um die Daler zu leiten und zu beschützen, so wie UL die Ulgoner leitete und beschützte.
Dann hörte oder spürte er einen anderen Laut, der sich mit dieser unvorstellbar alten Hymne verband. Ein eigenartiges Seufzen in seinem Kopf verriet ihm, daß diese Menschen in ihren seltsamen Kreisen ihren Willen in einer mystischen Begleitung zu dieser Hymne sammelten, die ihre Stimmen zum Sternenhimmel trugen.
In der Mitte der Lichtung entstand ein Schimmern, und die leuchtende Gestalt Cyradis' erschien. Sie trug ein linnenes weißes Kapuzengewand, und eine Binde verbarg ihre Augen.
»Wo kommt sie so plötzlich her?« fragte Silk erstaunt.
»Sie ist nicht wirklich hier«, flüsterte Garion. »Es ist eine Übertragung. Hör jetzt lieber zu!«
»Willkommen, heilige Seherin«, begrüßte Vard das scheinende Abbild. »Wir sind dankbar, daß Ihr unserem Ruf gefolgt seid.«
»Die Dankbarkeit ist unnötig, Vard«, erklang die klare Stimme des Mädchens mit den verbundenen Augen. »Ich erfülle die Pflicht, die mir meine Aufgabe auferlegt. So sind die Sucher denn angekommen?«
»Ja, heilige Cyradis«, antwortete Vard, »und jener, der Belgarion genannt wird, hat gefunden, was er hier suchte.«
»Die Suche des Kindes des Lichts hat erst begonnen«, erklärte die Erscheinung. »Das Kind der Finsternis hat die ferne Küste Malloreas erreicht und ist bereits auf dem Weg zum Hause Toraks in Ashaba. Die Zeit ist gekommen, daß der Ewige das Buch der Äonen öffnet.«
Varda wirkte besorgt. »Ist das klug, Cyradis? Vielleicht ist es selbst für den ehrwürdigen Belgarath zuviel, als daß man ihm das anvertrauen kann, was er in diesem Werk finden mag? Sein ganzes Leben hat er nur einem der zwei Geister gewidmet, die über alles herrschen.«
»Es muß sein, Vard, sonst kommt die Begegnung zwischen dem Kind des Lichts und dem Kind der Finsternis nicht zur vorbestimmten Zeit zustande, und unsere Aufgabe bleibt unvollendet.« Sie seufzte. »Die Nacht ist nicht mehr fern. Das, worauf wir seit Beginn des Ersten Zeitalters warten, nähert sich nun rasch, und alles muß erledigt sein vor dem Augenblick, in dem ich jene Aufgabe durchführe, die uns durch all diese schier endlosen Jahrhunderte auferlegt war. Gebt Belgarath dem Ewigen das Buch der Äonen, damit er das Kind des Lichts zu dem Ort führe, der nicht mehr ist – dort wird alles für immer entschieden werden.« Dann wandte sie sich an den stummen Hünen, der unbewegt neben dem weißgewandeten Vard stand. »Mein Herz ist leer ohne dich«, sagte sie mit einer Stimme, aus der Tränen schwangen. »Meine Schritte stocken, und ich bin allein. Ich flehe dich an, mein treuer Gefährte, eile in der Erfüllung deiner Aufgabe, denn ohne dich fühle ich mich trostlos.«
Ganz deutlich konnte Garion im flackernden Fackellicht die Tränen in Toths Augen sehen und den Schmerz in seinem Gesicht. Der Hüne streckte die Hand nach der leuchtenden Erscheinung aus, dann ließ er sie hilflos fallen.
Auch Cyradis hob die Hand, fast ungewollt, wie es aussah. Und verschwand.
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B ist du sicher, daß sie Ashaba gesagt hat?« fragte Belgarath angespannt.
»Ich habe es ebenfalls gehört, Großvater«, bestätigte Garion Silks Worte. »Cyradis sagte, daß das Kind der Finsternis Mallorea erreicht hat und auf dem Weg zum Hause Toraks in Ashaba ist.«
»Aber dort ist doch nichts!« rief Belgarath. »Beldin und ich haben da gleich nach Vo Mimbre nach dem Rechten gesehen!« Mit finsterem Gesicht begann er auf und ab zu stiefeln. »Was könnte Zandramas dort wollen? Es ist doch nur ein leeres Haus!«
»Vielleicht findet Ihr ein paar Antworten im Buch der Äonen«, meinte Silk.
Belgarath hielt inne und starrte ihn an.
»Oh, entschuldigt. So weit waren wir mit unserer Geschichte ja noch gar nicht. Cyradis wies Vard an, Euch das Buch zu geben. Er war nicht begeistert davon, aber sie bestand darauf.«
Belgaraths Hände
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