Malloreon 2 - König der Murgos
natürlich nicht sicher, ob ich es mir nicht bloß einbildete, aber ich hatte das Gefühl, daß sie uns gesucht hatte und nicht auf normaler Jagd gewesen war.«
»Eriond?« fragte Garion.
»Es hat ganz den Anschein, nicht wahr? Aber als sie ihn fand, sah es fast so aus, als hätte sie Angst vor ihm. Und was meinte er mit diesen seltsamen Worten, die er zu ihr sagte?«
»Wer weiß? Er war schon immer ein ungewöhnlicher Junge. Ich glaube, er lebt nicht in derselben Welt wie wir.«
»Aber weshalb hatte die Drachin solche Angst vor Garions Schwert?«
»Es erschreckt ganze Armeen, Belgarath. Allein sein Feuer ist furchterregend.«
»Sie mag Feuer, Silk. Ich habe selbst erlebt, wie begeistert sie von einem Scheunenbrand war. Und einmal flog sie eine Woche lang um einen brennenden Wald herum und bewunderte ihn ganz hingerissen. Aber an vergangener Nacht war etwas, das ich einfach nicht deuten kann!«
Eriond trat aus dem Dickicht, wo die Pferde angebunden waren, und ging vorsichtig um die tropfenden Büsche herum.
»Sind sie in Ordnung?« fragte Garion.
»Die Pferde? Es geht ihnen gut, Belgarion. Ist das Frühstück bald fertig?«
»Wenn man das Frühstück nennen kann«, brummte Silk.
»Polgara kann wirklich sehr gut kochen, Kheldar«, sagte Eriond ernst.
»Nicht einmal der beste Koch der Welt könnte Haferbrei schmackhaft machen!«
Erionds Augen leuchteten auf. »Sie kocht Haferbrei? Wundervoll!«
Silk blickte ihn säuerlich an, dann wandte er sich betrübt an Garion. »Siehst du, wie leicht die Jungen zu verderben sind?« Er straffte die Schultern. »Na gut«, sagte er grimmig, »bringen wir es hinter uns.«
Nach dem Frühstück brachen sie ihr Lager ab und setzten ihren Weg unter dem immer noch sanft weinenden Himmel fort.
Gegen Mittag erreichten sie einen breiten gerodeten Streifen Land, durch dessen Mitte eine aufgeweichte Lehmstraße zog.
»Die Hochstraße von Muros!« rief Silk erfreut.
»Warum haben sie die Bäume zu beiden Seiten gefällt?« fragte ihn Eriond.
»Räuber lauerten früher an den Straßenseiten im Hinterhalt. Ohne die Bäume ist es sicherer für die Reisenden.«
Sie ritten aus den tropfenden Bäumen heraus und durch die unkrautüberwucherte Rodung zur Straße. »Jetzt mußten wir schneller vorankommen«, meinte Belgarath und trieb sein Pferd zum Trott an.
Sie folgten der Straße mehrere Stunden in gleichmäßigem Kanter. Als sie aus dem bewaldeten Vorgebirge kamen, machten die Bäume hügeligem Grasland Platz. Auf einer Kuppe hielten sie an, um ihren schweißigen Pferden eine kurze Rast zu gönnen. Im Nordwesten sahen sie den dunklen Rand des großen Arendischen Waldes etwas verschwommen im Nieselregen und unweit voraus die düsteren grauen Mauern einer mimbratischen Burg, die auf die unteren Wiesen blickte. Ce'Nedra seufzte, als sie über die aufgeweichte Ebene blickte und die Festung sah, die schon mit ihren Steinen das Mißtrauen aller Arendier gegenüber Fremden verriet.
»Geht es dir nicht gut?« fragte Garion sie erschrocken, da er befürchtete, ihr Seufzer bedeute eine Rückkehr in ihre tiefe Melancholie, die sie erst vor kurzem abgeschüttelt hatte.
»Ich finde Arendien so traurig«, antwortete sie. »Der Haß und das Leid von Tausenden von Jahren – was brachten sie ein. Selbst diese Burg scheint zu weinen.«
»Das macht der Regen, Ce'Nedra«, sagte er behutsam.
»Nein.« Wieder seufzte sie. »Es ist mehr als das.«
Die Straße von Muros, die hinunter ins arendische Flachland führte, war eine lehmige Narbe zwischen gebleichtem, hängendem Gras. Sie folgten ihr die nächsten Tage, vorbei an mimbratischen Burgen und durch schmutzige Dörfer mit strohgedeckten Lehmhütten, wo sich beißender Holzrauch drückend in der kalten Luft hielt und die Hoffnungslosigkeit in den Gesichtern der zerlumpten Leibeigenen von Elend und Verzweiflung sprachen. Jede Nacht hielten sie in schäbigen Herbergen an der Straße an, in denen es nach verdorbenem Essen und ungewaschenen Leibern stank.
Am vierten Tag sahen sie von einer Hügelkuppe aus den farbenfrohen Großen Arendischen Markt an der Kreuzung der Hochstraße von Muros und der Großen Weststraße. Die Zelte und Buden erstreckten sich in grellen Blau-, Rot- und Gelbtönen meilenweit in jede Richtung unter dem weinenden grauen Himmel, und Karawanen von und zu diesem großen Handelszentrum krochen wie Ameisen über die Ebene.
Silk schob seinen schäbigen Hut aus dem Gesicht. »Vielleicht sollte ich lieber erst mal hinunterreiten
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